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Klaus Wowereit und seine SPD - es geht treppab.

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Berliner SPD: Auf dem Weg nach unten

Führungskrisen, Streit und Orientierungslosigkeit: Alle fünf Jahre hat die SPD in Berlin sehr schlechte Umfragewerte. Nun ist es wieder so weit.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Alle fünf Jahre geht es der Berliner SPD besonders schlecht, dann liegt die Partei in den Meinungsumfragen bei 20 bis 23 Prozent. Jetzt wieder, seit Februar. Und vorher 2009, 2004 und 1999. Ein merkwürdiger Zyklus, der seine Gründe hat. Immer dann, wenn den Sozialdemokraten in der Hauptstadt die klare Linie fehlt, wenn es innerparteiliche Querelen gibt und das Führungspersonal und die Regierungsarbeit die Wähler nicht überzeugen, dann wenden sich die Berliner wenigstens zeitweilig von der SPD ab.

Aktuell leidet die Partei darunter, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit für die Bauruine BER verantwortlich gemacht wird und nach der Steueraffäre um den Kulturstaatssekretär André Schmitz weiter an Glaubwürdigkeit verlor. Eine überzeugende personelle Alternative ist aber nicht in Sicht, außerdem ziehen die Nachfolgekandidaten Raed Saleh (Fraktionschef) und Jan Stöß (Landeschef) nicht an einem Strang, sondern versuchen, sich mit konkurrierenden Themen zu profilieren. Die Berliner wissen nicht mehr, woran sie mit der SPD sind. Nun droht der Führungsstreit sogar offen auszubrechen, sollte Saleh versuchen, zulasten des Amtsinhabers Stöß den Parteivorsitz in Berlin an sich zu reißen.

Was ist das Markenzeichen der SPD?

Vor fünf Jahren, im Herbst 2009, führte das katastrophale Ergebnis bei der Bundestagswahl im SPD-Landesverband zu einem innerparteilichen Streit. Der Verlust der Regierungsmacht im Bund und ein Berliner Wahlergebnis von 20,2 Prozent wurden mit fehlender inhaltlicher Profilierung, mangelnder Präsenz und Bürgernähe erklärt. Die SPD habe ein Glaubwürdigkeitsproblem, wurde selbstkritisch erkannt. „Was ist unser Markenzeichen?“, fragte ein Parteifunktionär.

Seine Zeit läuft irgendwann ab. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit wird sich nicht ewig halten können. Auch auch für die SPD in Berlin sehen die Umfragen derzeit nicht gut aus.
Seine Zeit läuft irgendwann ab. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit wird sich nicht ewig halten können. Auch auch für die SPD in Berlin sehen die Umfragen derzeit nicht gut aus.

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Die linke Mehrheit und die rechte Minderheit im Landesverband prallten damals aufeinander. Wowereit mahnte auf einem Parteitag: „Wir sind zu schwach, um unsere Kräfte durch Flügelschlagen zu verbrauchen.“ Die Kritik der SPD-Linken richtete sich 2009 zwar vor allem gegen die Führung der Bundespartei, aber bei den Nachwuchskräften reifte allmählich die Überzeugung, dass auch in den Führungsgremien der Landespartei ein Generationswechsel notwendig sei. Zweieinhalb Jahre später musste der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller dem Führungsduo Saleh/Stöß weichen.

Die Partei beschäftigt sich zu viel mit sich selbst

Zum Jahresbeginn 2004 rutschte die SPD bei den Meinungsumfragen ebenfalls für einige Monate in den Keller. Die Partei beschäftigte sich wieder einmal mit sich selbst und versank in einer Identitäts- und Führungskrise.

Eine Gruppe junger SPD-Abgeordneter forderte neue Akzente in der Stadtentwicklungs- und Wirtschaftspolitik, wollte weg vom harten Sparkurs und fand harte Worte für den autokratischen Führungsstil des SPD-Landeschefs und Bausenators Peter Strieder. Der trat im April 2004 nach einer Bau- und Finanzaffäre um das Tempodrom in Kreuzberg von allen Ämtern zurück. Der SPD-Fraktionschef Müller, damals engster Vertrauter Wowereits, übernahm auch den Landesvorsitz. Die Oppositionspartei CDU forderte Neuwahlen.

„Wir müssen dringend überlegen, was aus uns werden soll“

Wiederum fünf Jahre früher, im Sommer und Herbst 1999, litt die SPD unter einem erbitterten Richtungsstreit – im Spannungsfeld zwischen Haushaltskonsolidierung, dem Verkauf staatlichen Vermögens und einer engagierten Sozialpolitik. Außerdem hatte die SPD einen schwachen Spitzenkandidaten für die Abgeordnetenhauswahl: Walter Momper, während der Wende 1989/90 ein beliebter Regierungschef, konnte zehn Jahre später bei den Wählern nicht mehr punkten. Der SPD-Fraktionschef Klaus Böger, der Momper als Konkurrent im Nacken saß, war keine erfolgversprechende Alternative. Die SPD war schwer verunsichert, außerdem wollten die Sozialdemokraten raus aus der Koalition mit der CDU, wussten aber nicht wie. „Wir müssen dringend überlegen, was aus uns werden soll“, forderte damals ein Parteilinker – wohl ohne zu ahnen, dass er wieder und wieder recht behalten sollte.

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