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Wie ist denn der Stand? Das wüsste die Opposition auch gern in der Gasag-Debatte. Sie vermisst ein Finanz- und Energiekonzept.

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Berlin und sein Gasnetz: Opposition: Senat will die Gasag aufkaufen

Grüne und Linke vermuten „feindliche Übernahme“. Finanzsenator Ulrich Nußbaum schweigt, will aber Gasnetz-Akten öffnen. Und was passiert mit dem Stromnetz? Da lässt sich Geld mit verdienen: 120 Millionen Euro.

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Grüne und Linke vermuten, dass der Senat nicht nur das Gasnetz übernehmen, sondern den Privatkonzern Gasag aufkaufen will. Der Grünen-Abgeordnete Jochen Esser sprach im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses sogar von einer „feindlichen Übernahme“. Der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) sieht die Gefahr, dass nach der Rekommunalisierung des Versorgungsnetzes von der Gasag nur noch der „Torso einer lebensunfähigen Handelsorganisation“ übrig bliebe, von dem sich die Eigentümer (Eon, Vattenfall, GDF Suez) bald verabschieden würden.

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) äußerte sich im Ausschuss dazu nicht. Christian Gaebler, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, sagte nur: „Wenn die Gesellschafter sich überlegen sollten, Anteile abzugeben, wird sich der Senat damit befassen.“ Ansonsten sehe die Landesregierung keinen Anlass, „sich vertieft die Sorgen privater Investoren zu machen“. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Torsten Schneider wiederum bat um Verständnis, „dass es dazu jetzt keine Aussagen gibt“.

Die Opposition fragt: Wo ist eigentlich das Finanzkonzept?

Jenseits dieser strategisch interessanten Frage warf die Opposition dem Senat vor, für die Übernahme des Gasnetzes in öffentliche Regie weder ein energie- noch ein finanzpolitisches Konzept zu haben. Das sei aber notwendig, um dem Abgeordnetenhaus eine vernünftige Grundlage zu schaffen, um über den Konzessionsvertrag für das landeseigene Unternehmen „Berlin Energie“ zu entscheiden, sagte der Grünen-Klimaexperte Michael Schäfer. Und der Linken-Abgeordnete Wolf regte an: „Vielleicht sollte man den Regierenden Bürgermeister bitten, sich dazu zu äußern.“ Schließlich habe Klaus Wowereit (SPD) im Senat die Richtlinienkompetenz.

Der SPD-Mann Schneider hielt solche Debatten für „völlig verfrüht“. Schließlich werde sich das Parlament erst nach der Sommerpause mit der Gasnetzkonzession befassen. Die Christdemokraten im Hauptausschuss schwiegen beharrlich, und Finanzsenator Nußbaum sagte zu, dass der Konzessionsvertrag nebst Anlagen und weitere Verwaltungsunterlagen den Abgeordneten im Datenraum vertraulich zur Verfügung gestellt würden. Insgesamt handele es sich um eine dreistellige Zahl von Aktenordnern.

Das Kartellamt informierte den Finanzsenator per Fax

Nußbaum bestätigte im Ausschuss, dass er am Mittwoch vom Bundeskartellamt per Fax über die Eröffnung eines Prüfverfahrens zur Konzessionsvergabe informiert worden sei. Zuvor hatten die Gasag und deren Netztochter NBB Beschwerde eingereicht. Es werde jetzt geprüft, „ob die Wertung und Auswahlentscheidung gegen kartellrechtliche Missbrauchsvorschriften verstoße“, teilte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt mit. Das Amt sei schon 2012 auf Wunsch der Berliner Finanzverwaltung zum Auswahlverfahren konsultiert worden. „Über viele Details konnte Einvernehmen erzielt werden“, erklärte Mundt. Das Kartellamt habe aber auch, zuletzt im Dezember 2013, auf kritische Punkte hingewiesen. „Wie zum Beispiel den sehr weiten Umfang der Change-of-control-Klausel.“ Die Bewertung der Angebote und die Auswahlentscheidung sei ohne Beteiligung der Kartellbehörde erfolgt.

Nußbaum informierte die Haushälter des Abgeordnetenhauses auch darüber, dass der Finanzverwaltung des Senats die Klageschrift der Gasag, die im Auswahlverfahren für das Gasnetz unterlegen ist, bisher noch nicht zugestellt worden sei. Eventuell müsse sich das Landgericht Berlin, bei dem die Klage der Gasag vorerst gelandet ist, erst noch Gedanken darüber machen, ob es sich um ein zivil- oder verwaltungsrechtliches Verfahren handele, so Nußbaum.

Noch mehr Energie für Berlin: Mit Strom lässt sich Geld verdienen

Die Stromnetz Berlin GmbH, eine Tochter des schwedischen Staatskonzerns Vattenfall, hat im vergangenen Jahr 120 Millionen Euro Gewinn gemacht. Das war doppelt so viel wie im Schnitt der Jahre seit 2008 – aber weniger als im Vorjahr (147 Millionen). Das geht aus der Bilanz hervor, die Stromnetz-Chef Helmar Rendez am Mittwoch vorgestellt hat. Seine Firma bewirbt sich derzeit erneut um die Konzession zum Betrieb des Netzes, die das Land zum Jahreswechsel neu vergeben will. Hier ist neben der Vattenfall-Tochter auch der Landesbetrieb Berlin Energie im Rennen.

Um dem möglichen Verdacht zu begegnen, die Stromnetz Berlin GmbH würde die 120 Millionen Euro Gewinn einfach an die Konzernzentrale nach Stockholm überweisen, verwies Rendez auf die Investitionen, die seine Firma allein 2013 getätigt hat: 116 Millionen Euro flossen demnach in die Instandhaltung und den Ausbau des Netzes, 20 Millionen mehr als im Vorjahr. So erhielt etwa das Umspannwerk Reuter eine neue Schaltanlage, die im benachbarten Siemens-Werk gefertigt worden war.

Die Strom-Experten schauen auf den Gasag-Streit

Zu den Querelen um das Konzessionsverfahren beim Gasnetz sagte Rendez: „Dadurch, dass die Gasag vor uns dran ist, werden wir wohl ein sehr transparentes Verfahren bekommen“. Denn Gerichte und das Bundeskartellamt würden nun besonders genau hinschauen. Das sei gut, da er davon ausgehe, dass Stromnetz Berlin das beste Angebot vorgelegt habe.

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