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Fest vor Anker. Der Blick aus der „Eastern Comfort“ geht direkt auf die Oberbaumbrücke. Edgar Schmidt von Groeling hat aus dem Kahn ein schwimmendes Hostel gemacht.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner an Bord (2): Schwimmende Betten

Edgar Schmidt von Groeling ist Self-made-Hotelier. Seine Häuser sind bei der Oberbaumbrücke vertäut: Schiffe, die er umbauen ließ.

Am liebsten trinkt er einen Aperol-Cocktail auf der Terrasse der Hochzeitssuite. Das Glas macht er nie bis zum Rand voll – kleine Sicherheitsmaßnahme. Denn meist brummt ein Ausflugsdampfer vorüber, dann beginnt um Edgar Schmidt von Groeling herum alles zu schwanken. Denn die Terrasse der Suite schwimmt, das ganze Hostel tut es.

Oft rauschen Motorboote vorbei mit Leuten an Bord, die seine Spree-Herberge neugierig beäugen. Das originellste Zimmer, die Hochzeitssuite, hat von Groeling gerade erst eingerichtet. Vorher lagerten hier im Heck Taue, jetzt blickt man von der Terrasse oder vom Futon aus über den Fluss. „Es ist großartig, auf dem Wasser zu wohnen“, sagt der 46-Jährige. Er selbst gönnt sich das seit 18 Jahren. Seit 2005 kann man dieses Erlebnis auch bei ihm buchen: Von Groeling ist Besitzer der Hostelschiffe „Eastern Comfort“ und „Western Comfort“ an der Oberbaumbrücke.

Vertäut hat er sie, je nach Himmelsrichtung im Namen, zu beiden Seiten von Berlins schönster Brücke. In aller Frühe ist der Blick von der „Western Comfort“ am Kreuzberger Ufer idyllisch. Dann glitzert die Spree in der Morgensonne. Am Abend ist die „Eastern Comfort“ am Friedrichshainer Kai der beste Aussichtspunkt. Nach einem heißen Sommertag versinkt der Sonnenball hinter den Weiden am gegenüberliegenden Ufer, der Fluss färbt sich zartrosa, eine Brise kommt auf. Hinter der East-Side-Gallery gehen die Lichter der O2-World an, über die Oberbaumbrücke zuckelt die U-Bahn, als fürchte sie, herunterzufallen. Das ist Schmidt von Groelings blaue Stunde. Dafür hat er all die Schwierigkeiten bewältigt, bis sein Traum vom Hotel auf dem Wasser Wirklichkeit wurde. Unbeirrbar hielt er daran fest, und nun sind sie Realität: zwei Schiffe, rund 40 Meter lang, acht Meter breit, mit Kojen und Kabinen auf drei Etagen.

Hotelier auf dem Wasser wurde Edgar Schmidt von Groeling in Etappen. Als junger Architekt kam er 1990 mit 26 Jahren nach Berlin. Damals habe er sich erst einmal „eine Bude“ in Wedding gesucht, erzählt der Unternehmer im bunten Sommerhemd. „Die war nicht schön und zu teuer.“ Also klapperte er Berlins Wagenburgen und Plätze für Dauercamper ab, fand die einen zu alternativ, die anderen zu spießig. Und entdeckte schließlich in der Hausboot-Kolonie am Landwehrkanal im Tiergarten, in Höhe des Charlottenburger Tors, die „African Queen“, einen heruntergekommenen kleinen Frachter. Es machte „klick“, da war er, sein Traum. Er kaufte die „African Queen“, baute sie zum Hausboot um – und lebte darauf 16 Jahre lang.

Als das Geschäft für Architekten um 2000 schlechter lief, machte er das Leben auf dem Wasser zum Beruf. Erst mal am Landwehrkanal, direkt neben seinem eigenen vertäuten Heim. Dorthin verlegte er ein früheres Arbeitsschiff der Wasserbehörde, das günstig zu haben war. Baute „schwimmende Hotelbetten“ für 14 Gäste und organisierte den Betrieb als One-Man-Show – vom Brötchenholen bis zu Stadtführungen. Besser hätte der Start nicht sein können. Sein Hotelschiff war ständig ausgebucht, das Erfolgsmodell musste vergrößert werden.

Aber wie sucht man einen geeigneten ausrangierten Dampfer? Er fragte Schiffsmakler, googelte Hafenbecken in Nordeuropa, um irgendwo einen eingemotteten Kahn zu entdecken, kurvte mit seinem Schlauchboot durch Häfen an der Nord- und Ostseeküste. In Wilhelmshaven lag ein Passagierschiff ohne Motor, zuletzt ein italienisches Restaurant, kurz nach der Wende gebaut. Ein Kahn, der nur mit Schubboot zu bewegen war. Schmidt von Groeling suchte im Taucheranzug den Rumpf nach Roststellen ab und entschied sich: Er kaufte das Schiff 2005, nahm für sein Projekt einen Kredit auf – und hatte „einen Berg neuer Probleme“.

Wie schleppt man ein drei Etagen hohes Schiff unter niedrigen Berliner Brücken durch zum neuen Liegeplatz an der Spree? Indem man das Oberdeck abschneiden und später wieder draufsetzen lässt. Dann folgte der Umbau zu einem Hostelschiff, das für junge Leute, aber auch für anspruchsvollere Gäste attraktiv sein sollte. Das kostete richtig, es gab nur eine Rettung: den Hotelbetrieb schnell in Schwung zu bringen. Anfangs, sagt er, habe er in der Wäschekammer geschlafen, mit wenigen Leuten alle Arbeit erledigt. Die Kalkulation ging auf: Die „Eastern Comfort“ und ihr Chef mit dem Panama-Hut als Markenzeichen sprachen sich herum. Gäste aus aller Welt gehören heute zum Stammpublikum. Es lief so gut, dass er 2008 ein zweites Schiff erwerben konnte und als „Western Comfort“ auf die Kreuzberger Seite legte.

Bisweilen bewohnt er selber auch mal eine Kabine mit seiner kleinen Familie. Leben und arbeiten auf dem Wasser – Edgar Schmidt von Groelings Traum ist seither rundum komplett.

Hostelschiffe Eastern & Western Comfort, Mühlenstraße 73, Tel. 66763806, www.eastern-comfort.com

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