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Berlin: Berliner rauchen immer mehr Schmuggelzigaretten

Polizei beobachtete an 259 Orten illegalen Handel 50 Millionen Euro Steuern gehen der Stadt verloren

Trotz der neuen Nichtraucherschutzgesetze blüht in Berlin der Handel mit geschmuggelten Zigaretten. Polizei und Zoll haben nach Angaben der Senatsinnenverwaltung im vergangenen Jahr die illegalen Geschäfte an 259 Orten beobachtet – vor allem vor Bahnhöfen, Parks und Einkaufszentren, meist im Osten der Stadt. „Öffentlicher Straßenhandel wird an Örtlichkeiten mit viel Publikum festgestellt“, heißt es aus der Behörde von Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Rund zwei Euro kostet die Schachtel dort, mehr als vier Euro müssen Raucher im Geschäft zahlen. Die Differenz sind die fehlenden Steuern. Insgesamt 249 Millionen Schwarzmarkt-Zigaretten haben die Behörden in Berlin und Brandenburg 2007 sichergestellt; im Jahr zuvor waren es mit 199 Millionen deutlich weniger.

Noch raucht Umfragen zufolge etwa jeder dritte Berliner – die Zahl der Raucher nimmt jedoch ab. „Es wird zwar weniger geraucht, dafür aber leider häufiger illegal“, sagte Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft. Inzwischen seien versteuerte Zigaretten für einen Durchschnittsverdiener oft zu teuer. Da die Tabaksteuer derart hoch ausfalle, könnten Schwarzmarkthändler mit hohen Gewinnen rechnen, sagte Wendt. Knapp 17 Cent an Steuern gehen dem Staat pro Zigarette verloren. Rund 50 Millionen Euro sind es nach Expertenschätzungen pro Jahr in Berlin. Jährlich werden insgesamt 4,6 Milliarden Zigaretten nach Deutschland geschmuggelt, etwa ein Viertel wird entdeckt und beschlagnahmt. Ein Großteil davon in und um Berlin herum. „Berlin ist ein Verteilerzentrum für den gesamten Osten Deutschlands“, sagte Wendt. Auch die Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ schlägt Alarm. „Zigarettenschmuggel ist eine gigantische Herausforderung für die Beamten“, sagte Klaus Leprich, Chef der Zollgewerkschaft, dem Tagesspiegel.

Seit der Wiedervereinigung 1990 hat sich der Handel mit Schmuggelzigaretten stark ausgebreitet. Er sei vorrangig von den in der DDR wohnhaften Vietnamesen aufgebaut worden, heißt es bei der Polizei. Die Hintermänner säßen aber im osteuropäischen Ausland. Seit einigen Jahren kämen immer mehr gefälschte Markenzigaretten aus China. Um den Schmugglern auf die Spur zu kommen, arbeiten in China, Polen und Tschechien Verbindungsbeamte des deutschen Zolls. „Diejenigen, die von den Beamten hierzulande gefasst werden, sind oft nur das letzte Glied in der Kette“, sagte Leprich. Zigarettenschmuggel sei ein Teil mafiöser Strukturen. Der hohe Gewinn aus dem Verkauf der Zigaretten führte unter den rivalisierenden Gruppen bereits zu schweren Auseinandersetzungen. Zwischen 1992 und 2001 starben 48 Vietnamesen.

Der Verkauf von unversteuerten Zigaretten habe im Zuge der sich öffnenden Grenzen zugenommen, klagen Zöllner. Das Landeskriminalamt hat bereits vor Jahren mit dem Zoll und der Bundespolizei die „Ermittlungsgruppe Zigarettenhandel“ gegründet. Sie wird von der „Ermittlungsgruppe Vietnam“ unterstützt. Doch auch der einfache Käufer sei Täter, erklärt das Landeskriminalamt. Wer beim Kauf von bis zu 400 unversteuerten Zigaretten erwischt wird, muss ein Verwarnungsgeld zahlen. Liegt die Menge der Zigaretten bei bis zu 1000 Stück müssen Steuern nachgezahlt werden und ein Bußgeld wird fällig. Bei größeren Mengen wird ein Gerichtsverfahren wegen Steuerhehlerei eröffnet – Freiheitsstrafen drohen.

Erst im März beschlagnahmen Zollfahnder in Marzahn 8,6 Millionen unversteuerte Zigaretten in einem tschechischen Lkw. Sechs Tatverdächtige wurden festgenommen. Der Steuerschaden hätte nach Auskunft des Zolls knapp 1,5 Millionen Euro betragen.

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