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Luftbild vom Flughafen Tegel

© Tsp-Archiv

Berliner Abgeordnetenhaus debattiert zu Tegel: Abgeordnetenhaus stimmt für Schließung Tegels

Leidenschaftliche Debatte im Berliner Abgeordnetenhaus um die Offenhaltung des Flughafens Tegel - aber ohne den Regierenden Bürgermeister. Der verließ kurz vor der Rede den Saal.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Erst war er da, dann wieder weg. Zwei Minuten, bevor die Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) im Parlament ans Rednerpult trat, um für den Senat über die Zukunft des Flughafens Tegel zu reden, flitzte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) aus dem Saal. Dafür gab es sogar offizielle Gründe. Gerade erst war Müller von einer Dienstreise aus Montréal zurückgekehrt und mit Verspätung zur Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses gekommen. Dort blätterte er eine Weile in seinen Akten und nahm dann den Hinterausgang, um den Festakt zum 250. Geburtstag Wilhelm von Humboldts nicht zu versäumen.

Normalerweise wäre das nicht aufgefallen. Wenn man nicht wüsste, dass Berlins Regierungschef keine große Lust hatte, in der Parlamentsdebatte am Donnerstag für den rot-rot-grünen Senat in Sachen Tegel den Kopf hinzuhalten. Denn in der Koalition gehen viele davon aus, dass die Volksabstimmung über die Offenhaltung des City-Airports den Nerv der Bevölkerung trifft, jedenfalls einer veritablen Mehrheit. Und dass am 24. September eine Niederlage droht, die den Senat empfindlich treffen würde. Während der munteren Parlamentsdebatte, in der kräftig ausgeteilt und eingesteckt wurde, hörte der CDU-Generalsekretär Stefan Evers schon das Totenglöcklein klingeln. „Der Volksentscheid wird der Anfang vom Ende von Rot-Rot-Grün.“

CDU ist noch nicht festgelegt

Dem Regierenden Bürgermeister warf er vor, sich bei wichtigen Fragen „stets in die Büsche zu schlagen“. Es sei aber die „verdammte Pflicht und Schuldigkeit“ der Regierung, sich mit den Argumenten derer ernsthaft auseinanderzusetzen, die Tegel in Betrieb halten wollen. Anschließend bekam aber auch Evers sein Fett weg. Der SPD-Abgeordnete Jörg Stroedter erinnerte daran, dass die CDU-Spitze noch auf das Ergebnis einer Basisbefragung zu Tegel warte, also noch gar nicht festgelegt sein dürfe. „Mehr kann man die eigenen Mitglieder gar nicht verarschen, als Sie es tun, Herr Evers.“ Auch Pop hielt dem CDU-General den Spiegel vor. Er habe 2015 gesagt, als die Union noch mitregierte: „Nicht einmal ein Volksentscheid könnte die Offenhaltung Tegels erzwingen“. Deshalb solle man sich auf die bestmögliche Nachnutzung des Flughafengeländes konzentrieren.

Aber die „Populisten-Koalition“, wie Stroedter die Redner von FDP, AfD und CDU verhöhnte, wehrte sich nach Kräften. „Ihr Horizont endet am Gartenzaun“, schleuderte der FDP–Fraktionschef Sebastian Czaja dem SPD-Mann aus Reinickendorf entgegen, der in seiner Rede den Fluglärm im Norden der Stadt in den Fokus stellte. „Nur mit zwei Flughäfen werden wir unserer wunderbaren Hauptstadt gerecht.“ Dafür brauche Berlin mit dem Volksentscheid ein starkes Signal. Und der AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel hielt in seiner Rede das Argument, Single-Airports seien weltweit ein Trend der Zukunft, für „völligen Quatsch“. Rot-Rot-Grün wolle nur die Provinz und pfeife auf das Volk.

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Dass es gar nicht so einfach ist, auf die Alternative für Deutschland souverän zu reagieren, musste an diesem Tag die Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek erfahren. Das strahlende Blau ihres Kleides identifizierte der AfD-Redner Hansel als die Farbe seiner Partei – und er lobte das „schöne AfD-Kleid“. Kapek konterte spontan: „Dann ziehe ich es sofort aus!“ Brüllendes Gelächter im Saal, aber zum Äußersten kam es nicht. Zuvor hatte Kapek in einer emotionalen und offensiven Rede die Aktuelle Stunde zum Volksentscheid Tegel eingeläutet. Sie verglich den Streit um den West-Berliner Traditionsflughafen mit der Ablösung des Bahnhofs Zoo durch den Hauptbahnhof.

„Auch Tegel ist ein Ort der persönlichen Momente und ein Ort, der Geschichte geschrieben hat“, sagte die Grünen-Fraktionschefin. Aber jetzt sei es an der Zeit, diesem „Relikt einer geteilten Stadt“ eine neue Zukunft zu geben. „Wir wollen Tegel öffnen – für die Zukunft.“ Und sie forderte die Opposition auf, sich den Fakten zu stellen, die alle für eine Schließung sprächen.

Am Ende der eineinhalbstündigen Debatte beschloss das Abgeordnetenhaus mit den Stimmen von SPD, Linken und Grünen eine Entschließung gegen die Offenhaltung Tegels. Damit ist der Weg für den Volksentscheid, der etwas anderes will, endgültig frei. FDP und AfD stimmten gegen die Resolution, die Christdemokraten enthielten sich der Stimme.

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