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Berlin: Berlin war ihm zu klein – und blieb doch seine Heimat Ein Weltentdecker wird von der Welt entdeckt: Vor 235 Jahren wurde Alexander von Humboldt geboren

Er war ein echtes Berliner Kind. Er kannte seine Stadt.

Er war ein echtes Berliner Kind. Er kannte seine Stadt. So ist ihm zu verzeihen, dass er sie zuweilen als zu eng, als zu provinziell, zu kleinkariert empfand. Er musste raus in die Welt, musste sie entdecken. Er wurde Naturforscher, Universalgelehrter, prominentester Weltbürger seiner Zeit. Doch er fand immer wieder in die Heimat zurück. Gestern wäre Alexander von Humboldt, den Günther Jauch „Europas ersten Kosmonauten“ genannt hatte, 235 Jahre alt geworden.

Vorm Kronprinzenpalais, gegenüber der Humboldt-Universität, spielte Humboldt zu Ehren am Dienstagnachmittag die Kapelle der Staatsoper. Tagesspiegel-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff würdigte in einer kurzen Rede Humboldts Blick fürs Ganze, seinen ausgeprägten Realitätssinn und seinen Humanismus. Das Konzert war Auftakt eines abendlichen Humboldt-Dinners im Schloss Tegel. Das hatten Alexander und sein Bruder Wilhelm, späterer Gründer der Universität, als Kinder einst respektlos „Schloss Langeweil“ genannt.

Langweilig sollte es dem Forscher sein Leben lang nicht werden. Schon die Frage, ob das Tegeler Schloss überhaupt sein Geburtsort war, war für ihn spannend. „Lachen Sie nicht über die pedantische Wichtigkeit, die ich auf meinen Geburtsort lege“, schrieb er in reiferen Jahren dem Berliner Stadtarchivar Ernst Fidicin. Der fand heraus, dass es vielleicht doch das Haus Jägerstraße 22 in Mitte gewesen sein könnte, in dem Marie Elisabeth von Humboldt, geborene Colomb, das Kind zur Welt brachte. Colomb – hörte sich das nicht schon wie Columbus an? Die Mutter hatte das Haus geerbt, der Familie diente es als Winterquartier.

Heute befindet sich an der Ecke Jäger-/ Markgrafenstraße längst ein einstiges Bank- und Akademiegebäude. Zwischen seinen Reisen fand Humboldt immer wieder nach Berlin zurück, war aber auch hier unstet, hatte diverse Adressen. An der Friedrichstraße 140 wohnte er beispielsweise im Gartenhaus eines Branntweinbrenners. Seine letzten Jahre verbrachte Alexander von Humboldt an der Oranienburger Straße 67, für 187 Reichstaler und 15 Silbergroschen im Vierteljahr. Hier starb er am 6. Mai 1859. Berlin hatte ihn nie loslassen können.

Christian van Lessen

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