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Berlin: Berlin Sport: Wenn der Rasen zu gepflegt ist

Einer stellte sich sicherheitshalber schon vor dem Rennen aufs Siegertreppchen, riss in Gewinnerpose die Arme hoch und jubelte, während sein Begleiter eifrig Fotos schoss. "Nachher wird das sowieso nichts mit dem Siegerpodest", sagte er, grinste und marschierte zum Start.

Einer stellte sich sicherheitshalber schon vor dem Rennen aufs Siegertreppchen, riss in Gewinnerpose die Arme hoch und jubelte, während sein Begleiter eifrig Fotos schoss. "Nachher wird das sowieso nichts mit dem Siegerpodest", sagte er, grinste und marschierte zum Start. Er sollte Recht behalten: Später standen andere auf dem Treppchen. Dabei gab es reichlich Gewinner zu ermitteln beim gestrigen 37. Berliner Crosslauf auf dem Maifeld. Insgesamt 17 Wettbewerbe über Distanzen von 2000 bis 8000 Metern standen auf dem Programm, von den Schülern bis zu den Senioren waren alle Altersklassen vertreten.

Für die knapp 1100 Teilnehmer war auf dem Maifeld ein Parcours abgesteckt worden, mit einem Oxer und ein paar Heuballen als Hindernissen. Über eine mit Sand ausgeschüttete Steintreppe ging es dann ins benachbarte olympische Reiterstadion, wo ebenfalls eine Runde zu drehen war. Organisiert hat der SC Charlottenburg (SCC) das Rennen, das der Tagesspiegel präsentierte. Wie schon im letzten Jahr konnten sich die Veranstalter über strahlenden Sonnenschein und milde Temperaturen freuen. Statt "Singing in the Rain" dröhnte "Sunshine Reggae" aus den Lautsprecherboxen. Die Zuschauer sonnten sich auf den Tribünen, Hunde lagen faul im Gras oder bewachten Kinderwagen.

Für die Gewinner der einzelnen Wettbewerbe gab es Sachpreise: ein T-Shirt und eine Ananas. Eine bekam auch der 35-jährige Jürgen Thiele aus Neubrandenburg als Sieger des Jedermann-Cross, dem Hauptrennen der Freizeitsportler. Dass häufig ostdeutsche Läufer gewinnen, ist für ihn kein Wunder. "Wir Ossis haben meist die bessere sportliche Grundausbildung", sagt der drahtige, dunkelhaarige Mann. "Noch jedenfalls", schränkt er ein. "In den letzten Jahren ist zu wenig Nachwuchsarbeit gemacht worden. Und was dabei rauskommt, hat man ja bei der Olympiade gesehen." Er selbst läuft seit zehn Jahren und ist "schwer laufsüchtig": 130 Trainingskilometer pro Woche müssen es schon sein. Er läuft alle Langstrecken bis hin zum Marathon. Crossrennen sind für ihn ein gutes Training für Straßenrennen.

Wolfgang Paech und Jürgen Kierstein dagegen sind bei Querfeldeinrennen dabei, "weil es über Stock und Stein geht." Seit der Berliner Crosslauf nicht mehr im Grunewald stattfindet, macht er ihnen weniger Spaß: Auf dem gepflegten Rasen des Maifelds geht es ihnen nicht rau genug zu. Sie schwärmen von den ersten Crossrennen in den sechziger Jahren, als noch eine Musikkapelle an der Strecke spielte und ein ausgestopftes Wildschwein am Parcours stand. Noch keinen der 37 Berliner Crossläufe haben sie versäumt. Schon aus Tradition werden Wolfgang Paech und Jürgen Kierstein, beide Anfang 60, weiter an diesem Rennen teilnehmen, so lange es geht. Und für den 40. Crosslauf im Jahre 2003 hat sich Wolfgang Paech schon etwas vorgenommen: "Da besorge ich dann Wildschweine. Aber gleich eine ganze Rotte."

Ulrike Köppchen

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