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Berliner Odyssee: Für die Roma läuft die Frist ab

Die Rumänen, die zwischenzeitlich im Kreuzberger Bethanien wohnten, sind seit Freitag im Asylbewerberheim in Spandau untergebracht. Doch dieses Angebot gilt nur bis Ende der Woche. Offen ist, wo die Roma danach unterkommen sollen.

Vor mehr als zwei Wochen begann die Berliner Odyssee der Rumänen, die zunächst im Görlitzer Park campierten, dann im Bethanien unterkamen, eine Kreuzberger Kirche besetzten und seit Freitag im Asylbewerberheim in der Motardstraße in Spandau untergebracht sind. Dennoch hat sich bislang keine Stelle auf Landes- oder Bezirksebene klar verantwortlich erklärt, und auch der zukünftige Verbleib der etwa 100 Roma ist weiter offen.

Am Mittwoch schoben sich Senat und Bezirke weiter gegenseitig die Verantwortung für die Übernahme der Unterbringungskosten in dem Asylbewerberheim der Arbeiterwohlfahrt (AWO) zu. Martin Matz, Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit in Spandau, sagte: „Wir halten uns da zunächst mal raus. Wir haben keine Berührungspunkte mit unseren Zuständigkeiten erkennen können.“ Es bestünden bei den Roma keine Ansprüche auf Sozialleistungen, da die Rumänen weder einen festen Wohnsitz noch eine Arbeitserlaubnis in Deutschland haben. Lediglich Rückkehrhilfe könnten sie erhalten, dies würden die Familien offensichtlich nicht wünschen.

Diese Einschätzung teilen nach Aussage von Martin Matz auch die Leiter der Sozialämter anderer Bezirke. Die Senatsverwaltung für Soziales sieht die Bezirke hingegen sehr wohl in der Pflicht. Diese seien für die Unterbringung ausländischer Obdachloser zuständig, sagte die Sprecherin der Sozialsenatorin, Anja Wollny. Man erwarte, sich bald zu einigen. Die Opposition verurteilte das Gerangel. Volker Ratzmann, Fraktionschef der Grünen, sprach von einem „peinlichen Ping-Pong-Spiel zwischen Senat und Bezirken“. Er hält es für die Aufgabe des Senats, hier eine Lösung zu finden.

Wie schon in der vergangenen Woche bleibt die Last bei denen, die sich ganz konkret um die Versorgung der Roma kümmern müssen. Nach dem Pfarrer der Kreuzberger St. Marien-Liebfrauenkirche ist nun das von der Arbeiterwohlfahrt betriebene Asylbewerberheim in der Motardstraße an der Reihe. Dessen Leiterin, Marlies Baier, hatte am Mittwoch vollauf mit dem Beantworten von Presseanfragen zu tun. Zwei ihrer Mitarbeiter waren mit dem Ausstellen der Heimausweise beschäftigt. Eine feste Zusage, wer die Kosten für die einquartierten Rumänen übernehmen werde, hatte das Heim nach der Aussage von Baier am Mittwoch noch nicht. Anja Wollny betonte allerdings, die Sozialverwaltung werde ihre Verträge mit der AWO erfüllen und sich mit den Bezirken einigen. Die Aufnahme in dem Spandauer Heim war vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) veranlasst worden.

Des Weiteren ist fraglich, wo die Roma in der nächsten Woche untergebracht werden. Das Angebot in Spandau sei bis zum Ende der Woche befristet, sagte Anja Wollny. Morgen sollen Mediatoren zum Einsatz kommen, um den rumänischen Familien diesen Umstand noch einmal zu verdeutlichen. Eine Abschiebung kann und wird es wahrscheinlich nicht geben. Zwar sind die Touristenvisa der Rumänen formal auf drei Monate befristet.

Da aber die Grenze zu Rumänien offen ist, ist der Einreisezeitpunkt und damit ein Fristende kaum zu bestimmen. Einen Polizeieinsatz will die Sozialsenatorin ohnehin in jedem Fall vermeiden. Vielmehr solle versucht werden, den Roma einen selbstständigen Aufenthalt ohne weitere Hilfsangebote zu ermöglichen. Mehr als Beratung könne man in diesem Fall nicht leisten, betonte Anja Wollny noch einmal. Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, forderte hingegen den Senat auf, für eine „menschenwürdige Unterkunft der Roma-Familien zu sorgen“. Dann solle man den Aufenthaltsstatus der Roma prüfen. Demokratische Staaten hätten eine besondere Verantwortung gegenüber Minderheiten wie den Roma, die dem nationalsozialistischen Terror ausgesetzt gewesen seien.

Sollten die Roma tatsächlich länger in Deutschland bleiben, könnte sich auch die Frage der Schulpflicht der Kinder stellen. Für ausländische Kinder, die sich „voraussichtlich dauerhaft im Land Berlin aufhalten“ besteht nach Auskunft der Bildungsverwaltung die Schulpflicht. In der Regel gilt dies aber vor allem für die Kinder Asylsuchender. as/fat/sib/sve

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