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Wie gut die neuen „Aufenthaltszonen“ in der Maaßenstraße angenommen werden, hängt stark vom Wetter ab. Ein Bild aus dem Mai 2016.

© Cay Dobberke

Berlin-Schöneberg: "Begegnungszone Maaßenstraße ist gescheitert"

Händler beklagen Einbußen, Anrainer vermissen Parkplätze: Die FDP hält die die Begegnungszone in der Maaßenstraße für misslungen. Doch für manche hat das Experiment auch positive Seiten.

Seit ihrer 800 000 Euro teuren Umgestaltung zur sogenannten Begegnungszone im Oktober 2015 „gleicht die Maaßenstraße einer Todeszone“, hat ein Anwohner auf einen Fragebogen der FDP geschrieben. Andere finden den auf Tempo 20 verkehrsberuhigten Bereich zwischen Nollendorf- und Winterfeldtplatz „total spießig“ und „unpassend für den Kiez“. Von den befragten Händlern beklagen 92 Prozent Umsatzeinbußen. Manche erwägen wohl sogar, ihren Laden aufzugeben.

Bestärkt durch solche Ergebnisse, forderte der Generalsekretär und Spitzenkandidat der Berliner FDP, Sebastian Czaja, am Dienstag den Rückbau in den alten Zustand: „Das Konzept ist gescheitert.“ Der Senat solle auch seine Pläne für Begegnungszonen in der Bergmannstraße und am Checkpoint Charlie aufgeben.

„Nicht übertragbar auf Berlin“

Rund zwei Wochen lang hatte die Partei Fragebögen verteilt. 66 Anwohner und 33 Ladenbesitzer machten mit. Für „nicht übertragbar auf Berlin“ hält Sebastian Ahlefeld, FDP-Vorstandsmitglied in Schöneberg, das aus den Niederlanden und der Schweiz bekannte Modell der Begegnungszonen. Es funktioniere nicht in der Großstadt. Zudem sei Gleichberechtigung zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern nach der deutschen Straßenverkehrsordnung (StVO) nicht möglich. Aber auch die Mentalität sei hier eine andere. In der Straße gebe es viel Unsicherheit und Aggressionen.

Senat hält Veränderungen für möglich

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Verkehr betont, bei der gemeinsamen Planung mit Tempelhof-Schöneberg habe es eine umfangreiche Bürgerbeteiligung gegeben. Gewerbetreibende, Anwohner und ihre Kinder, auch Künstler und bürgerschaftlich engagierte Menschen seien „aktiv“ in die Gestaltung eingebunden worden, sagte Sprecherin Petra Rohland. Umso erstaunlicher findet sie es, dass „eine doch bemerkenswerte Ablehnung der umgesetzten Maßnahme vorhanden zu sein scheint“. Im September sei eine Evaluierung geplant. Diese Vorher-Nachher-Untersuchung könne „auch die Veränderung beziehungsweise die Rücknahme von bestimmten Maßnahmen“ nach sich ziehen.

Parkplatzmangel, Staus und wenig Grün

In der Umfrage kritisierten Anrainer den Wegfall von rund 50 Parkplätzen, fehlende Grünflächen, die Poller und das Aussehen der neuen Aufenthaltsflächen. In der verengten Straße komme es oft zu Staus – nicht zuletzt durch die vielen Falschparker. Als gefährlich stuften es viele Befragte ein, dass es keine Zebrastreifen mehr gibt. Im Durchschnitt wurde der Umgestaltung nur die Schulnote 4,7 gegeben. Die Anwohnerin und Unternehmensberaterin Ayo Gnädig hat die Initiative „Rolle rückwärts“ gegründet und dem Bezirksamt bereits rund 850 Protestunterschriften übergeben.

Aber nicht alles müsse rückgängig gemacht werden, sagten die Kritiker. Bleiben könnten die Tempo-20-Regelung und einige der neuen Fahrradständer. Auch die Verlagerung des Radverkehrs von Radwegen auf die Fahrbahn sei akzeptabel.

Händler pflanzten Beete

In Gesprächen mit dem Tagesspiegel hatten sich ebenfalls viele Händler in den vorigen Wochen unzufrieden gezeigt. So nennt Klaus Lahme vom Modeladen „Boyz ’R’ Us“ die ganze Gestaltung eine „Beleidigung fürs Auge“. Die einzigen Beete am Straßenrand hätten Händler wie er in Eigeninitiative bepflanzt. Lahme berichtet von einem 15-prozentigen Umsatzminus. Die Straße werde wohl wegen des Parkplatzmangels gemieden. „Zum Glück habe ich viele Stammkunden.“

Schülerinnen gefällt es

Viele Wochenmarkthändler auf dem Winterfeldtplatz sehen es ähnlich. Eine Ausnahme ist Schuhputzer Marco Stransky: „Jetzt laufen mehr Leute, das ist ist besser für mich.“ Lob kommt auch von Schülerinnen des nahen Französischen Gymnasiums, die gern auf den Bänken oder Plastiktieren des Mini-Spielplatzes sitzen: „Wir finden es toll und kommen jeden Tag hierher.“ Besonders „cool“ finden die Schülerinnen die vielen aufs Pflaster aufgemalten Fußstapfen.

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