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SPD-Chef Jan Stöß will die Mitglieder zum Wahlprogramm befragen.

© dpa

Berliner SPD erwägt Cannabis-Freigabe: Sozialdemokraten befragen Basis zur Drogenpolitik

Die SPD-Basis soll über wesentliche Themen des Wahlprogramms abstimmen. Dabei wird auch nach der Legalisierung von Cannabis gefragt, sagt Landeschef Jan Stöß

Die Berliner SPD will mehr Demokratie wagen. Voraussichtlich im Oktober sollen die rund 17 000 Parteimitglieder zu wesentlichen Themen des Programms für die Abgeordnetenhauswahl im September 2016 befragt werden. Nach Auskunft von Landeschef Jan Stöß „werden es voraussichtlich etwa 15 Fragen“, die der Landesvorstand beschließen soll.

Eine dieser Fragen soll nach Auskunft von Stöß lauten, ob sich die Landes-SPD auf Bundesebene für die Freigabe von Cannabis einsetzen soll. Mögliches Vorbild ist die neue rot-grüne Regierung von Bremen. Die hat in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, sich an entsprechenden Modellprojekten zu beteiligen. Die Berliner Jusos sind ebenfalls dafür – auch mit Verweis auf den Widerspruch zum legal erhältlichen Alkohol und dessen gravierenden Folgen. Die Legalisierung von Cannabis „wird eine Frage sein, wenn auch nicht die wichtigste“, sagte Stöß dem Tagesspiegel.

Ein Ja der SPD-Mitglieder zu diesem Thema dürfte die Chancen für eine rot-grüne Koalition erhöhen. Denn während die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) bereits Mitte Juni beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Einrichtung von Cannabis-Verkaufsstellen („Coffeeshops“) beantragt hat, ist die CDU auf Landes- und Bundesebene strikt gegen die Freigabe der Droge. Nach deren Nein zur Ehe für alle gäbe es zwischen den heutigen Koalitionspartnern SPD und CDU dann schon zwei zentrale Differenzen.

Die CDU hat ihr Wahlprogramm am Kiosk verkauft

Die anderen Fragen dürften weniger symbolträchtig, aber inhaltlich für viele Berliner wichtiger sein. Darauf deuten die Themen der fünf Programmkonferenzen. Zu Integration und Sicherheit habe man bereits getagt, sagte Stöß. „Jetzt kommen noch Wohnen, Wirtschaft und Arbeit sowie Bildung und Wissenschaft.“ Zum Charakter der Befragung sagt Stöß nur: „Teils-Teils-Antworten wird es bei uns nicht geben.“ Eine Anspielung auf die CDU, bei deren Befragung zur Ehe für alle sieben Antworten zur Auswahl gestanden hatten.

Im nächsten Frühjahr soll es laut Stöß „auch ein Element geben, um mit allen Bürgern in den Dialog zu treten“, beispielsweise eine Postkartenation.

Mitgliederbefragungen sind in den Parteien bisher eher selten. Die Berliner CDU erlebte ihre Premiere erst vor wenigen Wochen, die SPD ihre Ende 2014, als die Basis über die Nachfolge von Klaus Wowereit entscheiden durfte. Damals setzte sich Michael Müller unerwartet deutlich vor Stöß und Fraktionschef Raed Saleh durch. Der Dialog mit dem Volk im Wahlkampf ist dagegen Routine: Die CDU hatte bereits vor der Wahl 2011 einen internetgestützten „Programmdialog“ geführt, der in eine Liste der „100 wichtigsten Probleme Berlins“ und schließlich ins Wahlprogramm gegossen wurde. Das gab es dann für 50 Cent am Kiosk. Der Absatz hielt sich allerdings stark in Grenzen.

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