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Was hat die große Koalition in den letzten Jahren erreicht - und was nicht?

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Berliner Koalitionsvertrag im Realitätscheck: Was die große Koalition in fünf Jahren erreicht hat

In der Präambel des 100 Seiten dicken Koalitionsvertrags betonte 2011 Rot-Schwarz: „Wir wollen, dass Berlin reicher wird und sexy bleibt.“ Eine Bilanz.

Fünf Jahre große Koalition, fünf Jahre Michael Müller und Frank Henkel. Im Wahlkampf wirken die beiden häufig wie ein altes, zerstrittenes Ehepaar. Beziehungskrise hin oder her, für die letzte Legislaturperiode hatten SPD und CDU die Verantwortung für Gesetze und Reformen in der Hauptstadt. Was bleibt am Ende? Unsere Bilanz zu fünf Jahren "GroKo".

WIRTSCHAFT/ARBEIT

Vereinbart:
„Die Koalition stellt ihre Wirtschaftspolitik unter die Prämisse: gute, dauerhafte Arbeitsplätze für alle. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit hat für uns oberste Priorität bei der Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung und Ansiedlungspolitik. Unser Ziel ist es, die Menschen, die bislang von Transfereinkommen abhängig sind, in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Wir wollen die Anzahl der Empfänger von Lohnersatzleistungen in den nächsten fünf Jahren deutlich reduzieren.“

Erreicht:
Schaut man nur auf die wichtigsten Zahlen, gewinnt man den Eindruck, die Koalition hat ihr Ziel erreicht. So ist die Arbeitslosenquote von durchschnittlich 13,3 Prozent im Jahr 2011 auf durchschnittlich 10,7 Prozent im Jahresmittel 2015 gesunken. Mittlerweile liegt die Quote sogar unter der symbolisch wichtigen Marke von zehn Prozent, Tendenz weiter fallend. Zugleich nimmt die Zahl der Erwerbstätigen zu. Dabei haben die vielen Neuberliner in der Regel ein Jobangebot, Urberliner profitieren kaum vom Trend. Seit 2012 entstehen inBerlin schneller neue Jobs als im bundesweiten Durchschnitt. Allerdings ist höchst umstritten, wie groß der Beitrag der Landespolitik an dieser Entwicklung ist. Über viele Faktoren, die auf die Entwicklung der lokalen Wirtschaft Einfluss haben, wird auf Bundesebene und in Brüssel entschieden – oder die Politik hat so gut wie keinen Einfluss: Auf Chinas Krise oder Kapriolen an den Rohstoffmärkten zum Beispiel. Das Ziel, „Menschen, die von Transfereinkommen abhängig sind“, in Arbeit zu bringen, wurde nicht erreicht. Die Zahl der Sozialhilfeempfänger und Empfänger der sogenannten Grundsicherung ist gestiegen.

SICHERHEIT

Vereinbart:
„Wir werden für eine angemessene und moderne Polizeiausstattung sorgen. Wir setzen auf eine verbesserte Polizeipräsenz und werden die Zahl der Polizeivollzugsbeamten um 250 erhöhen. Die Gewalt gegen Polizeibeamte ist durch ein Landeslagebild zu erfassen. Wir begleiten den verstärkten Personaleinsatz der BVG durch erhöhte Polizeipräsenz. Polizisten müssen auf den Straßen Berlins – auch als Fußstreifen – deutlich sichtbarer werden. Wir müssen die Anstrengungen verstärken, Migranten den Weg in den Polizeidienst zu ermöglichen.“

Erreicht:
Die Zahl der Straftaten stieg in der Amtszeit von Innensenator Frank Henkel (CDU) erst langsam, dann rasant. 2015 gab es einen neuen Rekord mit 570000 Taten. Der größte Teil sind Delikte wie Taschendiebstahl, Fahrradklau und Schwarzfahren. Hier sind Polizei und Politik weitgehend machtlos. Henkel verweist lieber darauf, dass die Zahl schwerer Taten gesunken ist. Seit 2011 steigt die Zahl der Polizisten wieder, nachdem Rot-Rot zuvor massiv Stellen abgebaut hatte. Allerdings werden die Beamten für Großeinsätze gebraucht. „Wir haben weniger Polizisten in den Abschnitten als jemals zuvor“, so die Gewerkschaft der Polizei. Fußstreifen oder Kontaktbereichsbeamte sind weiter eine Rarität. In der BVG wurde die angestrebte Zahl der Einsätze in zwei Jahren übertroffen, in drei Jahren verfehlt. Die Zahl der Migranten unter den Auszubildenden ist deutlich gestiegen, ein Erfolg. Dagegen haben sich die Probleme bei der Ausstattung verschärft. Fast alle Schießstände sind gesperrt, darunter leiden Ausbildung und Training. Der Digitalfunk funktioniert immer noch nicht sicher. Die SPD blockiert die Einführung des Tasers. Und: Die Gewalt gegen Polizisten hat zugenommen.

Stadtentwicklung und Familienpolitik

Kitaplätze sind in Berlin immer Thema.
Kitaplätze sind in Berlin immer Thema.

© picture alliance / dpa

STADTENTWICKLUNG

Vereinbart:
„Berlin bleibt eine liebenswerte Stadt mit vielfältigen Kiezen und einer reichen Mischung von Menschen mit unterschiedlichem Einkommen und verschiedenster Herkunft. Wir stehen für nachhaltige Stadtentwicklung. Wir bekennen uns zum Erhalt der ,Berliner Mischung‘. Unser Anspruch ist es, Wirtschaftskraft und nachhaltige Stadtorganisation mit dem sozialen Zusammenhalt zu verbinden. Bezahlbares und attraktives Wohnen in der Innenstadt ist Grundlage dafür, dass Berlin eine Stadt für alle bleibt.“

Erreicht:
Mehr Soll als Haben lautet die Koalitionsbilanz in der Stadtentwicklung. Angekündigt war eine Internationale Bauausstellung (IBA) auf dem Flughafengelände Tegel sowie auf dem Tempelhofer Feld, das in dem Zuge dauerhaft mit Wohnhäusern bebaut werden sollte: Die IBA kippte der Senat, die Neubauten auf dem Feld ein Volksentscheid. Der – immer noch unvollendete – BER-Großflughafen sollte den Standort stärken, die Bürger sollten stärker beteiligt werden und genug Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung bereit stehen. Tatsächlich ist die Wohnungsnot so groß wie nie zuvor und der soziale Wohnungsbau trotz einer neuen Landesförderung nur eine Randerscheinung. Geklappt hat dafür die Steigerung der Zahl landeseigener Wohnungen sowie der erteilten Baugenehmigungen (durch Geld und Personal für die Bezirke). Auf der Habenseite außerdem: Der Kampf gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen, die Begrenzung von Mieterhöhungen vor allem im landeseigenen Wohnungsbestand sowie die Erarbeitung von Konzepten und Plänen für den Bau von Siedlungen wie beispielsweise in der Elisabeth-Aue oder auch am Rande des Mauerparks.

FAMILIENPOLITIK

Vereinbart:
„Unser Leitbild ist die kinder-, jugend- und familiengerechte Stadt. Das Kindeswohl steht im Mittelpunkt. Wir wollen, dass möglichst viele Kinder die Kita besuchen. Aus diesem Grund halten wir an den beitragsfreien Kitajahren bei gleichzeitiger Qualitätssicherung fest. In der Beitragsfreiheit sehen wir auch eine finanzielle Entlastung für die Familien. Wir werden Maßnahmen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs ergreifen.
Die Flexibilität der Kindertagesbetreuung soll erhöht werden, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.“

Erreicht:
Bei der Familienpolitik hat die Koalition ihre eigenen Ziele sogar noch überholt. Dies gilt vor allem für die Beitragsfreiheit: Auf Druck von SPD-Fraktionschef Raed Saleh wurde gesetzlich festgeschrieben, dass nach und nach die gesamten Kitagebühren entfallen und es dennoch Geld für die Qualitätsverbesserung gibt. Dies bedeutet: mehr Personal für die Kitas. Auch hier wurde das verkündete Ziel „Qualitätssicherung“ gewissermaßen übererfüllt, allerdings erst, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Berlin zu den Schlusslichtern bei der Personalausstattung gehörte. Angesichts der Spitzenposition Berlins beim Anteil armer und förderungsbedürftiger Kinder bekam der Personalmangel bei der Betreuung der Kleinkinder eine besondere Brisanz. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) punktete darüber hinaus damit, dass die Ausbildungskapazitäten für Erzieherinnen massiv ausgebaut wurden – auch damit setzte sie die Koalitionsvereinbarung um. Trotz der massiven zusätzlichen Nachfrage nach Kitaplätzen hielt sich der Kitaplatzmangel daher in Grenzen. Nicht erfüllt wurde das Ziel, die Attraktivität des Erzieherberufs zu steigern: Das Gehalt ist nicht konkurrenzfähig.

Finanzen und Nachhaltigkeit

In der Silbersteinstraße im Stadtteil Neukölln ist die Feinstaubbelastung im Stadtgebiet am höchsten.
In der Silbersteinstraße im Stadtteil Neukölln ist die Feinstaubbelastung im Stadtgebiet am höchsten.

© picture alliance / dpa

FINANZEN

Vereinbart:
„Höchste Priorität hat für die Koalition das Ziel der Haushaltskonsolidierung. Die Koalition wird die Regelungen zur Schuldenbremse einhalten. Mittel- und langfristig müssen die Einnahmen Berlins durch eine positive wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig gestärkt werden. Die Koalition wird ab 2016 keine zusätzlichen Kredite mehr aufnehmen und die Schuldenbremse einhalten. Wir werden die Verwaltung modernisieren, Nachwuchskräfte für den öffentlichen Dienst gewinnen und Personal verantwortungsbewusst reduzieren.“

Erreicht:
Das Versprechen der Haushaltskonsolidierung wurde eingehalten. Seit 2012 kommt Berlin ohne neue Schulden aus und es sieht so aus, als ließe sich dieser stabile Kurs fortsetzen. Ein Verdienst des Senats ist dies aber nur bedingt. Bei den öffentlichen Ausgaben werden die Zügel inzwischen wieder locker gelassen und dass der Landesetat schwarze Zahlen schreibt, ist vor allem der guten Konjunktur (also den hohen Steuereinnahmen), dem Bund-Länder-Finanzausgleich und den niedrigen Kreditzinsen zu verdanken. Außerdem spart Berlin seit Jahren bei den öffentlichen Investitionsausgaben. Auch wenn Geld da ist, wird es oft nur teilweise verbaut. Stark belastet wird der Haushalt nach wie vor durch hohe Sozialausgaben und, seit 2015, durch die Versorgung und Integration der Flüchtlinge.
Ein trauriges Kapitel ist die Berliner Verwaltung. Die Ämter und Behörden sind personell, organisatorisch und bezüglich ihrer IT-Ausstattung in einem schlechten Zustand. Zwar wird seit ein, zwei Jahren zaghaft gegengesteuert, aber bisher ohne spürbare Effekte. Die Verwaltungsreform bleibt ein Megaproblem.

NACHHALTIGKEIT

Vereinbart:
„Berlin soll bis 2050 zu einer klimaneutralen Stadt werden. In einem ersten wichtigen Zwischenschritt sind die CO2-Emissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent im Vergleich mit 1990 zu reduzieren, weitere Zielmarken für 2030 und 2040 werden wir festschreiben. Der Berliner Senat wird zur Erreichung dieser Ziele ein verbindliches Aktionsprogramm für eine zukunftsfähige Klimapolitik auflegen. Der öffentlichen Hand kommt eine Vorbildfunktion zu, die Koalition erarbeitet einen ,Masterplan CO2-neutrale Verwaltung‘.“

Erreicht:
Untätigkeit ist Rot-Schwarz nicht vorzuwerfen. Vieles wurde vereinbart – wenig aber umgesetzt. Das „Energiewendegesetz“ beschlossen Senat und Parlament im April2016 mit Zustimmung der Opposition. Auch einen Fahrplan für die Umsetzung der Klimaziele und der energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude vereinbarte der Senat. Die Abstimmung im Parlament aber fiel der wahlkampfbedingten Eiszeit zwischen SPD und CDU zum Opfer. Michael Schäfer (Grüne)lobt zwar den großen Konsens in der Enquetekommission des Parlaments, die 109 konkrete Empfehlungen zur Bewältigung des Klimawandels erarbeitete, darunter einstimmig den Kohle-Ausstieg, doch alle Umsetzungsschritte wurden in die nächste Wahlperiode verschoben. Der im Koalitionsvertrag versprochene „Masterplan CO2-neutrale Verwaltung“ steht weiter aus und der CO2-Ausstoß steigt sogar wieder, besonders im Verkehr. Daniel Buchholz (SPD) macht die wachsende Stadt dafür verantwortlich, hält das 40-Prozent-Reduzierungsziel bis 2020 aber für erreichbar. Das neue Stadtwerk, Ergebnis des drohenden Erfolgs eines Volksentscheids, ist wegen des SPD/CDU-Streits über dessen Aufgaben kaum handlungsfähig.

Schule und Kreatives Berlin

Erstmals wurde der Sanierungsbedarf aller Schulen einheitlich erfasst. Zu sehen ist hier die Judith-Kerr-Schule.
Erstmals wurde der Sanierungsbedarf aller Schulen einheitlich erfasst. Zu sehen ist hier die Judith-Kerr-Schule.

© Kai-Uwe Heinrich

SCHULE

Vereinbart:
„Wir wollen die beste Bildung für alle. Berlin braucht alle Talente und wird kein Kind zurücklassen. Die Koalition wird den weiteren Aufbau von Lebensarbeitszeitkonten beenden. Die wichtigste Voraussetzung für guten Unterricht sind gut und in ausreichender Anzahl ausgebildete Lehrer. Sie müssen durch eine hervorragende Ausbildung auf ihren Beruf vorbereitet werden. Die Koalition wird die Finanzierung der Ersatzschulen nach einem transparenten Finanzierungsmodell zu Schülerkostensätzen weiterentwickeln.“

Erreicht:
„Berlin wird kein Kind zurücklassen“, versprach die Koalitionsvereinbarung. Dieses Hauptziel wurde glatt verfehlt: Der Anteil der Schüler ohne Abschluss blieb gleich hoch bei rund zehn Prozent – trotz immenser Ausgaben für Ganztagsangebote in den neuen Sekundarschulen. Auch mit dem Personal klappte es nicht, weil nicht genügend Lehrer ausgebildet wurden. Hier liegt das größte Versäumnis, denn schon 2013 war ein Schülerzuwachs prognostiziert worden, sodass Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) spätestens dann hätte umsteuern müssen. Zum Schuljahr 2016/17 ist jeder dritte neue Lehrer ein Quereinsteiger. Allerdings muss man Scheeres zugutehalten, dass ein Teil des großen Bedarfs nicht erkennbar war, sondern bedingt war durch den Flüchtlingszuzug. Auf der Habenseite steht, dass es der Verwaltung gelang, mehr als 10000 Flüchtlingskinder in die Schulen zu integrieren. Und sie machte sich noch eine andere Aufgabe zu eigen, an die vor fünf Jahren niemand gedacht hatte: Erstmals wurde der Sanierungsbedarf aller Schulen einheitlich erfasst. Keinen Schritt weitergekommen ist die Verwaltung beim Ziel, die Finanzierung der freien Schulen weiterzuentwickeln.

KREATIVESBERLIN

Vereinbart:
„Kunst, Kultur und die Kreativszene gehören zu den zentralen Grundressourcen der Stadt. Sie machen Berlin national und international zum zentralen Ort aktueller Kunstentwicklungen. Kunst und Kreativwirtschaft sind für Berlin wichtige Standortfaktoren geworden. Sie tragen wesentlich zum sozialen Zusammenhalt bei und sind ein zentraler Beschäftigungs- und Wirtschaftssektor in Berlin. Die Koalition wird diese einzigartige Kulturlandschaft weiterentwickeln.“

Erreicht:

Alle reden nur über den einen: Chris Dercon. Seit Michael Müller von Klaus Wowereit auch das Amt des Kultursenators sowie Tim Renner als Staatssekretär übernahm, ist die Personalie in aller Munde. Der Museumsmann als Castorf-Nachfolger an der Volksbühne? Der Streit hält bis heute an. Staatsballett-Protest gegen Sasha Waltz als Intendantin, Peymann-Poltern wegen Entlassungen zum Amtsantritt seines Nachfolgers Reese – so ist das, wenn Müller und Renner die Kultur zukunftsfit machen, aber an den Häusern zu wenig fürs Neue werben. Die unstrittigen Erfolge seit 2011: Shermin Langhoff am Gorki-Theater (geht aufs Konto von Wowereit und dem damaligen Staatssekretär André Schmitz). Matthias Schulz als Kronprinz an der Staatsoper. Engagement fürs Humboldt-Forum. Der mitreißende Paul Spies als Berlin-Mastermind im Schloss und Chef des Stadtmuseums. Etataufstockung: 400 Millionen Euro. Mehr Geld für die Freie Szene. Die Baustellen? Die Staatsoper, die Kulturforums-Brache – und die Frage, wie die Kultur besser fährt, beim Regierenden oder mit einem eigenen Senator. Die Flops: Wowereits Träume von der Kunsthalle und einer neuen Landesbibliothek sind passé.

Integration und Hauptstadt Berlin

Bei der Integration von Geflüchteten steht Berlin vor einer großen Aufgabe.
Bei der Integration von Geflüchteten steht Berlin vor einer großen Aufgabe.

© dpa

INTEGRATION

Vereinbart:
„Leitbild unserer Politik ist die Weiterentwicklung Berlins zur europäischen Integrationsmetropole. Integrationspolitik ist für uns eine wichtige Querschnittsaufgabe, die alle Politikbereiche umfasst. Der Weg im Umgang mit Zuwanderung hin zu einer Kultur der Anerkennung wird fortgesetzt. Unser Ziel ist eine soziale und wirtschaftliche Integration und Partizipation aller Bevölkerungsgruppen in Berlin.

Wir werden eine Willkommenskultur etablieren, die den Zuwanderern zeigt, dass sie in Berlin erwünscht und gewollt sind.“

Erreicht:
Von einer europäischen Integrationsmetropole ist Berlin noch weit entfernt. Mit so vielen Flüchtlingen hatte 2011/2012 noch niemand in der Koalition gerechnet. Erst 2014 war eine Massenbewegung aus den internationalen Krisenherden in Richtung Europa absehbar. Der Senat hatte schnell reagiert und Container bestellt. Sozial- und Finanzverwaltung arbeiteten gut zusammen, um Standorte für Flüchtlingsunterkünfte zu akquirieren. Doch das Chaos vor dem Lageso bekam die Verwaltung lange nicht in den Griff. Erst im Mai hat der Senat einen Masterplan Integration und Sicherheit verabschiedet. Als Folge wurde im August das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten in der Bundesallee eröffnet. Eine „Integration vom ersten Tag an“, wie Integrationssenatorin Dilek Kolat beschrieb, ist endlich angelaufen. Das Land bietet an den Volkshochschulen Deutsch- oder Alphabetisierungskurse an, Integrationslotsen und Stadtteilmütter mit Migrationshintergrund begleiten Familien, und Projekte wie Arrivo vermitteln Flüchtlinge an Handwerksbetriebe. Wohnungen für Flüchtlinge sind nach wie vor Mangelware. Diese gehören aber zu einer Integration und einer Willkommenskultur.

HAUPTSTADT BERLIN

Vereinbart:
„Berlin ist Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Die Repräsentation des Gesamtstaates in Berlin erfordert ein besonderes Engagement des Bundes in Berlin und eine gemeinsame Anstrengung bei der Umsetzung der entsprechendenAufgaben. Die Bemühungen um eine vollständige Verlagerung des Regierungssitzes nach Berlin und die entsprechende Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes werden weiter geführt. Die vollständige Erstattung der hauptstadtbedingten Aufwendungen durch den Bund wird angestrebt.“

Erreicht:
Es gab viele Gespräche zwischen dem Bund und Berlin, aber herausgekommen ist dabei nichts. Eigentlich sollte der neue Vertrag zur Hauptstadtfinanzierung, über den seit November 2015 verhandelt wird, im Frühjahr dieses Jahres fertig sein. Aber nun liegt er auf Eis. Der nächste Senat muss mit der Bundesregierung weiter verhandeln, damit die – für Berlin sehr wertvolle – Vereinbarung rechtzeitig vor dem Bundestagswahlkampf 2017 unterschrieben werden kann. Der geltende Vertrag, der Ende 2017 ausläuft, bringt Berlin jährlich rund 450 Millionen Euro. Als Ausgleich für Sicherheitsaufgaben von Polizei und Feuerwehr, als Zuschuss für die hauptstädtische Kultur und für diverse Verkehrsprojekte. Beim Anschlussvertrag soll für Berlin noch mehr rausspringen. Aber nicht mehr in dieser Wahlperiode.
Der von Berlin geforderte Umzug der restlichen Bundesministerien aus Bonn in die Hauptstadt ist auch so ein Dauerthema. Bundesbauministerin Barbara Hendricks (SPD) will noch im laufenden Jahr einen Bericht zur künftigen Arbeitsteilung zwischen Bonn und Berlin vorlegen. Ein schneller Komplettumzug ist aber nicht in Sicht.

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