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In München ist das Biertrinken in Bussen und Bahnen bereits verboten.

© dpa

Berliner Senat: Rot-Schwarz streitet über Alkoholverbot in Bus und Bahn

CDU-Innensenator Henkel will ein Gesetz, um Trinken im Nahverkehr als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Die SPD ist dagegen. Bei der Suche nach einem neuen Justizsenator will sich Henkel Zeit lassen.

Der neue Innensenator will ein Alkoholverbot in Bussen und Bahnen durchsetzen. Außerdem denkt Frank Henkel (CDU) über ein neues Verfahren bei der Ernennung des Polizeipräsidenten nach.

Beim Thema Alkoholverbot unterstützte der Senator am Mittwoch ausdrücklich die Forderung der BVG nach einer gesetzlichen Grundlage dafür. Man wäre allerdings auch schon ein Stück weiter, wenn die BVG ihre Hausordnung durchsetzen würde, sagte Henkel vor der Industrie- und Handelskammer. Mit einem Verbot auf gesetzlicher Grundlage habe er sich in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD aber nicht durchsetzen können.

Deren innenpolitischer Sprecher Thomas Kleineidam ist zwar auch für ein generelles Verbot, aber dagegen, dafür das Gesetz so zu ändern, dass das Trinken als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, wie es sich die BVG wünscht. „Auch das Rauchverbot im Nahverkehr ist lange vor der Gesetzesänderung erfolgreich umgesetzt worden“, sagte Kleineidam. Er habe den Verdacht, dass die BVG mit ihrem Vorstoß nur die Kontrolle an die Polizei delegieren wolle, weil sie selbst zu wenig Personal habe. Aber auch die Polizei sei nicht in der Lage, ein Alkoholverbot zu kontrollieren, wand sofort die Gewerkschaft der Polizei ein. Derzeit gebe es bereits bei den bestehenden Regelungen ein „Vollzugsdefizit“, sagte Kleineidam. Hierin stimmt der SPD-Politiker mit Henkel überein.

Und auch beim Procedere für die Ernennung eines neuen Polizeipräsidenten liegen SPD und CDU nicht weit auseinander. Man sei bereit, über andere Verfahren zu diskutieren, sagte Kleineidam. Es sei durchaus vorstellbar, den Polizeipräsidenten auf Vorschlag des Innensenators ernennen zu lassen. Der Innensenator und der Polizeichef müssten „miteinander können“, hatte Henkel argumentiert. Deshalb sei es wünschenswert, dass ein Innensenator den Polizeipräsidenten ernennen – und auch entlassen – könne.

Derzeit wird der Polizeichef in einer Ausschreibung gesucht. Klagen eines unterlegenen Bewerbers haben bisher verhindert, dass der unter Henkels Vorgänger Ehrhart Körting (SPD) ausgewählte Kandidat Udo Hansen das Amt antreten konnte. Henkel und Kleineidam wollen, dass die Besetzung des seit mehr als einem Jahr vakanten Postens nun schnell erfolgt. Über das künftige Verfahren könne man danach reden, sagte Kleineidam. Henkel wies darauf hin, dass eine Berufung durch ihn gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, das die Besetzung mit Hansen untersagt hatte, ebenso lang dauern würde wie eine Neuausschreibung. Auch bei der Polizei erhofft man sich jetzt endlich eine Entscheidung.

Ähnlich schwierig wird es wohl, den Stuhl des Justizsenators zu besetzen. Gerüchte, wonach er reihenweise Absagen bekomme, wies der CDU-Chef vor den Vertretern der Berliner Wirtschaft zurück: „Ich habe überhaupt noch keinen gefragt.“ Zudem wolle er sich Zeit lassen.

CDU-Rechtspolitikerin Cornelia Seibeld befürchtet angesichts des Braun- Rückzugs bereits das Schlimmste: „Wenn Politiker Sorge haben müssen, für ihre berufliche Tätigkeit angegriffen zu werden, dann dürfte es schwierig werden, überhaupt noch jemanden zu finden, der den Job machen will.“ Seibeld selbst hatte schon abgelehnt, Senatorin zu werden. Aus der Justizverwaltung sind ähnliche Bedenken zu hören. „Wir machen uns den Staat kaputt, wenn wir die Messlatte so hoch legen“, sagt ein Mitarbeiter. Bei den Grünen sieht man das ganz anders. „Wir sind ja diejenigen, die die Regeln aufstellen, und wenn nicht einmal wir uns daran halten – das geht einfach nicht“, sagt der grüne Rechtspolitiker Dirk Behrendt. Auch wenn Politiker keine besseren Menschen seien: „Natürlich legen wir an sie hohe moralische Maßstäbe an.“ Justizsenator Braun war über die Beurkundung von Kaufverträgen gestolpert, mit denen Käufern wertlose Immobilien zu überhöhten Preisen angedreht wurden – als Verbraucherschutzsenator war er mit dieser Vorgeschichte in den Augen der Mehrheit untragbar.

Der SPD-Rechtspolitiker Sven Kohlmeier, selbst Anwalt, hat sich eine einfache Faustregel gemerkt: „Was würde Oma dazu sagen?“ so Kohlmeier. „Diese Frage stelle ich mir, wenn ich Zweifel habe, ob eine Sache richtig ist. Das funktioniert immer.“

Wer auch immer der Neue wird – er hat einiges zu regeln in seiner Amtszeit. Das neue Gefängnis Heidering im brandenburgischen Großbeeren wird fertig; der Umzug der Gefangenen ist also zu managen, das Personalproblem zu lösen und die Teilschließung der JVA Tegel voranzutreiben. Auch die Neuregelungen des Strafvollzugs und der Sicherungsverwahrung werden Herausforderungen. Der Bund versucht gerade, entlang der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ein Gesetz für die Sicherungsverwahrung zu schaffen; der Strafvollzug ist seit der Föderalismusreforn Ländersache und muss ebenfalls neu geregelt werden. Laut SPD- Mann Kohlmeier ist es auch wichtig, eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Internetkriminalität zu schaffen, wie es sie in Brandenburg bereits gibt: „Betrug findet heute nicht nur auf der Straße statt.“

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