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Berliner CDU: Frust ohne Ende

Marc Wesser, der CDU-Fraktionschef in Steglitz-Zehlendorf gibt auf – im Zorn auf den designierten Landeschef Frank Henkel. Unterdessen wird an der Parteibasis die Forderung nach einer Mitgliederbefragung lauter.

Und wieder ein Rücktritt: Marc Wesser, Streiter für Schwarz-Grün in Steglitz- Zehlendorf, hört auf mit der Politik. Der Rechtsanwalt und Chef der CDU-Fraktion in der dortigen Bezirksverordnetenversammlung, hat sein Amt aufgegeben. In einer zorngeladenen Erklärung kündigt Wesser an, auch sein Mandat in der BVV aufzugeben.

Auf zweieinhalb Seiten erklärt der Politiker, der zu den Talenten der Südwest-CDU gehörte, warum ihm in der jüngsten Führungskrise der Glaube an die eigene Partei abhanden gekommen ist: „Die Wahl von Frank Henkel zur Doppelspitze der Union bedeutet nach meinem Empfinden – und wohl auch für die öffentliche Wahrnehmung – das vorläufige Ende des Konzepts der liberalen Großstadtpartei, für das ich inhaltlich in den vergangenen knapp zwanzig Jahren gekämpft und als Person gestanden haben“, schreibt Wesser. Dann kritisiert er, wie Henkel zum Kandidaten für das Amt des Landesvorsitzenden gemacht worden ist. An den Überlegungen der Perspektivkommission war, wie berichtet, der Ehrenvorsitzende Eberhard Diepgen beteiligt; Henkel nominierte Stellvertreterin Monika Grütters hatte sich mit ihrem früheren Förderer Klaus Landowsky beraten. Dazu schreibt Wesser: „Nun prägen nur noch Personen wie Frank Henkel, dessen politischer Mentor Frank Steffel, Ingo Schmitt und die Herren Landowsky und Diepgen das Bild der Berliner Union. Das alte West-Berlin ist gut sichtbar zurückgekehrt.“

Der CDU-Kreisvorsitzende Michael Braun bedauerte Wessers Rückzug. Die Berliner CDU müsse nun darauf hinarbeiten, dass Wessers negative Erwartungen nicht Wirklichkeit würden, so Braun. Als Nachfolger Wesser ist der Bezirksverordnete Torsten Hippe im Gespräch. Hippe hatte im Februar 2005 einen Eklat in der Bezirksverordnetenversammlung und einen heftigen Streit in der Berliner CDU provoziert, als es um das Gedenken zum 8. Mai und die deutschen Opfer des Zweiten Weltkriegs ging. Auf die Nähe seiner Thesen zu Positionen der NPD hatte er gesagt, er könne „nicht verhindern“, der NPD „in einzelnen Positionen“ nahe zu stehen. Wichtig sei, dass seine Ansichten auf einem anderen Fundament stünden. Parteifreunde ihm parteischädigendes Verhalten vor.

Hippe sagt heute, er gehöre mit Wesser zu Organisatoren der schwarz-grünen Zählgemeinschaft im Bezirk. Inhaltlich werde es keine Veränderungen an der Linie der CDU geben, wenn er Wessers Nachfolger werden sollte. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Christa Markl- Vieto hat keine Probleme mit dem CDU- Mann, der für seine Provokationslust bekannt ist. Hippe sei ein „Grenzgänger“, sagt die Grünen-Politikerin, und seine Grenzgänge hätten ihm schon mehr als einmal Probleme gemacht. Doch sei er gewiss kein Rechtsradikaler.

Unterdessen gewinnt die Forderung nach einer Mitgliederbefragung zum CDU-Landesvorsitz Anhänger an der Parteibasis. Die Mitte-Politikerin Tamara Zieschang hat über 300 Unterschriften unter einem Aufruf zur Erneuerung der Berliner CDU gesammelt, in dem eine solche Befragung gefordert wird; auch Wesser hat unterschrieben. Als erster Kreisverband hat sich jetzt die CDU Friedrichshain-Kreuzberg in einem Vorstandsbeschluss vom Montagabend dafür ausgesprochen. Laut CDU-Satzung kommt eine Mitgliederbefragung zustande, wenn vier von zwölf Kreisverbänden und eine absolute Mehrheit im Vorstand sie wollen.

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