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Berlin: Berlin wird’s jetzt zu bunt

BVG und S-Bahn starten Anti-Graffiti-Programm Hip-Hop-Festival und WM ziehen Täter an

Berlin wird bunt – aber nicht so, wie es sich die meisten vorstellen dürften. Die politische Hauptstadt Deutschlands wird in diesem Jahr auch zur Hauptstadt der Sprayer. Zunächst findet vom 13. bis zum 17. April das „Internationale Graffiti- und Hip-Hop-Film-Festival“ statt, vom 9. Juni bis zum 9. Juli folgt die Fußball-Weltmeisterschaft, und die wird weitere Sprayer aus aller Welt anziehen. Polizei wie BVG und S-Bahn bereiten sich bereits auf Großeinsätze vor.

Außer Brücken und Fassaden sind die öffentlichen Verkehrsmittel die beliebtesten Objekte der Graffiti-Szene. Doch auch ohne den Anreiz einer Großveranstaltung sind die Züge bereits jetzt mit Farbe beschmiert. Waren früher noch häufig selbst ernannte Künstler mit speziellen Schrift-Bildern am Werk, werden Züge heute auch einfach im Vorbeifahren besprüht. „In der Szene findet ein gegenseitiges Hochrüsten statt“, sagte der BVG-Vorstandsvorsitzende Andreas Sturmowski vor kurzem im Verkehrsausschuss des Parlaments. Diesem Unwesen könne man nur begrenzt Herr werden.

BVG und S-Bahn versuchten einst, beschmierte Fahrzeuge sofort aus dem Betrieb zu nehmen, damit sich die Sprayer nicht an ihrem Werk ergötzen konnten. Doch durch den Sparzwang habe man fast keine Reserve-Fahrzeuge mehr, um Züge oder Busse außerplanmäßig auszutauschen, sagt Sturmowski. So fahren sie tage- oder wochenlang beschmiert durch die Stadt. Auf die Farbschmierereien folgte das Zerkratzen der Scheiben an den Fahrzeugen und auch an Haltestellen. Gegen das so genannte „Scratching“ wehrten sich die Verkehrsbetriebe mit dem Aufkleben von Folien. Seit kurzem verwenden einige Fluss-Säure zum Anbringen ihrer „Tags“. Die ätzende Chemikalie hat bereits drei Polizisten verletzt.

Die BVG hat jetzt, wie ihr Sprecher Klaus Wazlak sagt, ein Reinigungsprogramm gestartet. Ziel sei es, bis zum Sommer die gröbsten Verunreinigungen zu beseitigen. Dann könnten auch wieder Fahrscheinautomaten auf U-Bahnhöfen als solche zu erkennen sein. Monatelang hatte man sie völlig beschmiert gelassen. Nun sollen neue Schmierereien gleich beseitigt werden. Einen Rückgang erhofft sich die BVG auch durch die jetzt erlaubte 24-Stunden-Aufzeichnung von Kamerabildern auf drei U-Bahn-Linien.

Die S-Bahn, die bereits die meisten der zerkratzten Scheiben in diesem Jahr ausgewechselt hat, stattet die Fahrzeuge innen so aus, dass Schmierereien einfacher beseitigt werden können: Folien und besondere Lacke sollen helfen. Zur Fußball-Weltmeisterschaft wollen die Verkehrsunternehmen zudem mehr Sicherheitspersonal einsetzen. Die BVG habe für diese Mitarbeiter eine Urlaubssperre verhängt, so Wazlak. Ob die S-Bahn, wie früher, nachts erneut regelmäßig Wachleute in den Zügen mitfahren lässt, sei noch nicht entschieden, sagte ein Sprecher. Die S-Bahn will ihre Züge während der Weltmeisterschaft ohne Betriebspause auch nachts fahren lassen.

Auch BVG-Auszubildende stört der Vandalismus. Sie haben einen Protestfilm gedreht und wehren sich damit gegen Zerstörungswut. Derzeit ist er im U-Bahn-Fernsehen zu sehen.

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