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Nicht schön und auch nicht selten: Die Modulen Ergänzungsbauten - hier ein Modell aus Alt-Glienicke - sind rechteckige Kästen. 72 sollen es werden in ganz Berlin. Allerdings lassen sich verschiedene Außenfarben wählen, und auch die Innenaustattung ist inzwischen variabler als zu Beginn.

© Susanne Vieth-Entus

Berliner Schulbau: Happy End in Wittenau

Modulbauten sind eine architektonische Zumutung, aber unentbehrlich wegen der Raumnot. Erneut protestierten Anwohner - erfolgreich.

Sie schießen wie Pilze aus dem Boden, sind rechteckig und können mindestens 50 Jahre stehen: „Modulare Ergänzungsbauten“ (MEBs) sollen dabei helfen, Berlins Schulraumnot zu beheben. Jetzt gab es erneut Streit um einen Standort: Anwohner der „Schule am Park“ in Wittenau wollten verhindern, dass vor ihr Grundstück ein 40 Meter langes Schul-Modul postiert wird. Es war der zweite Protest innerhalb kurzer Zeit – und es könnten noch viele folgen, denn in der ganzen Stadt sollen über 70 MEBs entstehen.

Modulbau statt Biotop, hieß es zunächst

Im aktuellen Fall beklagten die Anwohner, dass der MEB nicht neben das Haupthaus der Schule gebaut werden sollte, sondern an das andere Ende des Grundstücks auf dem Schulgarten, einem „Biotop“, das an die Wohnhäuser grenzt. Nachdem man gegen diese Planungen Einwände erhoben hatte, erfolgte ein neuer Vorschlag: „Dieser neue Vorschlag sah ein noch näheres Heranrücken des MEB an die beiden Nachbargrundstücke vor“, berichtete Matthias Hardt, einer der Anwohner. Das Gebäude sollte im Abstand von nur "vier bis fünf Metern" zu den Nachbarn entstehen. Das sei ein „Schildbürgerstreich“. Betroffen vom geplanten MEB-Standort seien insgesamt 16 Familien am Eichborndamm und an der Oranienburger Straße, rechnete Hardt vor.

Ein Ortstermin ohne die Anwohner

Nachdem der Tagesspiegel den Fall vergangene Woche publik gemacht hatte, hieß es seitens der Ämter, es gebe "noch keine Standortentscheidung“. Am Freitag dann kamen alle betroffenen Behörden - ohne die Anwohner - zusammen, um den Fall vor Ort zu besprechen. Neben den bezirklichen Ämtern erschien auch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als Planungsbehörde sowie die Bildungsverwaltung.

Die Aufgabe war nicht einfach, denn für die strittige Lage des MEB gibt es gute Gründe: Bei der Schule handelt es sich nämlich um ein Förderzentrum für Schüler mit schwersten Beeinträchtigungen. In erster Linie haben sie einen Förderbedarf in geistiger Entwicklung, viele haben zudem körperliche Beeinträchtigungen. Dies führt dazu, dass die Schule die Unterbringung der Kinder entzerren will: Wenn der MEB am Rand des Grundstück aufgestellt würde, könnten damit getrennte Schulhöfe einhergehen – ein wichtiger Punkt angesichts der vielen Verhaltensauffälligkeiten der Schülerschaft.

Platz für 180 Schüler mit großem Förderbedarf

Zudem wächst nicht nur bundesweit sondern auch in Berlin der Anteil der Schüler mit geistigen Beeinträchtigungen. Über die Ursachen herrscht noch keine Einigkeit. Auf jeden Fall hat die „Schule am Park“ bisher Platz für 130 Schüler, soll aber 180 aufnehmen können, zumal auch eine Filiale der Schule geschlossen und zum Mutterhaus verlegt werden soll. Sie alle brauchen Platz – und eine besondere Ausstattung, da nicht nur Unterrichtsräume benötigt werden sondern auch Werkstätten und außerdem Pflegebäder, weil manche der Schüler gewickelt werden müssen.

„Sicher – die MEBs sind nicht schön, aber sie sind funktional“, sagt ein Schulplaner. Und angesichts der massiven Raumnot und angesichts der vielen maroden Schulen könnten es unzählige Lehrer gar nicht abwarten, endlich in die Modulbauten umzuziehen. „Verständlich“ sei das, sagt ein Elternvertreter. Allerdings gebe es allen Grund zur Wachsamkeit, denn die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sei sowohl für die Beantragung als auch für die MEB-Genehmigung zuständig, könne sich somit schwerlich selbst „auf die Finger schauen“. Das müssten dann schon Anwohner tun.

Ein ganz neuer Vorschlag

In diesem Fall scheint das geklappt zu haben: "Der Modulbau wird verschoben und soll dann etwa 20 Meter von uns entfernt stehen", berichtete Anwohner Matthias Hardt am Dienstag dem Tagesspiegel. Diese Information habe er nach dem Ortstermin am Freitag von der Schulleiterin erhalten. Dadurch könne auch das Biotop gerettet werden.

Als nächstes ist geplant, dass die Schule alle Anwohner zu einem Informationstreffen einlädt. Dann wird sich auch herausstellen, ob es neue Einwände geben wird. Hardt rechnet damit aber nicht, weil alle anderen Anlieger weiter weg wohnen.

Weit zurück in die Geschichte von Dalldorf

Hardt kennt sich ziemlich gut aus in der Gegend: Seine Familie wohnt schon in der sechsten Generation auf dem Grundstück neben der Schule. Mehr noch: Sein hugenottischer Urgroßvater war ursprünglich sogar der Eigentümer des jetzigen Schulgrundstückes. Aber als damaliger Schöffe hatte er entschieden, dass 12.500-Quadratmeter-Gelände für den Bau einer Schule zur Verfügung zu stellen. Geschenkt. So erzählt es Hardt und fügt auch gleich an, wo all das auf's Schönste nachzulesen ist: In der Chronik von Dalldorf, wie Wittenau früher hieß.

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