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Berlin: Berliner Grüne will in Bundesvorstand– mit geringen Chancen

Landesgeschäftsführerin Kirsten Böttner tritt gegen Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke an. Das erstaunt viele Parteifreunde

Von Sabine Beikler

Sie ist eine leidenschaftliche Organisatorin, die Strippenzieherin im Landesverband und eine resolute Frau: Am Sonnabend tritt die Grünen-Landesgeschäftsführerin Kirsten Böttner auf dem Bundesparteitag in Köln in einer Kampfkandidatur gegen die amtierende politische Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke an. Böttner will es wissen und ist von ihrem Erfolg überzeugt. Sie sei „nicht so naiv, nicht gewinnen zu wollen“, sagt sie. Ihren ungezügelten Optimismus aber teilen die wenigsten Parteifreunde – sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene.

„Die Unterstützung aus den Landesverbänden ist groß“, sagt die 43-Jährige dennoch unbeirrt. Sie habe viele positive Stimmen nach ihrer Kandidatur gehört. Es sei für sie an der Zeit, bei all ihren Erfahrungen und „Erfolgen in Berlin“ einen Karrieresprung zu machen. Böttner meint damit die vielen Wahlkämpfe, die sie schon mitgemacht und organisiert hat: von 1988 bis 1999 als Geschäftsführerin im Steglitzer Grünen-Kreisverband und seit 1999 als Landesgeschäftsführerin. Zu ihrer Kandidatur beflügelt worden ist sie nach dem guten Abschneiden der Grünen mit 13,1 Prozent bei der Abgeordnetenhauswahl.

„Ich nehme diese Kandidatur sportlich“, sagt die seit 2002 amtierende Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke. Mehr dazu möchte die 38-jährige Politikerin nicht sagen. Lemke zählt zum linken Flügel der Partei; sie gehörte zu den acht Grünen-Abgeordneten, die 2002 gegen eine Bundeswehr-Beteiligung im Kampf gegen den Terrorismus waren. Die Dessauerin war bei den sachsen-anhaltinischen Grünen aktiv, bevor sie 1994 in den Bundestag einzog, dessen Mitglied sie bis 2002 war. Die Ostdeutsche kann wie Böttner auf erfolgreiche Wahlkämpfe blicken wie zum Beispiel den Europa-Wahlkampf 2004, bei dem die Grünen mit 11,9 Prozent das bisher beste Ergebnis bei einer bundesweiten Wahl erlangten.

„Warum sollten wir das Pferd wechseln, wenn es dazu keinen Anlass gibt“, sagt eine Spitzenpolitikerin aus Baden-Württemberg zur bevorstehenden Wahl der Bundesgeschäftsführerin. An Lemkes Arbeit sei nichts auszusetzen. Bundesgeschäftsführer sollten „Hintergrundarbeit managen. Für die Außenvertretung gibt es die beiden Chefs.“ Baden-Württemberg schickt rund 80 Delegierte nach Köln.

Der mit rund 10 500 Mitgliedern stärkste Landesverband aus Nordrhein-Westfalen sendet 150 Delegierte nach Köln. „Mit großer Verwunderung“ habe man Böttners Kandidatur zur Kenntnis genommen, heißt es. Lemke habe „keine gravierenden Fehler gemacht und einen guten Wahlkampf hingelegt“. Und selbst die traditionell realpolitisch ausgerichteten bayerischen Grünen mit ihren 120 Delegierten wollen Lemke unterstützen. „Wir sind hochzufrieden mit ihr. Das Parteimanagement ist bei ihr gut aufgehoben“, sagt eine Spitzenpolitikerin.

Offiziell äußert sich von den Berliner Politikern nur der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele. „Wir unterstützen Steffi Lemke“, sagt der Grünen-Linke. Das sieht auch die Mehrheit des Berliner Linken-Flügels so. Der Landesverband sendet rund 75 Delegierte nach Köln. Dass die Berliner Grünen nach ihrem Wahlerfolg mehr Gewicht auf Bundesebene erhalten sollten, wird sogar parteiintern abgebügelt. Man habe doch schon mit Renate Künast, Wolfgang Wieland und Christian Ströbele einen guten Einfluss im Bund, heißt es.

Die Chancen für Kirsten Böttner stehen also schlecht. Aber wer weiß: Bei den Grünen ist man vor Überraschungen auf Parteitagen nie gefeit.

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