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Hinterm Flatterband. Draußen spielen ist für die Kinder im „Zentrum am Kleeblatt“ in Nikolassee im Moment kaum möglich – die Bäume sind von Eichenprozessionsspinnern befallen.

© Thilo Rückeis

Berlin-Nikolassee: Offensive gegen die giftigen Raupen

Kita-Kinder in Nikolassee sollen vor dem Eichenprozessionsspinner geschützt werden. Auch andere Einrichtungen in Berlin sind betroffen.

Quaddeln, Pusteln, ständiges Jucken – vier Kinder leiden bereits in der Zehlendorfer Kita- und Horteinrichtung „Zentrum am Kleeblatt“ (ZaK) unter dem massenhaften Auftreten des giftigen Eichenprozessionsspinners. Nun endlich – nach tagelangem Hin und Her – soll gegen die Raupen und ihre Gespinstnester in den dreißig Eichen auf dem Spiel- und Tobeplatz der Kita entschieden vorgegangen werden. Wie berichtet, scheiterte dies bisher am Streit um die Frage, wer den Einsatz bezahlen soll. Bezirk und Kita-Träger haben sich aber inzwischen geeinigt. Damit ist das Raupen-Problem aber nur dort gelöst. In ganz Berlin klagen auch andere Kitas, Horte und Schulen über den Aufmarsch der bis zu fünf Zentimeter langen Raupen, die sich oft im „Gänsemarsch“ von mehr als 20 Exemplaren durch die Blätter fressen. Vor allem im Süden Berlins ist von einer Plage die Rede.

Der Träger des „Zentrums am Kleeblatt“ an der Von-der-Trenck-Straße in Nikolassee, „Tandem BQG“, holte laut Geschäftsführer Klaus Sprenger noch am Dienstag Kostenvoranschläge von Baumpflegefirmen für die Beseitigung der Tiere ein, deren feine Härchen beim Menschen Augen- und Hautreizungen auslösen sowie zu Atembeschwerden führen können. Das Bezirksamt hatte zuvor die Zuständigkeit von sich gewiesen, mit der Begründung, das Gelände sei dem Träger überschrieben worden. Die Tandem BQG jedoch sieht sich selbst nur als Nutzer, das Areal sei im Besitz des Bezirks und dieser damit in der Verantwortung.

Sehen Sie hier, wie die Eichenprozessionsspinner in Nikolassee bekämpft werden (Video: Georg Moritz)

Jetzt habe man sich geeinigt, dass der Träger die Kosten bis zu etwa 1000 Euro übernimmt, den Rest zahlt der Bezirk, heißt es. Bis zu dieser Absprache hatte es noch einen weiteren Besucher der Einrichtung erwischt: Am Dienstag kam der 2-jährige Bengt mit roten Pusteln im Gesicht und an den Händen in die Kinderkrippe. Diagnose: Raupendermatitis.

In den vergangenen Jahren ging der Bezirk noch ohne größere Diskussionen in Eigeninitiative gegen die Raupen vor. Seit die Plage aber stark zugenommen hat, schaut man im Rathaus genauer auf die Zuständigkeiten und aufs Geld.

Vertretern mehrerer bezirklicher Gesundheitsämter berieten am Montag ihr weiteres gemeinsames Vorgehen gegen die Raupen. Dabei einigten sie sich aber lediglich auf Richtlinien zur Einschätzung des Risikos. Private Grundstückseigentümer können sich bei Raupenproblemen von ihrem jeweiligen Gesundheitsamt nun entsprechend beraten lassen. Die Bekämpfung müssen sie dann aber selbst vornehmen. „Wir können den Eichenprozessionsspinner weder jetzt noch morgen ausrotten“, sagt Steglitz-Zehlendorfs Gesundheitsstadträtin Christa Markl-Vieto. Das Auftreten der Tiere sei eine Folge des Klimawandels, langfristig müsse man bei Gegenmaßnahmen mit Brandenburg zusammenarbeiten. Auch dort haben sich die Spinner stark ausgebreitet, klagen Kitas. In Potsdam ist schon jede dritte Eiche befallen. Alleine im Neuen Garten betrifft das 300 Bäume.

Die älteren Raupen des kleinen Nachtfalters ziehen sich gemeinsam zur Häutung in Gespinstnester zurück, die mehr als 40 Zentimeter groß sein können. Ihre Bekämpfung ist schwierig, die verschiedenen Methoden sind umstritten: Will man Schädlingsgifte vermeiden, müssen die Tiere abgesaugt oder ihre Nester abgebrannt werden. Dabei entstehen jedoch Luftwirbel, die giftigen Härchen werden möglicherweise übers Gelände geweht. Eine weitere Methode, bei der man die Nester mit Kleber einsprüht und dann abnimmt, ist erst nach der Verpuppung Ende Juni erfolgreich. Meist gehen Baumpflegefirmen gegen die Schädlinge vor.

Der Zweijährige, der jetzt unter Ausschlag leidet, gehört zu einer Gruppe von vierzehn Krippenkindern. Sie spielen in einem Raum in der ersten Etage mit dazugehöriger Terrasse. Die Fenster bleiben seit Tagen zu, die zwei Plastikrutschen auf der Terrasse sind leer. Die Kinder dürfen nur noch sehr eingeschränkt ins Freie. Der Garten ist mit rot-weißem Flatterband gesperrt.

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