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Berlin: Berlin macht Kasse

Zum ersten verkaufsoffenen Adventswochenende war die Innenstadt voll. Unklare Öffnungszeiten irritierten die Kunden aber noch

Manch einer fühlte sich an die große Party zur Fußball-WM erinnert: So voll wie an diesem ersten Adventswochenende war Berlins Innenstadt schon lange nicht mehr. Weihnachtsmärkte und die neuen, weitgehend unbegrenzten Ladenöffnungszeiten, mit denen Berlin bundesweit Spitzenreiter ist, zogen die Massen an. Zwischen Ku’damm, Potsdamer Platz und Alexanderplatz wirkte die Stadt wie eine große Weihnachts-Fanmeile.

Vor allem am Sonnabend war in den Einkaufsstraßen und auf den Plätzen den ganzen Tag über viel los. Am Sonntag hingegen, an dem nach dem neuen Gesetz die Läden ab 13 Uhr öffnen durften, wurde es erst am späten Nachmittag wieder so richtig voll. „Ein schöner Adventsauftakt“, freute sich dennoch Nils Busch-Petersen vom Einzelhändlerverband. 20 Prozent mehr Umsatz als an vergleichbaren Tagen hätten die Kaufhäuser verbucht. „Sehr erfreulich“, sekundierte Detlef Steffens, Geschäftsführer des Kaufhofs am Alexanderplatz. Seine Mitarbeiter hätten doppelt so viele Besucher gezählt wie an früheren verkaufsoffenen Sonntagen.

Begonnen hatte der verkaufsoffene Advent allerdings eher schleppend. Tagsüber wirkten Gegenden wie der Wittenbergplatz, als würden sie nur langsam wach werden. Auch vor dem KaDeWe standen nur vereinzelt kleine Menschengruppen vor den Schaufenstern und warteten, bis die Pförtner Einlass gewährten. In der Wohlthat’schen Buchhandlung an der Budapester Straße, die seit vergangenem Mittwoch rund um die Uhr geöffnet hat, waren es um die Mittagszeit etwa 20 Menschen, die in Bildbänden oder Kochbüchern blätterten. Der Laden wirkte wie an einem normalen Geschäftstag unter der Woche.

Am Vortag, gleiche Zeit, hatte es ganz anders ausgesehen: Unzählige Menschen drängelten sich vor Weihnachtsständen und in Kaufhäusern, die Massen gerieten immer wieder ins Stocken, während sich Autofahrer hupend ihren Weg durchs Verkehrschaos zu bahnen versuchten.

Einige Händler zogen am Schluss des Premierenwochenendes eine eher durchwachsene Bilanz. Die Kunden müssten sich wohl erst an die neuen Öffnungszeiten gewöhnen, war zu hören. Allerdings werden diese von den Einzelhändlern sehr unterschiedlich genutzt. Während einige Läden auch an den nächsten Adventssonntagen bis 20 Uhr geöffnet haben, schließen andere bereits um 18 Uhr. In der Friedrichstraße bleiben viele Geschäfte großer Luxuslabels zu, die Modekette H & M verzichtet gänzlich auf die Möglichkeit des Sonntagsverkaufs. Das löste gestern auch in den PotsdamerPlatz-Arkaden Irritationen aus. Immer wieder blieben junge Mädchen vor den verschlossenen Türen stehen, drückten ihre Gesichter an die Schaufenster, um einen Blick ins Dunkel des Ladens zu werfen. „Wie? Die haben heute gar nicht offen?“, fragte eine Blondine ihre Freundin und blickte verunsichert zu all den anderen hell beleuchteten Geschäften, die am frühen Nachmittag gut gefüllt waren.

Das waren auch die öffentlichen Verkehrsmittel. Die BVG fuhr gestern jedoch nach normalem Sonntagsfahrplan, deshalb drängten sich in manchen Bussen und Bahnen die Fahrgäste. Auf den Straßen war es ebenfalls voller, bestätigte die Polizei. Nennenswerte Staus gab es aber nicht. In der Landesregierung sieht man das erste Adventswochenende mit den weitgehend freigegebenen Ladenöffnungszeiten als Beleg dafür, dass das Angebot dem Bedarf der Bürger entspricht. „Die neue Regelung wird sehr gut angenommen“, bilanzierte Roswitha Steinbrenner, Sprecherin von Arbeits- und Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei/PDS). Rückschlüsse auf die generelle Akzeptanz der neuen Öffnungszeiten wollte die Sprecherin der Arbeitsverwaltung aber noch nicht wagen. Der große Zustrom sei der Vorweihnachtszeit geschuldet, das werde sich im Lauf der Zeit normalisieren.

Begeistert von der Sonntagsöffnung ist Berlins Tourismus-Chef Hanns Peter Nerger. Das bringe noch mehr Touristen in die Stadt. Zehn Prozent mehr Besucher von auswärts erwartet er für Dezember. Vor allem die Billigfluglinien profitieren von der neuen Sonntagsöffnung. Ähnlich gut wie der Advent sei auch das ganze Jahr 2006 gelaufen: Nerger rechnet mit einer Million Übernachtungen mehr als im Vorjahr – das bringt den neuen Rekord von 15,7 Millionen Übernachtungen. Die Aussichten bleiben gut: Auch 2007 werde als Spätfolge der Fußball-WM ein weiteres Rekordjahr, prophezeit Nerger.

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