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Auf der Zielgeraden: Die bisherige Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers steht kurz vor der Ernennung zur neuen Generalstaatsanwältin.

© imago/Olaf Wagner

Berliner Generalstaatsanwaltschaft: Rot-Rot-Grün steht hinter Margarete Koppers

Der Senat will die Polizei-Vizepräsidentin heute zur neuen Generalstaatsanwältin ernennen. Aber es droht ein Rechtsstreit und die CDU fordert Regierungschef Müller auf, das Verfahren zu stoppen.

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Der Senat wird am Dienstag dem Vorschlag des Justizsenators Dirk Behrendt (Grüne) folgen und die Polizei-Vizepräsidentin Margarete Koppers zur neuen Generalstaatsanwältin ernennen. Während die Opposition dies scharf kritisiert, begrüßten die Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne am Montag die umstrittene Personalentscheidung. "Damit endet eine lange Hängepartie", sagte der SPD-Rechtsexperte Sven Kohlmeier dem Tagesspiegel. Er äußerte die Erwartung, „dass die Justizverwaltung die Stelle dann auch besetzen wird und sich nicht ein langes Klageverfahren anschließt“.

Denn auch in Koalitionskreisen wird davon ausgegangen, dass die unterlegene Mitbewerberin Susanne Hoffmann, zurzeit Abteilungsleiterin im Brandenburger Justizministerium, gegen den anstehenden Senatsbeschluss zugunsten Koppers klagen wird. Zwei Wochen hat sie Zeit, einstweiligen Rechtsschutz gegen die Stellenbesetzung einzureichen. Dem könnte ein langwieriges Gerichtsverfahren durch alle Instanzen folgen. Der Rechtspolitiker der Linken, Sebastian Schlüsselburg, rechnet mit einer solchen Konkurrentenklage. „Das muss man aushalten, das steht Frau Hoffmann selbstverständlich zu“, sagte er dem Tagesspiegel. Nur die Grünen-Fraktionschefs Antje Kapek und Silke Gebler sind fest davon überzeugt, dass der Justizsenator „dafür gesorgt hat, dass das Auswahlverfahren rechtssicher ist“.

Auswahlverfahren läuft seit 2015

Behrendt hatte die Neubesetzung des juristischen Spitzenamts am Freitag kurzfristig auf die Tagesordnung des Senats setzen lassen, nachdem ein Antrag der Gesamtfrauenvertretung vom Verwaltungsgericht abgelehnt wurde. Die Personalvertretung fühlte sich nicht ausreichend am Verfahren beteiligt. Die Richter sahen das anders. Die Staatssekretärskonferenz, die montags die Sitzung des Senats vorbereitet, winkte den Personalvorschlag des Justizsenators ohne Anmerkung durch. Mit dem Senatsbeschluss am Dienstag geht ein – seit November 2015 laufendes – Auswahlverfahren vorerst zu Ende, das noch vom Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) begonnen wurde.

Ob die Entscheidung zugunsten Koppers Bestand hat, ist derzeit nicht absehbar. Die Polizei-Vizepräsidentin bekam jedoch am Montag schon mal große Vorschusslorbeeren von Rot-Rot-Grün. Sie sei eine „ausgezeichnete Wahl“, eine „hochqualifizierte Juristin“, verwaltungserfahren und reformwillig, hieß es. Dass die Staatsanwaltschaft gegen Koppers, die Generalstaatsanwältin werden soll, im Zusammenhang mit der Schießstandaffäre ermittelt, sieht der Linken-Rechtsexperte Schlüsselburg „extrem entspannt“. In der Sache geht es darum, ob die Polizeiführung für die mutmaßliche Gesundheitsgefährdung von Polizeibeamten bei Schießübungen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann.

Für einen solchen Fall gebe es klare und bewährte Befangenheitsregelungen, sagte Schlüsselburg. Bei „persönlicher Betroffenheit“ dürfe die künftige Generalstaatsanwältin nicht an Entscheidungen mitwirken oder Weisungen erteilen, soweit es um Ermittlungen in ihrem Fall gehe. Die Staatsanwaltschaft beschäftigt sich mit diesem Thema seit eineinhalb Jahren, wann und mit welchen Ergebnis die Untersuchungen abgeschlossen werden, ist offen.

Marode Schießstände und kranke Beamte

Ins Rollen kam der Fall durch öffentliche Vorwürfe, wonach die Polizeiführung wissentlich die Gesundheitsgefahr in den Schießständen in Kauf genommen habe. Demnach sei es über Jahre bekannt gewesen, dass die Belüftungstechnik in den Schießständen nicht funktionierte oder fehlerhaft war.

Der Tatvorwurf lautet: Gesundheitsgefährdung im Amt und Körperverletzung. Bis vor kurzem ermittelte die Staatsanwaltschaft noch gegen Unbekannt. Anfang Juni aber erstatteten Beamte Strafanzeige gegen Koppers und den früheren Polizeipräsidenten Dieter Glietsch. Bislang, so verlautet aus der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Tagesspiegel, werde noch geprüft, ob ein Zusammenhang zwischen den giftigen Dämpfen in den maroden Schießständen und Erkrankungen von Beamten – Schießlehrer, SEK-Beamte, Personenschützer – tatsächlich bestehe.

Ergebnisoffene Ermittlungen

Dazu würden derzeit noch Zeugen befragt. Erst wenn dieser Zusammmenhang belegt sei, werde untersucht, ob und welche Verantwortung Koppers persönlich in der Affäre trägt.

Welche Folgen die Ermittlungen in der Schießstandaffäre für Koppers haben könnten, ist also noch nicht absehbar. Der CDU-Fraktionschef Florian Graf sieht jetzt sogar die „Möglichkeit, dass neue strafrechtlich relevante Ermittlungen gegen Frau Koppers eröffnet werden“. Außerdem habe sie nie als Staatsanwältin gearbeitet und verfüge nicht über die erforderlichen Qualifikationen für das wichtige Amt, schrieb der Christdemokrat am Montag in einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD). Hinzu kämen Fehler im Auswahlverfahren. Müller solle deshalb von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und die geplante Ernennung Koppers zur neuen Generalstaatsanwältin im Senat stoppen. „Berlin braucht eine handlungsfähige und tatkräftige Behörde“, schrieb Graf.

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