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Berlin: Berlin-Marathon: Detlef Jäschke ist das fünfte Mal als Chefkoch beim Marathon dabei

Marlene Schlörke hat Angst, heute Nacht einzuschlafen. Angst, weil sie dann von Nudeln träumen könnte.

Marlene Schlörke hat Angst, heute Nacht einzuschlafen. Angst, weil sie dann von Nudeln träumen könnte. Marlene Schlörke ist Köchin in der Großküche des ICC und weiß, wovon sie spricht. Einmal schon hat sie von fliegenden Schnitzeln geträumt. Am Tag davor hat sie etwa 250 Scheiben Fleisch paniert. Und das sei dann gar nicht mehr witzig. Wenn sich der Beruf auf diese Art in die Träume schleiche, egal ob gekocht, paniert, gespickt oder pochiert, dann sei es Zeit für eine Pause. Und für die hat Frau Schlörke momentan überhaupt keine Zeit.

Zum Thema Online Spezial: 28. Berlin-Marathon Seit Montag sind die Mitarbeiter der ICC-Küche im Großeinsatz. 3000 Kilogramm Nudeln und knapp 5000 Liter Soße müssen für die heutige "Pastaparty" in der Messehalle 8.2 gekocht werden. Dort werden die Läufer das letzte Mal vor dem Berlin-Marathon richtig essen. In Form von Pasta, die für Energie beim Laufen so wichtigen Kohlehydrate tanken. Am Marathontag selbst gibt es nur noch Obst. 100 000 Bananen und 35 000 Äpfel wurden heute morgen an die neun Verpflegungspunkte geliefert.

Tonnen von Pasta sind auch für die Köche des ICC keine Kleinigkeit. Doch die Stimmung ist entspannt. "Alles eine Frage der Einteilung", sagt Küchenchef Detlef Jäschke. Und die ist offenbar gut. Kein Wunder, Jäschke ist das fünfte Mal als Chefkoch beim Marathon dabei. Und so liegt das Team dank der genau geplanten Arbeitsschritte gut in der Zeit.

Bereits am Montagmorgen haben die Küchenmitarbeiter damit angefangen, die rund 9000 von Marathon-Sponsor Real gelieferten Tüten mit je zweieinhalb Kilo Spiralnudeln aufzureißen. Je zwei Tüten werden in einen "Gastronorm-Aufbewahrungsbehälter" geschüttet, die dann bis zum Kochen in Rollcontainer geschoben werden. Das Kochen begann am Donnerstag. In sechs Kesseln so groß wie Badewannen werden brodelnd insgesamt 120 Kilogramm Nudeln gar. In der siebenten Wanne werden sie nach fünf Minuten mit eiskaltem Wasser abgeschreckt. Nach dem Abtropfen übernimmt Küchenchef Jäschke. Die Nudeln kommen in eine weitere Wanne und werden mariniert: zwei Hände voll Salz, einen Liter Pflanzencreme und zwei Liter Öl auf 75 Kilogramm Nudeln. Als Chefkoch entwickelt man Augenmaß. Sind die gekochten Nudeln wieder im Rollwagen, wird der vollständig in Folie gewickelt - damit auf dem Weg zum Kühlraum im Keller kein einziges Körnchen Dreck an die Nudeln kommen kann.

Mit der Soße haben die 25 Köche des ICC heute Morgen angefangen. "Napoli" und "Carbonara" stehen zur Auswahl. Noch liegen sie in Drei-Liter-Paketen im Nebenraum. "Rühren Sie das Pulver in 15,75 Liter kochendes Wasser... ", steht drauf. Lächerliche Mengen für Detlef Jänschke, der wacht schließlich über sechs 300-Liter-Kochkessel. Obwohl die Kochzeit nur bei zwei Minuten liegt, sind die Soßen nicht schnell gemacht. Hunderte Liter Wasser zum Kochen zu bringen, dauert auch in einer Großküche Stunden. Diese lassen die ICC-Köche nicht ungenutzt verstreichen, sondern "regenerieren" derweil die Nudeln. Jeweils drei Minuten lang kommen sie in die Dampföfen an der linken Küchenwand. Dann sind sie erstens wieder warm und zweitens "al dente". Das hat Jäschke beim Probekochen herausgefunden. Zwei Versuche haben dabei genügt. Die erste LKW-Ladung mit Pasta und Soße muss heute gegen zwölf Uhr fertig sein. Dann geht die erste Lieferung in die Messehalle. Zehnmal wird der LKW bis zum Abend mit jeweils 2500 Portionen zwischen Messehalle und ICC hin- und herpendeln.

Der Marathon sei schon eine Herausforderung, sagt Jäschke. Wegen der großen Mengen allerdings eher sportlicher, als kulinarischer Art. Ein Fünf-Gänge-Menü mit frischen Zutaten für nur ein Bruchteil der Esser, sei viel schwerer zu organisieren, sagt der 48-Jährige. Nudelalbträume hatte er in den vergangenen fünf Jahren nie. Man müsse Beruf und Privatleben trennen können, sagt er. Das gelänge ihm ganz gut. Nur kleine Portionen kochen kann er nicht mehr. "Ein Gericht für zwei Personen kriege ich nicht mehr hin. Sechs Portionen sind das Mindeste", sagt er. Doch auch das ist nicht wirklich ein Problem: Während er kocht, suche seine Frau schon die passende Tupperware aus dem Küchenschrank.

Annekatrin Looss

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