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Grütters

© Tsp

Berliner CDU: Monika Grütters bangt um Bundestagsmandat

Wenn die CDU im Herbst alle West-Wahlkreise holt, säße Ingo Schmitt im Parlament - aber nicht die Spitzenkandidatin. Nach dem aktuellen Stand der Prognosen sieht es nicht gut aus für Monika Grütters.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Spitzenkandidatin der Berliner CDU für die Bundestagswahl, Monika Grütters, könnte ihr Parlamentsmandat verlieren. Denn nach dem aktuellen Stand der Meinungsumfragen stehen der Union in der Stadt sechs Sitze im Bundestag zu, die alle in den Wahlkreisen erobert werden. Die CDU-Landesliste käme in diesem Fall nicht zum Zuge. Nicht einmal der Platz 1, auf den Grütters im November von der Landesvertreterversammlung ihrer Partei gesetzt wurde.

Die Bundestagsabgeordnete, eine renommierte Kultur- und Bildungsexpertin, ist sich des Problems bewusst. „Es wäre falsch, eine solche Prognose aus reinem Zweckoptimismus heraus zu ignorieren“, sagte Grütters am Dienstag dem Tagesspiegel. Trotzdem entschlüpfte ihr ein Wort des Entsetzens: „Ach du grüne Neune!“ Sie will sich aber nicht beirren lassen, „in meinem Wahlkreis in Marzahn-Hellersdorf wieder einen engagierten Wahlkampf zu führen“. Allerdings hat die CDU-Frau, wie schon bei der Wahl 2005, dort keine Chance auf ein Direktmandat. Das entspricht auch der parteiinternen Einschätzung.

Denn seit 1998 wird Marzahn-Hellersdorf von der Linken-Politikerin und Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau regelmäßig erobert. Mit 16,2 Prozent der Erststimmen landete Grütters vor vier Jahren hinter der SPD auf Platz 3. Mehr dürfte auch in diesem Jahr nicht drin sein. Der CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel, der sich für seine künftige Stellvertreterin im Landesvorstand stets stark gemacht hat, war aus Krankheitsgründen nicht zu sprechen. Aus CDU-Kreisen verlautete aber, dass auch der Führungsriege der Union bekannt sei, dass ihre Spitzenkandidatin derzeit um das Bundestagsmandat bangen muss. Man will darüber aber nicht öffentlich diskutieren, zumal die Prognosen  bis zur Wahl am 27. September überholt sein können.

Der parteiunabhängige Wahlinformationsdienst „election.de“ aus Hamburg, spezialisiert auf Wahlkreisprognosen, sieht die Lage in Berlin derzeit so: In Steglitz-Zehlendorf, Neukölln und Tempelhof-Schöneberg kann die CDU mit großer Wahrscheinlichkeit mit Direktmandaten rechnen. Auch in Reinickendorf, Spandau und Charlottenburg hat sie die Nase vorn. Der SPD fiele nur Mitte und Pankow zu, den Grünen Friedrichshain-Kreuzberg und die Linke würde Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick erobern.

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa wiederum sagt für CDU und SPD in der Stadt zur Bundestagswahl ein Kopf-an- Kopf-Rennen (je 24 bis 26 Prozent) voraus. Gefolgt von der Linken (bis 20 Prozent), den Grünen (16 Prozent) und der FDP (10 Prozent). Christ- und Sozialdemokraten wissen aufgrund dieser Zahlen, dass keine der beiden Parteien mehr als sechs Mandate erringen kann. Bei der SPD könnten demnach auch Wahlkreisverlierer hoffen, über die Landesliste in den Bundestag einzuziehen. Dagegen müsste die CDU ihre Landesliste bei einem Triumph in allen „urwestlichen“ Wahlkreisen in den Mülleimer werfen.

Für den ehemaligen CDU-Landeschef Ingo Schmitt, der vor einem Monat von den eigenen Leuten abgestraft wurde und keinen Platz auf der Landesliste fand, wäre eine solche Situation späte Genugtuung. Sollte es ihm tatsächlich gelingen, im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf gegen die SPD-Kandidatin Petra Merkel zu gewinnen, säße Schmitt doch wieder im Bundestag. Und Grütters wäre wahrscheinlich draußen. Sie muss also darauf hoffen, dass die Berliner CDU weniger Wahlkreise erringt als zurzeit vorausgesagt oder die 30-Prozentmarke erreicht, um insgesamt mehr Bundestagssitze zu holen.

Einzigartig ist Grütters Problem übrigens nicht. Bei der Bundestagswahl 2002 hatte Christine Bergmann für die SPD im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf kandidiert. Bis dahin Bundesfamilienministerin und vorher Arbeitssenatorin in Berlin. Sie stand auf Platz 2 der SPD-Landesliste. Eine angeblich sichere Position. Aber die Wahl verlief für die SPD in Berlin so erfolgreich, dass sie alle neun Bundestagsmandate in den Wahlkreisen holte. Die Landesliste griff nicht – und auch Bergmann hatte in Marzahn-Hellersdorf gegen Petra Pau keine Chance.

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