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Claudia Hämmerling will nicht wieder fürs Abgeordnetenhaus kandidieren. „21 Jahre Opposition sind genug“, findet sie. Ob ihr Erstlingswerk der Beginn einer Schriftstellerkarriere wird, ist noch nicht absehbar.

© Dennis Probst/promo

Berliner Abgeordnete schreibt Kinderbuch: Statt Veggie Day jetzt "Aufstand der Wildtiere"

Die Grüne Claudia Hämmerling hat ein Kinderbuch über ihr Leib- und Magen-Thema geschrieben. Ihr Bruder hat es illustriert

Theoretisch ist das Berliner Abgeordnetenhaus ein Teilzeitparlament, aber praktisch merken die meisten Abgeordneten davon nichts. So war es auch bei der Grünen Claudia Hämmerling, als sie noch für Verkehrspolitik und Stadtentwicklung und alles Mögliche andere zuständig war, womit man sich als Berufsgrüner eben Ärger aufhalst. Seit der letzten Wahl kümmert Hämmerling sich nur noch um Tierschutz. In der dadurch frei gewordenen Zeit hat sie ein Kinderbuch geschrieben. Eines, das die Geschichte hinter der Bärchenmortadella erzählt. Jetzt, rechtzeitig zur Grünen Woche, ist es fertig – und von der Autorin in der Kinderbuchhandlung „Mundo Azul“ in Prenzlauer Berg präsentiert worden.

Kurz gesagt, geht es in „Aufstand der Wildtiere“ um Mastschwein Maxi, dem der Unfall eines Tiertransporters zur Freiheit verhilft. Es entdeckt eine Welt mit Tageslicht und grünen Wiesen, wird von freundlichen Wildtieren gepäppelt und könnte glücklich bis ans Ende seiner Tage … – oh nein, jetzt kommen wieder Beruf und Berufung der Autorin ins Spiel und folglich der Schweinebaron Güllegold, der den Landrat besticht und die Leute für dumm verkauft.

Veggie Day durch die kalte Küche

Zum Glück sind die Tiere klüger. Sie ziehen in den Kampf gegen die von Güllegold geplante Mastanlage. Mundende Burger für mündige Bürger? Das wird so schnell nichts. Und Schwein Maxi ist inzwischen bei Oma Wunderlich eingezogen, die gern vegetarisch kocht und reizende Enkel hat, die den Stall sauber machen und irgendwann feststellen, dass Billigfleisch gar nicht geht und vegetarisches Essen nicht zwangsläufig Kartoffeln mit Gemüse ohne Fleisch sein muss.

Insofern serviert Hämmerling mit ihrem „Tierschutzabenteuer mit Maxi und Wutz“ (Untertitel) gewissermaßen den Veggie Day durch die kalte Küche. So wie der ganze Plot nach schwerer Kost für leichtgläubige Kundschaft klingt. Aber die Geschichte liest sich doch recht leicht und – das ist vielleicht ihr größtes Plus – ist von Beginn an spannend.

Bemerkenswert sind auch die Illustrationen von Heinz-Jürgen Werbeck. „Das ist mein Bruder“, erzählt Hämmerling. Ein Mathematiker im Ruhestand, „genau 13 Jahre älter als ich“, also 74. Und dabei offensichtlich jung genug, die Welt durch Kinderaugen zu sehen und zu zeichnen.

650 Tiere für einen Durchschnittsdeutschen

Auch den Lektor habe sie in der Familie rekrutieren können, sagt Hämmerling. „Der hat mich darauf hingewiesen, dass die Überschriften alle den Stil von Pressemitteilungen haben.“ Vier Jahre im Bezirksamt Weißensee und weitere 20 im Abgeordnetenhaus hinterlassen halt ihre Spuren. Hier und da musste also Verwaltungsdeutsch in Prosa übersetzt werden. Es gibt jetzt zwar immer noch ein Kapitel, das „Aufregung im Landratsamt“ heißt. Aber Hämmerling hat ja kein Buch für Babys geschrieben. Vermutlich steckt sogar ein Schuss Autobiografie drin, denn auf Seite 139 heißt es: „Bestimmt steckte diese Tierschutz-Tussi dahinter.“

Ines Krüger, Vorsitzende des Berliner Tierschutzvereins, sagt, es gebe sehr viel Kinderliteratur über Tiere, aber kaum welche über Tierschutz. Viele Großstadtkinder hätten nicht die leiseste Vorstellung von der Vorgeschichte der Wurst, sagt sie. Hämmerling fügt hinzu, dass der Durchschnittsdeutsche in seinem Leben etwa 650 Tiere konsumiere und fünf Kilo Fleisch pro Jahr wegwerfe. Und da sich die Prioritäten in der Politik nach der Mehrheitsmeinung richteten, könne man doch an dieser Mehrheitsmeinung ansetzen – zumindest an der von morgen.

Mit baldigem Reichtum rechnet Hämmerling nicht. Gedruckt werde nach Nachfrage, verkauft im regulären Buchhandel. Sie selbst hat sich 50 Stück zum Verschenken gesichert, Tierschützerin Krüger nimmt auch ein paar mit. Als Nächstes wäre ein Buch über Tierversuche dran, findet Hämmerling. Oder doch lieber ein vegetarisches Kochbuch? Gibt’s schon: 29 Rezepte von 29 Grünen-Abgeordneten. Schmeckt nicht jedem. Aber das sind Grüne ja gewohnt.

Claudia Hämmerling: Aufstand der Wildtiere. Ein Tierabenteuer mit Maxi und Wutz. Verlag tredition, 172 Seiten, 9,95 Euro.

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