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Der Bundestag: 27 Abgeordnete aus Berlin werden ihm in Zukunft angehören.

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Berliner Abgeordnete im Bundestag: Hallo, wir sind die Neuen!

Sie sind im Bundestag, manche zu ihrer eigenen Überraschung. Fünf Porträts von Berliner Abgeordneten.

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Philipp Lengsfeld

Als fast chancenloser Kandidat schlief er ein. Aufgewacht ist Philipp Lengsfeld am Montagmorgen mit einem Bundestagsmandat für die CDU. „Eine verrückte Geschichte, oder?“, fragt der Direktkandidat in Mitte. Dort gewann er zwar nicht. Und auf der Liste war er auf Platz acht weit hinten aufgestellt. Doch dank eines Ausgleichsmandats kann der Physiker in den Bundestag ziehen. Lengsfeld ist von Hause aus politisiert und erhielt am Morgen auch gleich Glückwünsche von seiner Mutter, der bekannten DDR- Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld. Er kann zunächst sein Glück noch nicht ganz fassen, da er als Naturwissenschaftler die Möglichkeit eines Rechenfehlers bei der Mandatsaufteilung im Kopf hat. Lengsfeld wird jedoch genauso wie alle 27 gewählten Bundestagsabgeordneten aus Berlin am Dienstag zur ersten Sitzung der jeweiligen neuen und alten Fraktion erscheinen.

Azize Tank

Einige neu Gewählte sprechen von „knapp“ und „Überraschung“. Azize Tank sagt dagegen: „Gefühlsmäßig habe ich gewusst, dass es klappen wird.“ Nun zieht die 63-Jährige tatsächlich in den Bundestag ein. Das Direktmandat für Tempelhof-Schöneberg – den zweitgrößten Wahlkreis der Stadt – hat sie mit 7,3 Prozent zwar klar verfehlt, aber auch 2009 bekam der damalige Linken-Kandidat gerade 8,1 Prozent – und seitdem versprachen die Umfragen nichts Gutes. In den Bundestag kommt Tank, weil sie auf Platz sechs der Landesliste der Linken steht – ohne selbst Parteimitglied zu sein. „Das steht auch nicht an, wobei ich es langfristig nicht ausschließe“, sagt sie. Geboren in der Türkei, begann Tank in Deutschland in einer Porzellanfabrik zu arbeiten und war später Migrationsbeauftragte in Charlottenburg. Aus dem Ruhestand wird es nun nichts. Am Wochenende lädt sie erstmal zu einer Wahlparty.

Fritz Felgentreu

Vor vier Jahren fehlten Fritz Felgentreu bei der letzten Bundestagswahl zwei Prozent für ein Direktmandat im Wahlkreis Neukölln, wo er Kreisvorsitzender der SPD ist. Nun hat er es mit zwei Prozent Vorsprung geschafft. Vor der CDU. Felgentreu, studierter Philologe, gilt als kompetenter Rechtspolitiker, der sich dem rechten Flügel der Berliner SPD zugehörig fühlt. Im Bundestag will Felgentreu sich vor allem auf Familienpolitik stürzen. „Wir müssen den Unterschied zwischen Familienpolitik und Bildungspolitik aufheben“, sagt er. „Und die Qualität der Bildung von der Herkunft abkoppeln.“

Martin Pätzold

In welchem Bereich er im Bundestag arbeiten wird, weiß Martin Pätzold noch nicht. „Als jüngerer Abgeordneter muss man sich hinten anstellen“, sagt der 29-jährige Volkswirt. Er wuchs in Hohenschönhausen auf und trat als Direktkandidat in Lichtenberg an. Dort erzielte er mit 22,7 Prozent Erststimmenanteil den zweiten Platz hinter Gesine Lötzsch (Linke). Durch das gute CDU-Ergebnis zog jedoch noch sein Listenplatz sieben.

Özcan Mutlu

Er hat nur in der Hoffnungsrunde gewonnen. Eigentlich hätte Özcan Mutlu nichts passieren können. Der 45-jährige grüne Bildungspolitiker war auf Listenplatz zwei abgesichert, doch wollte er mit einem engagierten Wahlkampf auch das Direktmandat in Mitte holen. Daraus wurde nichts. Mit 18,5 Prozent Erststimmenanteil kam er hinter Eva Högl (SPD) und Philipp Lengsfeld auf Platz drei. „Gegen den Bundestrend kann man schwer ankämpfen“, sagt Mutlu. Im Bundestag würde er gern weiter Bildungspolitik machen.

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