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BERLINER Chronik SERIE: 6. August 1961 Jahre Mauerbau

Will Ulbricht den Verkehr einengen? Ein Abgeordneter hat diese Vermutung

Ost-Berlin erlebt einen Tag der „Agitatoren- und Propagandistenkonferenzen". Führende SED-Funktionäre sprechen „vor Tausenden Agitatoren“ über Aufgaben „in der Periode der Vorbereitung des Friedensvertrages“. So äußert Horst Sindermann, Kandidat des ZK der SED, im Kabelwerk Oberspree: „Unsere Gegner brüllen jetzt laut auf. Für uns ist es das Zeichen, dass wir richtig getroffen haben, dass wir im Klassenkampf gegen die Monopolbourgeoisie Erfolge erreicht haben.“ Es sei die historische Pflicht der Arbeiterklasse, gegen den Militarismus zu kämpfen. Nur durch den Friedensvertrag könne der Militarismus gebändigt und „Westberlin als Frontstadt des kalten Krieges, als Dolch im Rücken des sozialistischen Lagers beseitigt werden“.

Die Anordnung, dass Grenzgänger, die in West-Berlin arbeiten, ab 1. August Mieten, Strom, Wasser, Gas und Gebühren in Westgeld bezahlen müssen, lobt Sindermann mit den Worten, es sei der „richtige Klassenstandpunkt, wenn wir von den Grenzgängern verlangen, dass sie das, was sie von den Klassenfeinden erlangen, wieder abliefern, so dass diese Mittel als Waffe gegen die Feinde der Arbeiterklasse verwendet werden können.“

Nach amtlicher Mitteilung wurden im West-Berliner Notaufnahmelager Marienfelde in den vergangenen zwei Tagen 3268 Flüchtlinge registriert. In der Woche vom 29. Juli bis zum 4. August waren es in Berlin, Uelzen und Gießen insgesamt 10 419, darunter 1141 unter 24 Jahre. Seit Januar sind 500 Ärzte und 1175 Lehrer geflüchtet. Der Berliner Bundestagsabgeordnete Johann Baptist Gradl äußert den Eindruck, dass „Ulbricht den Verkehr zwischen der Zone, Ost-Berlin und West-Berlin einengen will“, um die Fluchtwege zu versperren. Brigitte Grunert

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