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Berlin: Berlin-Marathon: Ringsherum Marathon und kein durchkommen: In Kreuzberg und Neukölln geht heute vier Stunden lang nichts mehr

Sie wohnen in der Blücherstraße in Kreuzberg und haben Ihr Auto in der Urbanstraße geparkt? Heute steht ein Besuch bei der Erbtante in Heidelberg an und sie wollten so gegen zehn Uhr losfahren?

Sie wohnen in der Blücherstraße in Kreuzberg und haben Ihr Auto in der Urbanstraße geparkt? Heute steht ein Besuch bei der Erbtante in Heidelberg an und sie wollten so gegen zehn Uhr losfahren? Dann muss die Erbtante wohl noch ein wenig warten. Das Gebiet zwischen Gitschiner Straße, Kottbusser Damm, Sonnenallee, Erkstraße, Karl-Marx-Straße, Hasenheide und Gneisenaustraße ist heute ab etwa neun Uhr eine Insel.

Zum Thema Online Spezial: 28. Berlin-Marathon Eine Insel, umspült von knapp 38 000 Skatern, Rollern und Läufern. Das Inselgebiet liegt innerhalb der Laufkilometer 15 bis 23. Die ersten Rollstuhlfahrer werden am Kilometer 15 um 8.40 Uhr erwartet. Zu dem Zeitpunkt könnte man noch versuchen, über die Gneisenaustraße gen Süden das Areal zu verlassen. Ab neun Uhr werden aber auch hier die ersten Roller erwartet, so dass sich der Kreis schließt. Bleibt noch der Ausweg über die Obentrautstraße und über das Tempelhofer Ufer in Richtung Norden. Die letzten Läufer werden hier um 10.55 Uhr erwartet. Erfahrungsgemäß dauert es dann noch ungefähr eine halbe Stunde bis auch die BSR ihre Arbeit erledigt hat und die Straße wieder geöffnet werden kann. Wie man es auch dreht: Ein Weilchen müssen die Bewohner des betroffenen Gebietes wohl auf ihr Auto verzichten. Aufregen will sich darüber aber kaum jemand. Früher, als er noch als Fotograf gearbeitet habe, sei er auf das Fahrrad umgestiegen, um seinen Job zu erledigen, berichtet Boris Brauns, der in einer der betroffenen Straßen wohnt. Das sei schon stressig gewesen. Stress macht sich Anwohner Werner Koim dagegen nicht. Er informiert sich vorher über den Streckenverlauf und die Schlusszeiten und organisiert seinen Tag danach. Für den Berlin-Marathon tut er das ausgesprochen gerne und nimmt Abstriche bei der Mobilität gerne in Kauf. "Wenn die Menschen Freude daran haben, finde ich das gut", bestätigt er. Und überhaupt, bei der typischen Sonntagsbeschäftigung, Lesen oder Faulenzen, brauche man ja nun wirklich kein Auto. Auch in der Urbanstraße sieht man den Absperrungen gelassen entgegen. "Das Auto bleibt morgen stehen", gibt sich ein Pärchen gelassen - und witzelt: "Im Notfall nehmen wir es mit nach Hause. In der Feuerwache Urban ist ebenfalls alles ruhig. "Raus kommt man immer", ist ein Feuerwehrmann optimistisch. Die Polizei ist eingewiesen und kann den Löschwagen für ein paar Sekunden einen Weg durch das Feld der Läufer bahnen. Natürlich nur im absoluten Notfall, ansonsten übernehmen die umliegenden Wachen die Einsätze für die eingeschlossenen Brandbekämpfer. An der Gneisenaustraße machen Schilder darauf aufmerksam, daß ab Sonntag 0.00 Uhr absolutes Parkverbot herrscht. Drei Spuren stehen den Läufern dann hier zur Verfügung. So lange noch in den umliegenden Straßen Parkplätze bereit stehen, bringt er sein Auto in "Sicherheit", erklärt Andreas N. Ab 0.00 Uhr wird die Strecke mit Abschleppfahrzeugen von störenden Fahrzeugen befreit.

Über Störung klagt auch die Zehlendorferin Gudrun Barth. Sie fühlt sich in ihrer Freiheit behindert und empfindet den Marathon als "sehr lästig". Seinetwegen könne sie schließlich heute ihre Tochter nicht besuchen, die in der Heilig-Kreuz-Kirche in der Zossener Straße arbeitet. Dort ist man optimistisch, dass die Gottesdienstbesucher auch ohne Auto in die Kirche finden. Umweltfreundlich zu Fuß oder mit dem Rad.

Tim Stoltenberg

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