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Glatteis

© ddp

Berlin on Ice: Winterdienst verzweifelt gesucht

Kampf dem Glatteis und den Folgen: Die Berliner Stadtreinigung gibt nun gratis Splitt ab. Bei Glätte-Unfällen muss die Streufirma zahlen – oder die Versicherung.

Berlin - Der Winter bleibt hart – und damit auch der Eispanzer auf den Wegen. Die Kruste wird zudem frisch geweißt: Der Wetterdienst Meteogroup rechnet mit zehn Zentimeter Neuschnee. Und abgesehen von Klaus Wowereit, der die Situation mit Verweis auf Haiti gar nicht so schlimm findet, überbieten sich alle mit Vorschlägen zur Abhilfe. Wowereit hatte den Haiti-Vergleich herangezogen, nachdem sogar der Ruf nach dem Technischen Hilfswerk (THW) laut geworden war.

THW-Präsident Albrecht Broemme sagte dem Tagesspiegel gestern dazu, für berlinweites Eispickeln „haben wir weder die Leute, noch ist das unsere Aufgabe“. In sicherheitsrelevanten Fällen sei man aber auf Bitten der Feuerwehr auch in Berlin natürlich bereits tätig gewesen: Etwa beim Eiszapfenabschlagen und beim Schneehaufenbeseitigen vor der israelischen Botschaft.

Die BSR hat jetzt angekündigt, wegen der ausverkauften Vorräte in den Baumärkten heute ab 13 Uhr auf fünf Recyclinghöfen Splitt an Privatleute abzugeben. Und sie greift hier und da auch ohne Zuständigkeit mit ein. FDP-Fraktionschef Christoph Meyer schlug vor, den Einsatz von umweltschädlichem Streusalz auch auf Gehwegen zu prüfen. Abgesehen von den ohnehin ausverkauften Vorräten hält die BSR das für zwecklos, weil die Kruste später umso glatter gefriere.

Wer sich beim Sturz bei Glätte verletzt, kann den Grundstückseigentümer in Regress nehmen. Auch die Unfallkasse Berlin, die für Wege-Unfälle von öffentlich Bediensteten sowie Schülern und Studenten aufkommt, holt sich ihre Kosten so zurück. „Bei einem komplizierten Bruch können das mehr als 10 000 Euro sein“, sagt Kirsten Wasmuth von der Unfallkasse. Sie rät Gestürzten, sich die Adresse des Unfallortes zu notieren, um die Chance auf Schadensersatz zu erhöhen. Der Anlieger muss die Sache entweder über seine Haftpflichtversicherung regeln oder an die von ihm beauftragte Winterdienstfirma weiterreichen. Allerdings gebe es für diese Firmen keine Versicherungspflicht, heißt es beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV).

Die Winterdienstfirmen melden ihre Auftraggeber dem Amt für regionalisierte Ordnungsaufgaben. Dorthin wenden sich jetzt die Ordnungsämter, wenn sie die Verantwortlichen für glatte Gehwege ermitteln wollen. Laut Straßenreinigungsgesetz kann das Amt die Winterdienstfirmen bei wiederholtem Versagen von seiner Liste streichen, aber praktisch passiert das fast nie. Typisch ist der Fall einer Mariendorferin: Sie hat vorab 80 Euro für den Winterdienst auf dem 15-Meter- Gehweg vorm Haus bezahlt – und telefoniert ständig der Firma hinterher, die sich vier Wochen nach dem großen Schneefall von Silvester zum ersten Mal blicken ließ und seitdem höchstens zwei oder drei Mal nachgestreut hat. „In den Vorjahren war die Firma recht zuverlässig“, sagt die Frau. „Jetzt klagt der Chef, dass er sich schon 15 Anzeigen eingefangen habe und nicht wisse, wo ihm der Kopf steht.“

Der Verband Freier Berufe den schlug vor, „Ein-Euro-Jobber heranziehen“, forderte Verbandspräsidentin Claudia Frank. Die Bezirke seien dazu befugt, solange die Ein-Euro-Jobber den Privatfirmen keine Konkurrenz machen.

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