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Berlin: Berlin lernt Benimm

Tourismusexperten haben für die Fußballweltmeisterschaft eine „Service- und Freundlichkeitskampagne“ entwickelt

Berlin bekommt Nachhilfe in Sachen Freundlichkeit und Weltoffenheit. Die zwölf Gastgeberstädte der Fußballweltmeisterschaft und besonders die Hauptstadt sollen auf die in- und ausländischen Gäste gut vorbereitet sein. Die Fifa und die Deutsche Zentrale für Tourismus haben deshalb eine „Service- und Freundlichkeitskampagne“ entwickelt, die kommenden Dienstag vorgestellt wird.

Drei Millionen Euro hat der Bund zur Verfügung gestellt, damit der öffentliche Nahverkehr, die Taxifahrer-Innungen, die Hotel- und Gaststättenverbände und die Stadtreinigungsunternehmen ihre Mitarbeiter in Schulungen Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft und Fremdsprachen beibringen. In Berlin laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.

Seit Jahresbeginn besuchen Bus- und Taxifahrer Englischkurse. Die Teilnahme ist freiwillig, das Interesse sei sehr groß, heißt es bei der Taxifahrer-Innung und bei der BVG. „Die Teilnehmer werden danach nicht über Weltpolitik diskutieren können, aber die Besucher über die nächsten Stationen auf ihrer Linie und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten aufklären“, sagt BVG-Sprecherin Petra Reetz. Außerdem will man die Mitarbeiter motivieren, auf Menschen offen zuzugehen und Hilfe anzubieten – auch, wenn man nicht perfekt Englisch kann. Es komme auf die Geste an. Auch sollen die Fahrkarten-Automaten mehrsprachige Aufkleber bekommen, Beschriftungen in den Museen und öffentlichen Gebäuden zumindest auch in Englisch sein. Als besonderen Gag überlegt man bei der BVG, über die Leitzentrale in die U-Bahn-Wagen zu verkünden, wenn die Deutschen ein Tor geschossen haben.

Der Hotel- und Gaststättenverband ist dabei, mehrsprachige Speisekarten zu entwickeln. Selbst die Kiez-Kneipen sollen davon profitieren, sagt Peter Vogel, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes. Zusammen mit der Industrie- und Handelskammer konzipiert er Seminare, damit Mitarbeiter lernen, auf Beschwerden der Kunden freundlicher zu reagieren und bis hin zum Schokolädchen auf dem Nachtkissen alles für das Wohl der Kunden zu tun. Ein gerade erschienener „Interkultureller Benimmführer“ finde großen Absatz, sagt Vogel. Dass für die Kampagne Millionenbeträge zur Verfügung stehen, davon hat Vogel aber bisher noch nichts gehört. „Bei uns ist nichts angekommen, wir müssen die Schulungen selbst bezahlen“, sagt Vogel. Das Geld ist wohl vor allem für die Entwicklung und Koordination der Kampagne durch Tourismusexperten vorgesehen.

Die Taxi-Innung sieht keinen Bedarf für zusätzliche Benimmkurse. „Seitdem wir vor zwei Jahren ein Gütesiegel einführt haben, tun wir sowieso schon alles, um freundlicher und hilfsbereiter zu werden“, sagt Wolfgang Wruck, der Vorsitzende der Innung. Allerdings lasse der Konkurrenzdruck und die schlechte wirtschaftliche Situation immer noch bei Kollegen „das Temperament schneller überschäumen“. Deshalb müsse man den Berlinern vor allem Selbstbewusstsein vermitteln, sagt Wolfgang Hünnekens, Geschäftsführer der Werbeagentur Publicis. Wenn man ihnen immer nur sage, sie müssten sparen und machten alles falsch, dürfe man sich nicht wundern, wenn sie schlecht gelaunt sind. „In der Welt haben wir ein super Image“, so Hünnekens, „dem müssen wir nach innen gerecht werden.“ An die Belohnung ist auch gedacht: Besonders nette Mitarbeiter wollen die Tourismusexperten auszeichnen.

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