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Berliner Haushalt: "Wir müssen neue Kredite aufnehmen"

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit lehnt trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts drastische Einschnitte im Haushalt ab. Sein Finanzsenator Thilo Sarrazin dagegen warnte vor "Denktabus" beim erforderlichen Sparkurs.

Hamburg/Berlin - "Es geht nicht um eine Verschärfung des Sparkurses", sagte Wowereit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Er kündigte neue Kreditaufnahmen an. Nach dem Karlsruher Urteil lebte zugleich die Debatte um eine Neugliederung der Länder neu auf. Hessens Ministerpräsident Roland Koch und Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (beide CDU) schlossen sogar vorübergehende Finanzhilfen bei Länderfusionen nicht aus.

Er könne sich nicht vorstellen, dass der Berliner Senat weitere zwei Milliarden Euro aus dem laufenden Haushalt herausschneide, sagte Wowereit. "Also müssen wir neue Kredite aufnehmen." Trotz der angespannten Finanzlage wandte er sich gegen drastische Einsparungen in den Bereichen Kultur und Wissenschaft: "Wir schließen keine Oper und keine Universität und führen keine Studiengebühren ein." Der Regierende Bürgermeister bekräftigte zugleich, die Gebühren für Kindertagesstätten wie angekündigt streichen zu wollen. Auch den vom Bundesverfassungsgericht empfohlenen Verkauf von städtischen Wohnungen schloss er aus: Die SPD sei sich mit der Linkspartei einig, im Interesse der Mieter die Wohnungsbaugesellschaften zu behalten.

Finanzsenator Sarrazin sagte: "Natürlich stellen sich jetzt alle auf ihren jeweiligen Misthaufen und krähen: 'An diesen Misthaufen geht mir keiner ran. Das wäre der Tod der Stadt.'" Doch wenn nichts getan werde, sei dies "erst Recht der Tod für die Stadt", sagte er im RBB-Inforadio. Er bezeichnete es als "vertretbar", der Aufforderung des Verfassungsgerichts zu folgen und die Gewerbesteuer auf das Niveau anderer vergleichbarer Städte anzuheben. Sarrazin will am Montag in den Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei Vorschläge präsentieren.

Diskussion um Länderzusammenschlüsse

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts heizte auch die Diskussion um mögliche Zusammenschlüsse von Ländern neu an. Hessens Ministerpräsident Koch sprach sich im Nachrichtenmagazin "Focus" dafür aus, die Fusion von Bundesländern generell zu erleichtern. "Dazu gehört die Frage, ob es 'Heiratsprämien' für Länder gibt, die sich zusammenschließen", sagte Koch. Denn bisher stünden sie hinterher finanziell oft schlechter da als vorher. Auch Baden-Württembergs Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) kann sich eine finanzielle Unterstützung für den Zusammenschluss von Ländern vorstellen: "Einmalig könnte es eine Finanzspritze für die Fusion von Ländern geben."

Nach Ansicht von Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) spart die Zusammenlegung von Ländern kein Geld. "Durch Länderneugliederung sind die Finanzprobleme nicht zu lösen", sagte Müller der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Der Regierungschef bekräftigte, an der Klage seines Landes vor dem Verfassungsgericht auf weitere Finanzhilfen des Bundes festzuhalten.

Rüttgers für nationalen Stabilitätspakt

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) schlug einen nationalen Stabilitätspakt vor, der sich an den Maastricht-Kriterien orientiert. "Wir brauchen klare gesetzliche Vorschriften mit Sanktionen", sagte Rütters dem "Focus". Er kündigte eine Bundesratsinitiative an, um den Stabilitätspakt in der Verfassung stärker zu verankern. Über Länderfinanzen aber entschieden Länderparlamente und nicht der Bund, bekräftigte Rüttgers. (tso/AFP)

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