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Schrecken ohne Ende. Werbematerial des Mailänder Verlag Mondadori für seine Jugendbuch-Reihe „Berlin – A New World“, die jetzt auch auf Deutsch erscheint und als Filmstoff angeboten wird.

© Kai-Uwe Heinrich

Berlinale 2017: Todesspiele in Tegel

Filmstoff im Angebot: Bei "Books at Berlinale" werben Verlage und Literaturagenten für ihre Bücher. Darunter sind auch aktuelle Bestseller.

Berlin, nun fürchte dich! Ringsum nur Zerstörung und Verfall. Das Brandenburger Tor? Wie kurz nach dem Krieg, die Durchfahrten zugewuchert. In der Nähe rostet das Wrack eines Rosinenbombers, während es vor dem Reichstag zwar schwarzrot-gold flattert, aber von der alten Kuppel ist nur das Gerippe geblieben. Die Mauer immerhin scheint intakt, aber selbst an den Wachtürmen rankt sich die Natur empor. Albtraumszenen wie in einem Endzeitfilm.

Der Mailänder Verlag Mondadori hat sich wirklich etwas einfallen lassen, um der Jugendbuch-Reihe „Berlin – A New World“ des Autorenduos Fabio Geda und Marco Magnone die nötige Aufmerksamkeit zu sichern. Hat Werbematerial mit fiktiven Fotos aus der dem Verfall anheimgegebenen Spree-Metropole garniert. Hat einen „SO36 Express – Die alternative Kreuzberger Zeitung“ erfunden, mit Schlagzeilen wie „Berlin: Sterben ohne Grund“, „Klinikum Steglitz unter Quarantäne“ und „Virus WB: West-Berlin unter Schock“.

Auch aus Martin Suters "Elefant" könnte ein Film werden

Auch das sind die Filmfestspiele: Zwölf internationale Romane werden an diesem Dienstag im Gebäude des Abgeordnetenhauses bei der Veranstaltung „Books at Berlinale“ vorgestellt, bei der Verlagsvertreter und Literaturagenten mit interessierten Produzenten ins Gespräch kommen wollen. Seit 2006 geht das schon so, eine Kooperation des Berlinale Co-Production Markets mit der Frankfurter Buchmesse, die alljährlich Verlage zu Angeboten möglicher Filmstoffe auffordern und aus den Vorschlägen maximal zwölf auswählen.

Aktuelle Bestseller, diesmal etwa Martin Suters „Elefant“, sind darunter, aber auch Bücher, die wie das Jugendbuch „Berlin – Fires of Tegel“ des italienischen Erfolgsduos noch nicht mal auf dem Markt sind, jedenfalls nicht auf dem deutschen. Erst kurz nach „Books at Berlinale“, am 17. Februar, kommt das beim Ueberreuter-Verlag erscheinende Buch in den Handel, unter dem Berlin aussparenden Titel „Staubgeboren – Die Stadt der Vergänglichen“ (214 S., 14,95 Euro).

In Italien ist die damit eröffnete Buchreihe, ausgelegt auf sieben Bände, von denen vier erscheinen sind, ein Hit: Schon 25.000 Exemplare wurden verkauft. Und dies, obwohl die Handlung fern von Rom spielt, im geteilten Berlin des Jahres 1978. Im Westteil der Stadt wohlgemerkt, wo ein Virus alle Erwachsenen dahingerafft hat, während er den Kindern und Jugendlichen wenig anzuhaben vermag. Niemand will da mehr in den Westen fliehen, im Gegenteil: „Was jetzt ,Neue Mauer’ hieß, war nichts anderes als ein paar Metallplatten mit Stacheldraht, die man auf die alte Mauer gesetzt hatte, um sie um mehrere Meter zu erhöhen. Die ,Neue Mauer’ war während der Epidemie errichtet worden, um zu verhindern, dass die Leute in Panik aus West-Berlin flohen.“

In "Staubgeboren" herrscht der Kampf ums nackte Überleben

Der Alltag der Überlebenden, der „Staubgeborenen“, ist ein Kampf ums nackte Überleben. Gemeinsinn täte da not, stattdessen gibt es Rivalität, etwa zwischen der friedlichen Havel-Gruppe und der gewalttätigen Tegel-Gruppe. Anfangs bleibt man schön für sich, doch dann wird der zweijährige Havel-Junge Theo von bösen Tegelanern entführt, und die Havel-Mädchen müssen sich auf feindliches Gebiet begeben, wollen sie ihn retten. Das ist dringend geboten, nahen doch in Tegel die Todesspiele.

Das mag an „Die Tribute von Panem“ erinnern, vielleicht auch an „Herr der Fliegen“, beide in Buch- wie in Filmform ungemein populär. Wobei die beiden Italiener auch ohne solches Assoziationspotenzial erfolgreiche Autoren sind, Fabio Geda etwa mit dem weltweiten Bestseller „Im Meer schwimmen Krokodile“ über die Flucht eines zehnjährigen Jungen aus Afghanistan nach Europa. Während Marco Magnone, Autor von Graphic Novels und Reisetagebüchern, zudem für zwei Jahre in Berlin studiert hat.

Kann also gut sein, dass die noch junge Oetinger Filmrechte-Agentur, die die weltweiten Rechte an der Buchreihe „Berlin – A new world“ vertritt, auch diesmal wie 2016 erfolgreich ist. Damals hatte sie Christine Nöstlingers „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ vorgestellt – und als Filmstoff verkauft.

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