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Wasserfläche ist genug da, sagen Schwimmer, nur werde sie nicht ausgenutzt.

© Doris Spiekermann-Klaas

Berliner Bäderbetriebe planen Tarifreform: Die neuen Schwimmbad-Preise: Früher, länger - günstiger?

Die Bäderbetriebe senken die Preise und wollen wieder attraktiver werden. Vom Versuch, aus der Krise zu kommen.

Dieses Jahr soll das Schwimmen in Berlin endlich wieder Spaß machen. Vor allem die Schwimmhallen sollen zu ihren Öffnungszeiten auch wirklich offen haben. Das war in den letzten Monaten häufig nicht der Fall. Und die Preise werden kundenfreundlicher, die Familienkarte und die Jahreskarte sollen weniger kosten, der Kurzzeittarif und der Warmbadezuschlag wegfallen, der Basistarif (3,50 Euro) schon ab 6.30 Uhr gelten. Diese „Änderungen an der Tarifsatzung“ befinden sich derzeit „im Genehmigungsverfahren“ und sollen nach Tagesspiegel-Informationen am 1. Februar gültig werden.

Die Bäderbetriebe wollen mehr Kunden anlocken, dazu ist auch eine Social-Media-Offensive geplant. Die Umsätze der Bäderbetriebe bleiben seit Jahren hinter den selbst gesteckten Zielen zurück, auch 2017 war kein gutes Jahr. Das lag zum einen am verregneten Sommer, zum anderen an Hallenschließungen wegen technischer Probleme oder Personalmangel. Der Krankenstand war 2017 außergewöhnlich hoch. Im Februar fielen 13,5 Prozent des Personals aus, im August waren es 10,4 Prozent. Selbst im öffentlichen Dienst liegt der Krankenstand normalerweise deutlich niedriger.

Krankenstand höher als sonst im öffentlichen Dienst

Die Bäderbetriebe erklären das mit einer ganzen Palette von Sonderfaktoren: Belastungen durch Schichtbetrieb und hohe Temperaturen plus hohe Luftfeuchtigkeit in den Hallen, durch einen hohen Geräuschpegel in den Freizeitbädern, durch „aggressive Kunden“ in den Sommerbädern. Auch die reine Aufsichtstätigkeit sei eine Herausforderung, da sie eine „hohe Vigilanz“ (Daueraufmerksamkeit bei eintöniger Reizfrequenz) erfordere. Für die Sportpolitiker der Fraktionen ist der hohe Krankenstand aber auch ein Indiz für schlechtes Personalmanagement.

Inzwischen habe sich die Lage entspannt, heißt es bei den Bäderbetrieben. Im Vergleich zum Vorjahr seien die Spontanschließungen bereits um 50 Prozent zurückgegangen, sagt Bädersprecher Matthias Oloew. „Derzeit fallen weniger als zwei Prozent der Wasserzeiten aus diesen Gründen aus.“

Bäderbetriebe stecken in einer tiefen Vertrauenskrise

Dennoch: Die Abgeordneten von Koalition und Opposition sind sich außergewöhnlich einig in ihrer Einschätzung, dass die Bäderbetriebe in einer tiefen Vertrauenskrise stecken. Anfang Dezember sollte die Geschäftsführung einen längeren Fragenkatalog des Hauptausschusses beantworten und den Wirtschaftsplan für 2018 vorlegen. Doch die Informationen blieben bruchstückhaft, der Ausschuss gab den üblichen Jahreszuschuss von 55 Millionen Euro nur unter Auflagen frei.

Andreas Scholz-Fleischmann ist Chef der Berliner Bäderbetriebe. Er folgte auf den Dänen Ole Bested Hensing, der lieber neue Bäder bauen wollte als alte zu sanieren.
Andreas Scholz-Fleischmann ist Chef der Berliner Bäderbetriebe. Er folgte auf den Dänen Ole Bested Hensing, der lieber neue Bäder bauen wollte als alte zu sanieren.

© Kai-Uwe Heinrich

Eigentlich war Rot-Rot-Grün 2016 angetreten, das von der rot-schwarzen Koalition beschlossene „Bäderkonzept 2025“ zu überarbeiten. Davon ist jetzt nicht mehr die Rede. „Erstmal geht es darum, den Bestand abzusichern und Verlässlichkeit zu schaffen“, sagt der Linken-Politiker Philipp Bertram. Ähnlich äußert sich sein CDU-Kollege Stephan Standfuß: „Wir geben immer mehr Geld aus und bekommen immer schlechtere Leistungen.“ 2016 waren Finanzmittel für 25 zusätzliche Stellen bewilligt worden, als Reserve für Krankheitsfälle, „doch offenbar reicht das nicht“.

Zeitplan für den Neubau von Bädern verzögert sich

Die FDP-Abgeordnete Sibylle Meister fordert eine Strukturreform. „Ich glaube, dass man aus dem Gemischtwarenladen raus muss“, die Bäderbetriebe sollten sich „zielgruppenorientierter aufstellen“, also Schul- , Vereins- und Freizeitschwimmen trennen. Wie das genau aussehen könnte, müsse man den Bäderbetrieben selbst überlassen. Wichtig sei vor allem ein „modernes Personalmanagement.“ Festhalten wollen die Abgeordneten am geplanten Neubau von zwei modernen Freizeitbädern in Pankow und Mariendorf, doch der Zeitplan hat sich erheblich verzögert weil es – anders als angenommen – auf den betroffenen Flächen gar kein Baurecht gibt.

In Mariendorf wurde jetzt die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen, Dauer: mindestens zwei Jahre. In Pankow sind sie noch nicht mal so weit, weil vorher zu klären ist, ob neben dem Bad auch eine Schule entstehen könnte und wie mit dem Besucherverkehr umgegangen werden soll. Bezirksbürgermeister Sören Benn nannte zuletzt ein „Zeitfenster von 2022 bis 2024“ für die Fertigstellung des Bades.

Mit dem Projekt "Bleib cool am Pool" wollen die Bäderbetriebe aggressive Jugendliche im Zaun halten.
Mit dem Projekt "Bleib cool am Pool" wollen die Bäderbetriebe aggressive Jugendliche im Zaun halten.

© Rainer Jensen/dpa

Zudem melden zwei weitere Bezirke dringenden Neubaubedarf an: Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf. In Treptow-Köpenick dauerte die Sanierung der Schwimmhalle im FEZ deutlich länger als geplant – 625 Stunden Schwimmunterrichtsstunden fielen aus, hat die Schulstadträtin Cornelia Flader (CDU) ausgerechnet. Anschließend schrieb sie einen Brief an die Senatsverwaltungen für Bildung, Stadtentwicklung und Sport und forderte eine neue Schwimmhalle. Bislang habe sie noch keine Antwort erhalten.

Petition für Öffnungszeiten von 6 bis 23 Uhr

Eine der besten Kennerinnen der Berliner Bäderlandschaft, die Schwimmbloggerin Bianca Tchinda, hat derzeit eine andere Agenda. Neubauten wären zwar schön, aber eigentlich nicht nötig, um die Engpässe beim Schul- und Vereinsschwimmen zu beheben. „Die vorhandene Wasserfläche wird nicht optimal genutzt.“ Tchinda hat eine Petition gestartet, alle 35 Hallenbäder durchgehend von 6 bis 23 Uhr zu öffnen. Und wenn Personal fehlt, um diese erweiterten Zeiten anbieten zu können, sollten einzelne Bäder am Wochenende Schwimmvereinen überlassen werden, die das Personal für die Aufsicht selbst stellen. Doch solche Alternativkonzepte scheiterten meist an den verkrusteten Strukturen der Bäderbetriebe.

Tchinda findet, dass ein klarer Neuanfang nötig wäre, ein Runder Tisch zur Lösung der Bäderkrise. Sie hat jüngst den „Verband der Bäderbesucher“ gegründet, der würde gerne mit am Tisch sitzen. Und was sagen die Bäderbetriebe zu den Plänen? „Das für die Wochenenden zur Verfügung gestellte Angebot reicht vollständig aus. Die am Wochenende geöffneten Bäder sind noch nicht ausgelastet“.

Die neuen Tarife

Nach derzeitigem Stand (Änderungen möglich) sollen die Tarife der Bäderbetriebe wie folgt geändert werden:

Jahreskarte Premium: 495 Euro (statt 539 Euro).

Familienkarte: Ab 9 Euro (statt 11,50 Euro) für zwei Erwachsene und maximal fünf Kinder. Künftig soll die Karte „Badespaß“ heißen, um „alle Formen der Gemeinsamkeit mit Kindern“ abzubilden.

Basistarif: 3,50 Euro, wie bisher, aber schon ab 6.30 Uhr (statt 10 Uhr) bis 15 Uhr.

Sondertarif für Ehrenamtler: Inhaber der Ehrenamtskarte zahlen in allen Standardbädern nur den Basistarif.

Kurzzeittarif (45 Minuten) und Warmbadezuschlag fallen weg. Die Mehrfachkarte für die Sommerbäder wird „regulärer Tarif“. loy

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