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Berlin: Berliner Finanzkrise: Bloß nicht an den Bund klammern!

Er hoffe, "viel Neues zu erfahren", sagte Stadtentwicklungs-Senator Peter Strieder am Anfang. Aber wem fällt schon etwas Neues zur Situation der Berliner Finanzen ein?

Er hoffe, "viel Neues zu erfahren", sagte Stadtentwicklungs-Senator Peter Strieder am Anfang. Aber wem fällt schon etwas Neues zur Situation der Berliner Finanzen ein? Das gut besetzte Podium im Bären-Saal des Stadthauses, das am Freitag im Rahmen des Stadtforums über "strukturelle Antworten auf die aktuelle Finanzkrise" debattierte, dekuvrierte schon den Titel der Diskussion - er hieß: "Wege aus dem Abgrund" - als glatte Schönrednerei. Fazit nach drei Stunden: In der Berliner Lage gibt es keine Wege, bestenfalls steile Pfade, in Wahrheit aber nur die schier halsbrecherische Kletterei, die im Angesicht eines gähnenden Abgrunds versucht, der Stadt einen etwas festeren Stand zu sichern.

Sowohl der professoralen Weisheit wie dem Forscher-Wissen - vertreten durch den Finanzwissenschaftler Klaus-Dirk Henke von der Technischen Universität und Dieter Vesper vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung - stellte sich die Lage noch ein bisschen schlimmer dar als es gängige Erkenntnis ist. Henke prognostizierte jährliche Defizite in der Größenordnung von 5 Milliarden, Vesper lobte zwar die Sparanstrengungen, räumte aber ein, dass die öffentliche Finanzausstattung damit inzwischen auf ein Niveau gedrückt worden sei, das nicht mehr zu unterbieten sei. Aber so ähnlich war das bei Volkmar Strauch, der für das Stadtforum in das Thema eingeführt hatte, auch schon zu hören gewesen.

Zum Thema Online Spezial: Finanzkrise in Berlin Strauch wie Henke präsentierten auch Kataloge von notwendigen Maßnahmen - sechs Punkte der IHK-Geschäftsführer, knapp zwanzig der Finanzwissenschaftler. Keine General-Rezepte, versteht sich, stattdessen eine Fülle unterschiedlicher Empfehlungen: Verwaltungs-Verkleinerung, Sich-Zurückziehen des Staates auf Kernaufgaben, Versuch, durch Bildungsinvestitionen den Standort zu stärken - "Haben wir den langen Atem dafür?", fragte Strauch -, Kritik der öffentlichen Aufgaben. Dazu Hoffnungen auf einen aufgeschlosseneren Bund. Und: Es gibt zu diesen langfristigen Anstrengungen auf unterschiedlichen Feldern, wie Vesper dekretierte, "keine Alternative".

Einzig Volker Kröning, früherer Finanz-Senator in Bremen, brachte einen anderen, frischeren Ton in die Diskussion. Er verwies auf die Erfahrungen der schweren Finanzkrise, die die Freien und Hansestadt hinter sich gebracht hat, in der Diskussion - Ratschläge von Kellerkind zu Kellerkind sozusagen. Soll Berlin die extreme Haushaltsnotlage ausrufen, die den Bund zum (Finanz-)Herren der Stadt macht? Der Bremer, gebranntes Kind, riet "dringend" ab: "Haushaltsnotlage ja, extreme Notlage nein". Die Stadt dürfe sich nicht vor dem Nachtragshaushalt drücken: seine Verabschiedung sei ein wichtiges Signal. "Machen Sie ein Sanierungsprogramm", rief der heutige Bundestagsabgeordnete den Brüdern in der Misere zu. Das werde die Bereitschaft vergrößern, der Stadt von außen zu helfen.

Von Bremen lernen, heißt - folgt man Kröning - Übereinstimmmung suchen. Am Anfang der Krisenbewältigung habe eine Art Vertrag in der Bürgerschaft sowie mit Wirtschaft und Gewerkschaft gestanden - genannt, mit maritimem Zungenschlag, "Alle-Mann-Manöver". Überhaupt komme es darauf an, das stadtstaatlich-bürgerschaftliche Bewusstsein zu aktivieren. Aber ob diese Botschaft im Berlin von heute ankommt?

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