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Ex-Bundesverwaltungsrichter Stefan Paetow soll im Tegel-Streit schlichten.

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Update

Berliner Flughafen TXL: Senat beruft Spitzenjuristen als Gutachter

Ex-Bundesverwaltungsrichter Stefan Paetow soll den Senat als Gutachter in der Tegel-Frage beraten. Die FDP hält ihn für zu SPD-nah.

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Nach dem Volksentscheid für die Offenhaltung des Flughafens Tegel hat der Senat den Juristen Stefan Paetow als Gutachter berufen. Der Baurechtsexperte und frühere Bundesverwaltungsrichter soll „eine juristische Bewertung“ durchführen, dabei die Argumente verschiedener Akteure einbeziehen. Senatssprecherin Claudia Sünder weigerte sich aber, von einem „Schlichter“ zu sprechen.

Allerdings gilt Paetow fraktionsübergreifend als so unabhängig, dass es selbst in Senatskreisen hieß, als Gutachter werde er wohl schon dadurch „schlichtend“ wirken, dass er Positionen der TXL-Befürworter nicht unbeachtet lässt. Paetow bezieht ein Büro im Roten Rathaus und wird schließlich eine Empfehlung abgeben, auf deren Basis der rot-rot-grüne Senat und das Abgeordnetenhaus entscheiden sollen, was mit Tegel geschehen wird. Ende September hatten 56,4 Prozent der Wähler für den Weiterbetrieb des Flughafens auch nach der Eröffnung des BER-Airports gestimmt. Initiiert hatte die Wahl vor allem die FDP.

Ein Gutachter, kein Schlichter

Das Ergebnis passt den drei Flughafengesellschaftern – Berlin, Brandenburg, Bund – nicht, denn sie halten am Single-Airport BER fest. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte daraufhin die Idee eines Schlichters nebst Rundem Tisch nach dem Vorbild Stuttgart 21 erwogen. Nun soll Gutachter Paetow also kein Schlichter sein, auch weil FDP und CDU in der Opposition kompromisslos auftraten. Paetow war bis 2008 am Bundesverwaltungsgericht tätig, unter seiner Leitung genehmigten die Richter 2006 den Bau des BER bei Schönefeld. Heute ist Paetow ist 74 Jahre alt und erhält eine Aufwandsentschädigung. Wie lange er arbeite, sei nicht klar.

Der Volksentscheid ist rechtlich nicht bindend, zumal der Senat ohne die Brandenburger Landes- und zudem die Bundesregierung ohnehin nicht entscheiden darf. Rot-Rot-Grün kündigte an, den Wahlsieg der TXL-Befürworter aber insofern ernst zunehmen, als dass der Senat seine Verwaltungen bat, die Folgen einer Offenhaltung Tegels abzuschätzen. Der Senat sieht massive rechtliche und finanzielle Risiken, also Klagen und etwa Kosten für Lärmschutz und Sanierungen. In der CDU, FDP und AfD geht man allerdings davon aus, dass Berlin ohnehin bald nach der BER-Eröffnung einen Zweitflughafen bräuchte. Am 6. November gibt es eine gemeinsame Sitzung der Kabinette von Berlin und Brandenburg sowie eine Landesplanungskonferenz.

Opposition spricht von einer "Hinhaltetaktik"

Für die Opposition im Abgeordnetenhaus ist der Gutachter neue „Hinhaltetaktik“: CDU-Generalsekretär Stefan Evers sagte dem Tagesspiegel: Es gehe um die Umsetzung des Volksentscheids, „allgemeine Bewertungen des Sachverhalts“ habe es schon genug gegeben. Er zweifele am Willen der Koalition, die TXL-Offenhaltung möglich zu machen. „Schon mit Blick auf die Haushaltsberatungen klingt es für mich so, also ob der Senat auf den Volksentscheid pfeift.“ Die AfD bekräftigt ihren Wunsch nach einem Sonderausschuss. Paetow sei zwar ein „untadeliger Mann“, doch er solle sich nicht von „Rot-Rot-Grün für den durchsichtigen Versuch einspannen lassen, den Volksentscheid zu hintertreiben“. Man brauche eine Neuplanung des Flughafensystems.

Für FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja ist der Gutachtereinsatz ein „Spiel auf Zeit“. Müller sei das Tegel-Votum offenbar egal. „Einen Gutachter zu berufen, der sowohl Verbindungen zur SPD hat, als auch juristisch mit dem BER befasst war, ist ein Schlag ins Gesicht der Berliner Bevölkerung.“ Czaja spielt auf den Wunsch der SPD 2007 an, Jurist Paetow an den Berliner Verfassungsgerichtshof zu holen.

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