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Berlin-Teltow: Die 24-Stunden-Kita

Wer nachts arbeitet, weiß nicht immer, wohin mit den Kindern. In Teltow hat eine Einrichtung bald sieben Tage die Woche geöffnet.

Teltow - Die Haustür fällt hinter den Eltern zu und das nächtliche Treiben der Kleinen beginnt: Schokolade knabbern nach dem Zähneputzen und wachbleiben bis in die Puppen. Arbeitszeiten in der Nacht sind für viele Eltern ein Graus, weil sie oft niemanden finden, der sich um ihre Kinder kümmert. Besonders Schichtarbeiter und Alleinerziehende suchen nach Betreuungsmöglichkeiten. In Teltow soll ihnen nun geholfen werden.

Im August wird der Kitaeigenbetrieb der Stadt eine Übernachtungskita für Kleinkinder im Alter von null bis drei Jahren eröffnen. 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche sollen Schichtarbeiter oder alleinerziehende Eltern ihre Kinder rund um die Uhr und auch am Wochenende gut aufgehoben wissen. Das kündigte Kitaeigenbetriebschefin Solveig Haller jetzt an. Teltow bekommt damit ein Alleinstellungsmerkmal in der Region: In ganz Brandenburg gibt es nur eine Handvoll Einrichtungen, die ein ähnliches Angebot vorhalten.

In der vergangenen Woche stimmten die Teltower Stadtverordneten der neuen Kita zu. Die Einrichtung soll an der Mahlower Straße entstehen. Mit Fördergeldern der Investitionsbank des Landes soll bis zur Eröffnung im Sommer ein Erdgeschoss kindgerecht umgestaltet werden. Geplant ist kein großer Schlafsaal, sondern mehrere kleine Zimmer, in denen die Kinder wie zu Hause ruhig schlafen können, sagte Haller.

Die Freude bei Teltower Eltern sei groß. Bereits zehn Anfragen für die 20 Plätze in der Kita „Siebenschläfer“ lägen vor, darunter Anfragen von Polizisten, Ärzten oder Krankenschwestern. Auch einem Teltower Paar, das bei einer Fluggesellschaft angestellt sei und sich wegen ihrer wechselnden Schichtdienste und einem fehlenden Betreuungsangebot bislang nicht zu einem Kind durchringen konnte, konnte Haller nun Mut machen. „Sie dürfen jetzt loslegen“, habe Haller ihnen am Telefon erklärt.

Auch Marlies Helsing von der Übernachtungskita „Schnatterenten“ in Schwedt kann Geschichten von glücklichen Eltern erzählen. Die Einrichtung gibt es seit zehn Jahren und zählt zu den ersten Rund-um-die-Uhr-Kitas im Land. „Die Nachfrage ist groß, 15 Kinder übernachten in der Kita“, sagt Helsing. Es seien vor allem Krankenschwestern und -pfleger oder Angestellte aus dem Einzelhandel, die das Angebot wahrnehmen. Im Internet haben Schwedter Eltern ihre Dankesbotschaften hinterlassen. Viele sind erleichtert, dass es das Angebot gibt. So wie in Teltow geplant werden auch die Kinder in Schwedt in kleineren Zimmern untergebracht. Eine Erzieherin – meist eine pensionierte ehemalige Angestellte – wache in der Nacht über die Kleinen. Besonders an den Wochenenden werde das Angebot genutzt, dann auch tagsüber. Unternehmen der Region unterstützten das Projekt, im Gegenzug werden ihre Mitarbeiter bei der Platzvergabe bevorzugt. Je Übernachtung müssen die Eltern in Schwedt einen Zuschlag von sechs Euro zahlen – eine Regelung, die abgeschafft werden soll. „Wir wollen nicht, dass Kellnerinnen ihr Trinkgeld bei uns lassen“, sagt Helsing.

Im Landesbildungsministerium begrüßte man die Initiative Teltows. Für viele Alleinerziehende sei eine Übernachtungskita eine Erleichterung, so Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Dennoch soll die nächtliche Betreuung die Ausnahme bleiben. Eine Übernachtungskita sei ein Notangebot und dauerhaft pädagogisch nicht zu empfehlen. Landesweit gebe es deshalb nur eine Handvoll solcher Einrichtungen, wie viele genau, das werde statistisch nicht erfasst.

Im nahen Potsdam gibt es nur eine privat geführte Kita, die Übernachtungen anbietet. Für mehr sei kein Bedarf vorhanden, hieß es aus dem Rathaus. Anders das Bild in Teltow: Seit Jahren ringe man um die 24-Stunden-Kita, sagte Kitabetriebsleiterin Haller. Mit der neuen Einrichtung wolle die Stadt auch dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr gerecht werden. Dieser wird ab August greifen. So soll auch eine Eltern-Kind-Gruppe in der Einrichtung eröffnen – ein Angebot, das sich vor allem an Eltern richtet, die wegen Arbeitslosigkeit bislang keinen Kitaplatz erhalten haben. In der Gruppe sollen sie Zeit mit ihren Kindern verbringen und gleichzeitig entlastet werden. Geleitet wird die Gruppe vom Mehrgenerationenhaus Philantow.

Deren Angestellte sollen auch die Organisation der Übernachtungskita übernehmen. Tagsüber werden Erzieher im Schichtsystem die Betreuung übernehmen, nachts werden Heilpädagogen über die Kinder wachen. Auch in Teltow werden Eltern für die Übernachtung ihrer Kinder einen Zuschlag leisten müssen, er soll vom Einkommen abhängig sein.

Die maximale Betreuungszeit soll 24 Stunden betragen. Spätestens um 20 Uhr am Abend sollen Eltern ihre Kinder in der Kita abgeben. So bleibe noch Zeit für ein gemeinsames Abendessen, das Zähneputzen und das Zu-Bett-Bringen, sagt Haller. Wenn die Kinder schlafen, geht es für die Eltern zur Arbeit. Am Morgen, ab 6 Uhr, können sich Eltern und Kinder dann wieder in die Arme schließen.

Das Projekt unter

www.philantow.de

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