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Die Sofi über Berlin: Klare Sicht herrschte auch am Brandenburger Tor.

© dpa/Stephanie Pilick

Berlin und die Sonnenfinsternis: Diese Sichel war ein Hammer

Volle Planetarien, leere Touri-Hotspots, kreative Schüler und zum Glück nur ein paar kurzzeitig Geblendete: Die Sonnenfinsternis war ein helles Vergnügen. Da machte auch der Physik-Unterricht Spaß.

DAS PLANETARIUM

Von 9 bis 12 Uhr hatte die Archenhold-Sternwarte am Treptower Park für Fans der (partiellen) Finsternis geöffnet. Bereits um 8 Uhr reihte sich die Schlange bis zur Straße. „Anfangs gab es ein paar Turbulenzen“, sagt Marina Nocht von der Verwaltung. Viele hätten darauf spekuliert, hier noch eine Brille zu bekommen – die Sternwarte hatte jedoch selbst nur 150 Sofi-Brillen auf Lager. „Wir haben versucht nachzubestellen“, sagt Nocht. „Aber es hat nicht mehr geklappt.“

Insgesamt 1500 Menschen seien gekommen, um sich das Ereignis von der Sternwarte aus anzusehen, von ihnen etwa 15 Schulklassen. „Sonst war es eine kunterbunte Mischung“, sagt Nocht. Wer keine Brille hatte, konnte sich die Live-Übertragung im hauseigenen Kinosaal ansehen oder durch die Teleskope schauen. „Oder sie haben sich selbst was gebaut“, sagt Nocht, wie zum Beispiel Lochkameras. Zwar haben Besucher auch gefährliche Mittel wie Alufolie benutzt. Von Augenproblemen bei Besuchern habe sie jedoch nicht gehört. „Es war insgesamt ein tolles Erlebnis.“

PUBLIC VIEWING

Das kosmische Schauspiel war überall in der Stadt zu beobachten. Das Spektakel führte aber nicht zu großen Menschenansammlungen an zentralen Orten der Stadt. Sicherheitsbebrillte Menschentrauben waren weder am Alexanderplatz noch auf der Kuppel des Berliner Doms zu sehen. Auch vor dem Brandenburger Tor oder am Potsdamer Platz waren nur Sofi-Solisten unterwegs. „Wir hatten schon damit gerechnet, dass hier mehr Leute schauen würden“, sagte Jens Knappe. Gemeinsam mit Freundin Daniela Wittenberg stand er auf dem Pariser Platz und schaute ziemlich allein in den Himmel. Auf dem Potsdamer Platz blieben einige Fotografen mit Profi-Ausrüstung unter sich, ebenso auf der Kuppel des Berliner Doms.

ACCESSOIRES

Wer keine der knappen Sofi-Brillen mehr ergattern konnte, wusste sich auf andere Art zu helfen. Andrew Jameson hat am Donnerstagabend noch eine Lochkamera aus Kartons gebaut. „Ich bin sieben Baumärkte auf der Suche nach einer Schweißerschutzbrille abgefahren – ohne Erfolg.“ Fünf Stunden habe er an seiner Lochkamera gebaut, sagt der 23-Jährige. „Ich hab einfach alles genommen, was ich noch zu Hause hatte.“ Etwa zwei Meter lang ist seine Konstruktion. Jameson ist seit vier Jahren Hobby-Astronom und will im nächsten Jahr sein Studium beginnen.

Auch Brian Hanson hatte eine originelle Lochkamera zur Hand. Der Tourist aus Minnesota hatte kurzerhand ein Loch in eine alte Eintrittskarte gestochen und projizierte die Sonnenfinsternis auf einen Stadtplan. Und auch sonst waren die Sofi-Gucker erfinderisch. Einige schauten durch schwenkbare Kameradisplays in den Himmel, andere versuchten durch die Frontkamera ihres Handys einen Blick auf die schwindende Sonne zu erheischen.

SICHERHEIT

Die Berliner Polizei vermeldete keine Unfälle im Zusammenhang mit der Sonnenfinsternis. „Es war ein ganz normaler Tag und wir verzeichnen keine auffällig hohen Unfallzahlen“, sagte ein Sprecher. „Das einzige, was hier heute besonders aufgefallen ist, war das etwas schummrige Licht im Büro.“

Auch bei der Berliner Feuerwehr blieb es beim „normalen Tagesablauf“, sagt Oberbrandmeister Anyetei Adjei. „Es wird auf etwa 1400 Einsätze hinauslaufen, wie jeden Tag“. Diese waren auch nicht enger getaktet während der Sonnenfinsternis.

SCHULEN

An vielen Schulen wurde die Sonnenfinsternis zum Anlass genommen, die Kenntnisse in Basteln und Physik zu vertiefen. Unterschiedlichste Variationen der Camera Obscura waren auf den Schulhöfen zu sehen, damit Schüler auch ohne Schutzbrillen an dem Spektakel teilhaben konnten. Doch nicht überall wurde die Sonnenfinsternis als Lehrstück aufgefasst: Etliche Schulleiter verhängten eine Art „Regenpause“, aus Sorge um Augenverletzungen mussten die Kinder in den Klassenräumen bleiben. Ein komplettes Hofverbot galt auch an der Gemeinschaftsschule im Grünen Campus Malchow in Lichtenberg. Alle Schüler von Klasse 1 bis 10 mussten in ihren Gebäuden bleiben. Eine Schule setzte einen Wandertag an, drohte aber den Kindern einen Tadel an für den Fall, dass sie trotz Verbots in die Sonne gucken wollten. Auch manche Eltern hätten mit besorgten Fragen in der Bildungsverwaltung angerufen, sagte Sprecherin Beate Stoffers.

AUGENKLINIKEN

An der Klinik für Augenheilkunde an der Charité waren bis zum Nachmittag zehn Patienten wegen Sehschäden durch die Sonnenfinsternis in Behandlung. Bei keinem der Patienten gebe es aber dauerhafte Schäden, sagte eine Kliniksprecherin. Alle seien wieder nach Hause entlassen worden. In der Augenklinik Marzahn zählte der diensthabende Arzt Andreas Förster acht Patienten, die mit beeinträchtigtem Sehvermögen in die Notaufnahme kamen. Bleibende Schäden hätte aber auch dort niemand erlitten.

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