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Tempo 30

© Günter Peters

Berliner Alltagsprobleme, Folge 1: Lärm in Berlin - nachgehakt

Im Zuge unserer Leseraktion "Berliner Alltagsprobleme" haben wir über das Thema Lärm berichtet. Sie, liebe Leser, haben unsere Ergebnisse kommentiert - und wir haben nachgehakt.

Mehr als 40.000 Stimmen wurden in unserer Leserumfrage zu Berliner Alltagsproblemen abgegeben. Das Ergebnis: Lärm stört am meisten. Wir haben zum Thema recherchiert. Nun haben wir erneut die Leserkommentare ausgewertet und zu einzelnen Punkten noch einmal nachgefragt.

Tagesspiegel-Online-Leser "Hansen" beispielsweise interessiert, warum man nicht nachts (von 22-6 Uhr) auf der Stadtautobahn und der Avus Tempo 60 vorschreiben könne und auf den anderen Straßen Tempo 30.

Probleme durch Lärm gibt es vor allen Dingen nachts. Schlafstörungen können auftreten und auf Dauer das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Tempo 30 ist aus Sicht der Stadtverwaltung nicht die einzige, aber eine wirksame und schnell umsetzbare Maßnahme zum Schutz der Nachtruhe. Im Zusammenhang mit dem Lärmminderungsplan für Berlin wurden daher Straßenabschnitte ausgewählt und zu Tempo-30-Zonen gemacht.

Inzwischen gilt auf gut 75 Prozent des Berliner Straßennetzes Tempo 30, wobei hier vor allem die Tempo-30-Zonen in Nebenstraßen beziehungsweise Wohngebieten zu Buche schlagen. In ihnen gilt Tempo 30 rund um die Uhr. Die größte Lärmbelastung entsteht jedoch an den Hauptverkehrsstraßen. In ihnen wurde auf einer Länge von 230 Kilometer Tempo-30-Abschnitte eingerichtet. Dies entspricht rund 16 Prozent des Berliner Straßennetzes.

Der Spielraum der Kommunen ist begrenzt. "Für Bundesstraßen und Autobahnen ist der Bund zuständig", erläutert Joachim Krey von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Temporeduzierungen können dort nur in enger Abstimmung mit dem Bund vorgenommen werden. Weitergehende Möglichkeiten hat man auf den Hauptverkehrsstraßen. Doch auch hier: Die Straßenverkehrsordnung gilt bundesweit. Sie ordnet Tempo 50 innerhalb geschlossener Ortschaften an. Bei geltender Rechtslage muss die Verwaltung Tempo 30 für jeden Einzelfall begründen, etwa mit dem Lärmschutz oder nachweisbarem Sicherheitsgewinn. Sonst können Autofahrer erfolgreich klagen. Der Senat erfuhr dies beispielsweise, als ein Gericht einen Tempo-60-Abschnitt auf der Avus kassierte, der nur mit einem pauschalen Verweis auf den Lärmschutz der Anwohner angeordnet war.

Initiative für Regelumkehr

Die Berliner Grünen wollen Tempo 30 in der Stadt flächendeckend einführen – ausgenommen Autobahnen und Hauptverkehrsadern. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang auch die Regelumkehr, die zuvor schon vom Deutschen Städtetag gefordert wurde. Danach müsste die Straßenverkehrsordnung dahingehend geändert werden, dass innerorts grundsätzlich Tempo 30 gilt. Die Beweislast wäre umgekehrt und höhere Geschwindigkeiten müssten begründet werden.

"Neben der Reduzierung der Anzahl der Verkehrsschilder hätte dies auch einen mentalen Effekt", sagt Krey. Autofahrer würden sich an die allgemeingültige Regel Tempo 30 in geschlossenen Ortschaften gewöhnen. So gibt es in Berlin durchaus Überlegungen, eine Bundesratsinitiative für ein generelles Tempo 30 anzustoßen. Wenn der Senat in einigen Wochen zustimmt, könne die Initiative auf den Weg gebracht werden, sagt Krey. Ob sie eine Mehrheit bekommt, bleibt allerdings fraglich: Da es um die bundesweit gültige Straßenverkehrsordnung geht, müsste sowohl der Bundesrat als auch der Bundestag zustimmen. Bundesverkehrsminister Ramsauer macht derzeit nicht den Eindruck, an Tempo 50 rütteln zu wollen.

Auch bei den Lesern des Tagesspiegels ist Tempo 30 nicht auf große Gegenliebe gestoßen. Beim telefonischen Pro & Contra und der ebenfalls nicht repräsentativen Online-Abstimmung stimmte jeweils eine Mehrheit gegen Tempo 30. Die Diskussion werde häufig sehr emotional geführt, weiß Krey. Doch man müsse sich bewusst machen, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit in der Stadt ohnehin bei nur 25 km/h liege. Augenmerk auf den Verkehrsfluss zu legen, sei daher ebenfalls wichtig.

Nachtrag Partylärm

Bei unserer Recherche zum Partylärm in Berlin kam heraus, dass der traditionsreiche Knaack Klub in Prenzlauer Berg schließen muss. Wie beim SO36 in Kreuzberg und der Kalkscheune in Mitte gab es Probleme mit Lärm.

Nun hat das Lärm-Problem eine weitere Party-Location ereilt: Nach Anwohnerprotesten soll im Roten Salon in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz vorerst keine Livemusik mehr gespielt werden. Auflagen fordern, die Lärmbelästigung durch bauliche Maßnahmen zu reduzieren – eine teure Angelegenheit für die Betreiber. Konzerte sollen deshalb vorerst nicht mehr stattfinden, Partys jedoch weiterhin.

Von der Kreuzberger Admiralbrücke gibt es ebenfalls Neues zu berichten: Auch im nächsten Jahr will die Polizei dort die Nachtruhe ab 22 Uhr sichern, indem sie in den Abendstunden verstärkt vor Ort ist. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) will noch in diesem Jahr größere Behälter anbringen, um dem Müllproblem auf der Brücke entgegenzuwirken. Doris Wietfeldt von "Streit-Entknoten" berichtet von positiven Rückmeldungen der Anwohner auf die Mediation an der Admiralbrücke. Die Situation habe sich im Sommer verbessert – erste Entspannungen seien zu verzeichnen. Zur Zeit treffen sich 25 Personen, Anwohner, Nutzer, Musiker, Ordnungsamt, Polizei und Vertreter von Initiativen 14-tägig zu Gesprächen. Das Mediationsverfahren läuft bis Ende Dezember.

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