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Berlin: Berliner SPD streitet über Werteunterricht

Begleitet von Protesten hat die Berliner SPD am Samstag auf einem Bildungsparteitag in einer stundenlangen Debatte über die Einführung eines Pflichtfachs Werteunterricht gestritten. Die Mehrheit der Redner befürwortete einen verpflichtenden Ethikunterricht von Klasse 7 an ohne Abwahlmöglichkeit.

Berlin (09.04.2005, 16:26 Uhr) - Für diese Variante sprachen sich auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Landeschef Michael Müller aus. Der traditionelle Religionsunterricht soll wie bisher als freiwilliges Zusatzangebot bestehen bleiben.

Andere Redner wie Bildungssenator Klaus Böger und Bundestagspräsident Wolfgang Thierse traten dagegen für die Gleichstellung des Religionsunterrichtes in einem Wahlpflichtfach Ethik/Religion ein. Dafür hatten auch rund 1000 Lehrer, Schüler und Kirchenvertreter vor dem Versammlungsgebäude demonstriert.

Thierse warnte die Berliner SPD vor verfassungsrechtlichen Hürden. «Unsere Verfassung verbietet, dass sich der Staat eine Wertebevormundung anmaßt.» Für die Wertevermittlung brauche er verlässliche Partner wie die Kirchen. Wowereit widersprach Thierse vehement. Er betonte: «Wertevermittlung ist nicht nur eine Aufgabe der Kirchen. Es ist auch eine wichtige Aufgabe des Staates.»

In einem leidenschaftlichen Appell warb Wowereit für die Einführung eines Werteunterrichts für alle Schüler. Gerade in einer so multikulturellen Stadt wie Berlin mit rund 440 000 Ausländern sei es wichtig, dass sie sich gemeinsam über die grundlegenden Werte austauschten: «Vielfalt ist angesagt, nicht Separation».

Wowereit und SPD-Landeschef Müller betonten, es gehe keinesfalls darum, die Kirchen aus den Schulen zu drängen. Es bleibe bei dem freiwilligen Religionsunterricht, mit dem Berlin seit 50 Jahren gute Erfahrungen gemacht habe. Auch an den Zuschüssen solle nichts geändert werden. Die an Berlins Schulen unterrichtenden acht Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erhalten knapp 49 Millionen Euro im Jahr. Die Kirchen werfen der rot-roten Koalition eine Aushöhlung der Religionsfreiheit vor und überlegen Klagen.

Am frühen Abend sollten die Delegierten über die beiden Varianten des Leitantrags abstimmen. (tso)

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