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Im Schilderwald. Wer die Regeln kennt, behält die leichter Übersicht.

© Christian Müller - Fotolia

Berliner Polizei erklärt Verkehrsregeln (3): Sicher auf der Straße! Was Autofahrer, Radler und Fußgänger wissen sollten

Wer im Berliner Straßenverkehr unterwegs ist, muss auch schwierige Fragen schnell beantworten können – sonst wird’s gefährlich. Hier werden weitere Regeln erklärt und Leserfragen beantwortet.

Aller guten Dinge sind drei – und die Verkehrsregeln zu kennen, ist gut. Deshalb beantwortet der Tagesspiegel auf dieser Seite zum dritten Mal Fragen, die Leser gestellt haben. Viele beruhen auf persönlichen Erfahrungen mit Situationen, die als heikel oder gefährlich empfunden werden – weil sie es tatsächlich sind oder weil einfach nicht klar ist, was für wen gilt. Wir haben die Fragen von der Polizei beantworten lassen. Die Antworten geben naturgemäß die Regel wieder, aber nicht die Ausnahme, die vielleicht an einem ganz konkreten Ort gilt, weil es dort nicht anders geht. Dort hilft auch künftig nur, rechtzeitig an Paragraf  1 der Straßenverkehrsordnung zu denken, also vorsichtig und rücksichtsvoll zu sein. Jeder kennt diesen Paragrafen – viele ignorieren ihn. Wenn immer alle alles richtig machen würden, gäbe es kaum einen der 130 000 Verkehrsunfälle pro Jahr allein in Berlin. Aber wer selbst die Regeln kennt und anderen auch mal einen Fehler nachsieht, ist in jedem Fall auf der sicheren Seite.

42. An manchen Kreuzungen ist die Haltelinie auf der Linksabbiegerspur um einige Meter zurückgesetzt, um Platz für einbiegenden Querverkehr frei zu halten. Was tut man, wenn man verkehrsbedingt in diesem Bereich warten muss, während die Ampel rot wird: Bleibt man zwischen Haltelinie und Ampel stehen und behindert eventuell einbiegende Busse und Lkw, oder räumt man noch schnell den Fahrstreifen?

Wer nach Umschalten der Ampel auf Rot zwar die vorgezogene Haltlinie passiert hat, aber noch nicht in den eigentlichen Kreuzungsraum eingefahren ist, muss dort auf erneutes Grün warten. Nur wer direkt im Kreuzungsbereich aufgehalten wird, darf diesen nach dem Farbwechsel noch vorsichtig und unter sorgfältiger Beachtung des Gegen-/Querverkehrs verlassen. Allerdings ist es auch bei Grün verboten, in eine Kreuzung einzufahren, wenn auf ihr gewartet werden müsste.

43. Muss am Ende einer Spielstraße grundsätzlich die Vorfahrt des querenden oder entgegenkommenden Verkehrs (auch Linksabbieger) beachtet werden? Falls ja, woran erkennt z. B. der von links kommende Fahrer, dass er nicht auf das für ihn von rechts aus der Spielstraße kommende Fahrzeug achten muss?

Wer beispielsweise aus einem Grundstück, einer Fußgängerzone oder einem verkehrsberuhigten Bereich („Spielstraße“) auf eine Straße einfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Insofern kann beim Verlassen solcher „nachgeordneten“ Bereiche keine Vorfahrt in Anspruch genommen werden. Indiz hierfür kann beispielsweise ein zu überfahrender abgesenkter Bordstein sein. Bei Zweifeln oder unklarer Lage muss auch der Vorfahrtberechtigte vorsorglich besondere Sorgfalt walten lassen.

44. In Straßen mit Schrittgeschwindigkeit (verkehrsberuhigter Bereich): Welches Tempo wird für Autofahrer sowie für Radfahrer toleriert? Toleriert die Polizei, wenn in diesen Straßen Radfahrer schneller fahren als Autofahrer? Hintergrund dieser Frage: Ein mit 20 km/h fahrender Radler ist weniger gefährlich als ein mit 7–10 km/h fahrender Pkw (Masse, Größe der Aufprallfläche, visuelle und akustische Einschränkung des Autofahrers).

In verkehrsberuhigten Bereichen dürfen alle Fahrzeugführer – also auch Radfahrer – maximal mit Schrittgeschwindigkeit (10 km/h) fahren. Besondere Toleranzregelungen für Radfahrer gelten in der Regel nicht. Unter Berücksichtigung der auf allen Straßen Berlins zugestandenen Geschwindigkeitstoleranz von 5 km/h zuzüglich einer Messgerätetoleranz von 3 km/h werden bei der polizeilichen Verkehrsüberwachung erst Fahrgeschwindigkeiten ab einem Mindestmesswert von 19 km/h verfolgt.

45. Vor einer Ampel ist die linke Spur als Linksabbiegerspur markiert und die rechte als Rechtsabbiegerspur. Die mittlere Spur hat keine Markierung. Dürfen Fahrzeuge aus der mittleren, nicht gekennzeichneten Spur links abbiegen? Und auf welcher Spur müssen links abbiegende Radfahrer sich aufstellen?

Ja, das ist grundsätzlich zulässig. Radfahrer dürfen ebenfalls „direkt“ auf der Fahrbahn nach links abbiegen, sie haben sich dann rechtzeitig einzuordnen. Sofern genügend Platz vorhanden ist, sollen sie sich auf dem linken oder mittleren Fahrstreifen (falls auch von dort nach links abgebogen werden darf) rechts neben den abbiegenden Kfz aufstellen oder einordnen, sonst vor oder hinter diesen. Alternativ dürfen Radfahrer „indirekt“ nach links abbiegen: Anstatt sich zwischen den Kfz auf der Fahrbahn einzuordnen, überqueren sie die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus.

46. Durch welches Verhalten können die häufig so folgenschweren Verkehrsunfälle zwischen nach rechts abbiegenden Kraftfahrern und parallel geradeaus fahrenden Radfahrern verhindert werden?

Wer nach rechts abbiegen will, muss Radfahrer, die auf oder neben der Fahrbahn parallel geradeaus fahren wollen, durchfahren lassen. Viel zu häufig muss jedoch beobachtet werden, dass abbiegende Kraftfahrer ihre Rückschaupflicht („Schulterblick“) vernachlässigen und sich stattdessen oft unaufmerksam und sorglos verhalten. Fatalerweise vertrauen und bestehen Radfahrer in gleichem Maße „blind“ auf ihren Vorrang. Sowohl der Abbiegende als auch der Geradeausfahrende können zur Vermeidung von Verkehrsunfällen deshalb beitragen, indem sie durch Blickkontakt eine wechselseitige Wahrnehmung signalisieren und sich im Zweifelsfall defensiv verhalten. Allein ein kurzer aufmerksamer Blick des Radfahrers nach links zur Fahrbahn und Bremsbereitschaft unmittelbar an jeder Kreuzung/Einmündung kann nahezu jeden Abbiegeunfall verhindern.

47. Ich stehe mit dem Auto an der Kreuzung bei roter Ampel und blinke rechts. Ein Radfahrer zwängt sich rechts neben mich, will geradeaus fahren. Darf er das? Und wer hat dann Vorfahrt?

Nur wenn ausreichender Raum vorhanden ist, dürfen Rad- oder Mofafahrer Fahrzeuge, die auf dem rechten Fahrstreifen warten, rechts überholen – mit besonderer Vorsicht. Beim Anfahren müssen die Rechtsabbieger stets den Vorrang der Geradeausfahrenden beachten.

48. - 57.: Was tun im Kreisverkehr? Und wann darf man hupen?

48. Im Kreisverkehr haben im Kreis bleibende Radfahrer und Fußgänger Vorrang vor Fahrzeugen, die den Kreis verlassen. Ausnahme sind Radwege mit Vorfahrt-beachten-Zeichen vor den Ausfahrten. Was gilt in diesem Fall für Fußgänger, die im Kreis bleiben, also eine Ausfahrt überqueren?

Wer den Kreisverkehr verlässt, biegt nach rechts ab und muss den Vorrang beispielsweise von Radfahrern und Fußgängern, die auf oder neben der Fahrbahn in gleicher Richtung fahren oder gehen, beachten.

49. Häufig gibt es an Kreuzungen jetzt eine gestrichelte Linie, die eine kurze Radspur vor der Kreuzung abtrennt (mit einem Fahrradsymbol auf der Straße). Oft stehen Autos auf diesem Streifen, so dass man als Radfahrer nicht ganz an die Kreuzung heranfahren kann. Dürfen die Autofahrer das?

Bei solch einer „kurzen Radspur“ handelt es sich um einen sogenannten aufgeweiteten Radaufstellstreifen mit vorgezogener Haltlinie für Radfahrer. Grundsätzlich gibt es keine Regelung, die das Benutzen dieser Spur durch andere Fahrzeugführer verbietet. Dieser Bereich sollte aber aus Gründen der Verkehrssicherheit ständig frei gehalten werden, damit sich Radfahrer bei Rot vor den wartenden Kraftfahrzeugen versetzt aufstellen können und so im ständigen Blickfeld insbesondere abbiegender Fahrzeugführer sind.

50. Wie verhalte ich mich richtig, wenn ich Einsatzfahrzeuge, z. B. von Feuerwehr oder Polizei, mit eingeschalteten Sondersignalen wahrnehme?

Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn bedeuten stets höchste Eile und größte Gefahr. Für alle übrigen Verkehrsteilnehmer besteht die Pflicht, solchen Einsatzfahrzeugen sofort freie Bahn zu schaffen. Dabei sollte nicht in Panik verfallen werden, sondern in aufmerksamer Ruhe zunächst geprüft werden, woher die Signale kommen, in welche Richtung sich die Einsatzfahrzeuge bewegen und wie viele es sind.

In der Regel ist es nicht sinnvoll, sofort unmittelbar abzubremsen und an Ort und Stelle zu halten. Richtiger ist es meist, den Fahrweg der Einsatzfahrzeuge zu beobachten und durch Ausweichmanöver nach rechts beziehungsweise bei mehreren Fahrstreifen nach rechts und links eine freie Gasse zu bilden. In jedem Fall sollten Fahrzeugführer immer den Blinker setzen, um den Einsatzfahrern anzuzeigen, in welche Richtung man Platz schaffen will. Außerdem ist unbedingt auf Radfahrer und Fußgänger zu achten. An Kreuzungen und Einmündungen ist es durchaus üblich, dass Einsatzfahrzeuge bei rotem Ampellicht vor dem Überqueren fast zum Stillstand kommen oder kurz anhalten. Dies dient der Gefahrenvermeidung und Orientierung. Es darf andere Verkehrsteilnehmer nicht dazu verleiten, ihre Wartepflicht aufzugeben.

51. Wann darf innerhalb geschlossener Ortschaften gehupt werden?

Schallzeichen darf nur geben, wer sich oder andere gefährdet sieht.

52. Was müssen Radfahrer auf Gehwegen mit dem Zusatzschild „Radfahrer frei“ beachten?

Ein solches Zusatzzeichen erlaubt das Radfahren nur in die Richtung, für die es erkennbar aufgestellt ist. Auf Fußgänger ist besondere Rücksicht zu nehmen, was in der Regel nur bei geringer Geschwindigkeit und äußerster Vorsicht möglich sein dürfte.

53. Welche Regeln gelten auf Parkplätzen beispielsweise von Supermärkten? Haben Fußgänger dort Vorrang?

Auch auf Parkplätzen von Supermärkten gelten in der Regel die Grundsätze der Straßenverkehrsordnung (StVO). Allerdings sind solche besonderen Verkehrsflächen nicht mit sonstigen öffentlichen Straßen und Wegen vergleichbar, so dass die gängigen Verkehrsregeln nur mit Einschränkungen gelten können. Uneingeschränkt gilt jedoch auch auf Parkplätzen die Grundregel der StVO: Diese verlangt von Fußgängern und allen anderen Verkehrsteilnehmern ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

54. Darf ich die Spur wechseln, auch wenn dadurch nachfolgende Fahrzeuge bremsen müssen (Alltag z. B. auf der Stadtautobahn)?

Ein Fahrstreifen darf nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzuzeigen. Auch wenn ein Wechsel nicht erzwungen werden darf, muss ein ordnungsgemäß angezeigter und sorgfältig durchgeführter Fahrstreifenwechsel vom nachfolgenden Verkehr ermöglicht werden. Etwaige geringfügige Behinderungen sind dabei hinzunehmen.

55. In welcher Fahrtrichtung müssen Radfahrer auf einem Radweg fahren, der parallel zur Fahrbahn verläuft? Muss ich als Radfahrer mit Gegenverkehr rechnen und als Autofahrer mit Radlern von links?

Werden Radwege genutzt, darf dies grundsätzlich nur in der jeweiligen Fahrtrichtung, also rechts erfolgen. Linke Radwege dürfen nur genutzt werden, wenn dies durch Verkehrszeichen vorgeschrieben oder durch das Zusatzzeichen „Radverkehr frei“ erlaubt ist. Trotzdem müssen Kraftfahrer stets auch mit verbotswidrig auf linken Radwegen fahrenden Radfahrern rechnen.

56. Gelten Tempolimits oder Parkbeschränkungen für Werktage (z. B. Mo–Fr 7–17 Uhr) auch an Feiertagen?

Der Regelungszweck von Verkehrszeichen mit dem Zusatz „Montag–Freitag“ entfällt an Wochentags-Feiertagen. Soll ein solches Zeichen auch an innerwöchigen Feiertagen gelten, so muss dies durch ein Zusatzzeichen „auch an Feiertagen“ kenntlich gemacht werden.

57. Der Kronprinzessinnenweg ist bis zur Einmündung der Havelchaussee ein gemeinsamer Geh- und Radweg und verläuft ab dort geradeaus weiter als Straße mit Autoverkehr. An dieser Stelle ist kein Verkehrszeichen angebracht, dass der gemeinsame Geh- und Radweg dort endet. Die Verkehrsgestaltung suggeriert allerdings, dass ein Radweg in eine Straße einmündet. Hat der in südlicher Richtung geradeaus fahrende Radfahrer Vorfahrt vor dem links abbiegenden Autofahrer?

Nein, die dort aufgestellten vorfahrtregelnden Verkehrszeichen geben den abbiegenden Kraftfahrern die Vorfahrt.

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