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BERLINER Chronik SERIE: 15. August 1961 Jahre Mauerbau

Ost-Berliner demonstrieren Willy Brandt wird denunziert

Unter den Linden Ecke Friedrichstraße brechen mehr als 200 Demonstranten aus Protest gegen die Abriegelung der Grenze zum Brandenburger Tor auf. Volkspolizisten und Betriebskampfgruppen jagen die Menge auseinander, zahlreiche Personen werden festgenommen. In der Gaudystraße, Prenzlauer Berg, vertreiben Vopos einen Menschenauflauf. Anlass ist die Losung an einem Balkon: „Ulbricht raus – streiken!“

Der DGB und Vertreter der Arbeitgeber fordern den Boykott der Leipziger Messe und wirtschaftliche Sanktionen gegen den gesamten Ostblock. Die DDR-Regierung droht sofort, bei Aufkündigung des innerdeutschen Handelsabkommens wäre der Gütertransport nach West-Berlin gefährdet. Alle Güterwagen nach West-Berlin werden jetzt zum Kontrollpunkt Staaken geleitet, wo sie von Vopos und dem Ost-Zoll durchsucht werden. Im Westen vermutet man die Suche nach versteckten Flüchtlingen.

Das SED-Regime verschärft die Kontrollen an den Übergängen nach Ost-Berlin. West-Berliner müssen den Personalausweis abgeben, der bei der Ausreise wieder ausgehändigt wird. Sie erhalten einen „Kontrollschein“ mit dem Namen und einer Nummer. Offenbar sollen Fluchtversuche mit West-Ausweisen verhindert werden. Am Bahnhof Friedrichstraße wird Kreuzbergs Bürgermeister Willy Kressman als „unerwünschte Person“ zurückgewiesen. Er wollte bisherigen Grenzgängern die Löhne bringen.

Willy Brandt verlässt die Senatssitzung, weil ihm ein Zettel mit Wahlkampf- Äußerungen des Kanzlers hereingereicht wurde. Konrad Adenauer (CDU) hat ihn „Herrn Brandt alias Frahm“ genannt. Der SPD-Politiker, der sich den Namen Brandt während der Nazi-Zeit im Exil zulegte, bekundet später Verachtung für einen derart würdelosen persönlichen Angriff. Er sagt wegen der Lage in Berlin alle Wahlkampftermine ab. Brigitte Grunert

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