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Berlin: Berliner fordert 300 000 Mark Belohnung

Der kleine Mann ist zwar schüchtern, aber aufgebracht. "Das stimmt nicht", ruft er wütend.

Der kleine Mann ist zwar schüchtern, aber aufgebracht. "Das stimmt nicht", ruft er wütend. Rechsanwalt Axel Hodok nimmt die Empörung mit einem hintergündigen Lächeln zur Kenntnis. Sein Ziel ist erreicht: Der Kleine könnte dem Gericht als Komplize des Hintze-Entführers Sergej Serow erscheinen.

Was war passiert? Der kleine Mann heißt Frank L. und wohnt in Prenzlauer Berg in der Gaudystraße. Eine Wohnung unter ihm wohnt sein Halbbruder. In dessen vier Wänden hat der Hintze-Entführer Sergej Serow die Nacht vom 17. zum 18. November 1998 verbracht. Dies geschah auf Einladung des arbeitslosen Lokführers L. Der hielt den gesuchten Häftling nach eigener Darstellung für einen Flüchtling, der aus Polen über die grüne Grenze gekommen war und sich in Berlin verirrt hatte. Dabei war Serow am 14. November aus dem Potsdamer Gefängnis ausgebrochen. L. erkannte am Morgen des 18. November beim Blick in eine Zeitung, wen er da beherbergte. Er ging zur Post und rief die Polizei. Serow wanderte zurück ins Gefängnis.

Als er die Bilder des Entführers im Fernsehen sah, schöpfte der Berliner Student Venjamin Galius Hoffnung, etwas über das Schicksal seines Vaters zu erfahren. Der Computerhändler Alexander Galius war im Juni 1997 entführt und wahrscheinlich getötet worden. Die Spuren wiesen in Richtung Serow.

Dass Venjamin Galius gestern im Saal 135 des Landgerichts am Tegeler Weg mit Frank L. zu tun bekam, steht im Zusammenhang mit einer Belohnung "bis zu 300 000 Mark", die Galius junior nach der Flucht Serows ausgesetzt hatte. L. erhebt Anspruch auf die Belohnung. Sein Anwalt Gerd Stübing überreichte dem Gericht gestern einen Stapel Zeitungsartikel und drei Videobänder. Stübing will beweisen, dass Venjamin Galius die Belohnung verbindlich ausgelobt hat. "Wir fordern wenigstens 250 000 Mark", sagte der Jurist. Venjamin Galius will davon nichts wissen. Er habe einen Anwalt per Fax lediglich von der Möglichkeit einer Belohnung unterrichtet. Der Anwalt habe dann Pressemitteilungen an mehrere Zeitungen gefaxt. Doch in Fernsehinterviews soll Venjamin Galius von der Belohnung gesprochen haben. Der Vorsitzende Richter Jürgen Rühl will sich die Videobänder mit den Ausschnitten genau ansehen. Eine Entscheidung wird es laut Rühl nicht vor dem 25. November geben. Gestern schlug der Richter den Parteien vor, sich auf 150 000 Mark zu einigen. "Das ist Risiko ist Fifty-Fifty", sagte Rühl.

Michael Brunner

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