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Berlin: Berlin vor der Wahl: Hamburgs Justizsenatorin im Interview: "Man muss auf die Ängste der Menschen eingehen"

Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) ist eine intime Kennerin sowohl der Hamburger als auch der Berliner Landespolitik. Von 1991 bis 1993 und dann wieder ab 1997 war sie in der Hansestadt Justizsenatorin, von 1994 bis 1997 in Berlin.

Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) ist eine intime Kennerin sowohl der Hamburger als auch der Berliner Landespolitik. Von 1991 bis 1993 und dann wieder ab 1997 war sie in der Hansestadt Justizsenatorin, von 1994 bis 1997 in Berlin. Lars von Törne befragte die 68-Jährige zu den Folgen der Hamburg-Wahl für Berlin.

Was raten Sie der Berliner SPD nach Ihrer Erfahrung vom vergangenen Sonntag?

Man muss - nicht nur der SPD - dazu raten, sich nicht ein Thema aufzwingen zu lassen, das auf keinen Fall zukunftsweisend ist. Wenn sich eine Millionenstadt nur noch mit der Inneren Sicherheit beschäftigt, dann reduziert das die Stadt inhaltlich und politisch in unzulässiger Weise.

Aber das Thema Sicherheit hat nach den Anschlägen in den USA bei Wählerumfragen nun einmal an Bedeutung gewonnen. Wie sollte die Berliner SPD darauf reagieren?

Zum Thema Online Spezial: Berlin-Wahl 2001 WahlStreet.de: Die Wahlbörse bei Tagesspiegel Online Foto-Tour: Die Berliner Spitzenkandidaten Dass das Thema Innere Sicherheit auch in Berlin an Bedeutung gewonnen hat, ist sicher auch eine Auswirkung des Hamburger Wahlkampfes. Hier gibt es seit Monaten nur das eine Thema. Herr Schill hat den Eindruck erweckt, die Stadt sei unsicher. Er hat das Thema angeheizt und bei seinen Wahlveranstaltungen behauptet, die Leute kommen nicht ungefährdet nach Hause. Das ist schlichtweg falsch. So war es nie in Hamburg. Die Besucher seiner Veranstaltungen gehen genau so sicher nach Hause wie die Menschen in anderen Großstädten wie Berlin oder Frankfurt.

Das bedeutet für Berlin?

Man darf in Berlin nicht den Fehler machen, diese Überbedeutung des Themas mitzumachen. Aber man darf es auch nicht kleinreden. Wenn die Menschen erst mal Angst haben - und in Hamburg ist ihnen Angst gemacht worden -, dann muss man auch auf die Ängste eingehen. Der SPD in Berlin würde ich dringend raten, ganz offensiv auf das Thema zuzugehen. Sie muss zeigen, was sie hier unternimmt, welche Orte sie sicherer macht, wo sie mehr Polizei einsetzt. Allerdings habe ich den Eindruck, dass die Stimmung in Berlin bei weitem nicht so angeheizt ist wie in Hamburg. Außerdem gibt es ganz andere Themen, die die Stadt fast erwürgen, zum Beispiel die erdrückende Finanzsituation, die in Hamburg nicht so war.

Was läuft in Berlin bei Justiz und Innerer Sicherheit besser als in Hamburg?

Ich glaube nicht, dass in Berlin irgendetwas besser oder schlechter läuft. Die Hamburger Justiz arbeitet hervorragend. Sie hat in allen Ländervergleichen einen vorderen Listenplatz bei der Schnelligkeit in der Verfahrenserledigung.

Es gibt also zwischen Hamburg und Berlin keine nennenswerten Unterschiede zum Beispiel bei der strafrechtlichen Verfolgung?

Nein. Das ist ja das Verwunderliche. Es wird immer behauptet, wir hätten hier so lasche Richter. Aber das stimmt nicht. Was Berlin im Vergleich zu Hamburg braucht, ist Ruhe und Augenmaß. Es muss aufhören, das man meint, alles bezahlen zu können, was man gar nicht bezahlen kann. Das ist eine ganz andere Situation als in Hamburg.

Dennoch ist ja das Sicherheitsbedürfnis auch bei den Berlinern gestiegen. Könnte das bei der Wahl der Berliner CDU zugute kommen?

Das ist schwer einzuschätzen. Die Berliner CDU in ihrer jetzigen Form wirkt ausgesprochen schwach. Sie bietet den Bürgern wenig Schutz und erscheint nun wirklich nicht als der Garant für Sicherheit. Noch aus einem anderen Grunde ist die Hamburger Wahl ein Dämpfer für die Berliner CDU: Die Partei hat hier ihr zweitschlechtestes Ergebnis seit Kriegsende erzielt. Um das jetzt in Berlin als Erfolg zu verkaufen, dazu gehören schon schwarze Künste.

Was raten Sie der Berliner SPD nach Ihrer Erfahrun

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