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Architekt Franco Stella vor "seiner" Baustelle.

© Thilo Rückeis

Berliner Stadtschloss: Franco Stellas Pläne für Humboldtforum unter Beschuss

Die Ostfassade des Schlossneubaus weglassen? „Verantwortungslos“ nennt das Spendensammler Boddien. Architekt Franco Stella nimmt die Debatte hingegen mit Humor. Ein Treffen auf der Dachterrasse.

5,50 Euro kostet die „Humboldt-Currywurst“ mit hausgemachter Vanille-Currysoße und einer Scheibe Brot. Die zwei Euro Eintritt in die gleichnamige Box schreibt die stellvertretende Leiterin des Dachrestaurants Laura Schwanhäußer gut. Umsonst dazu gibt es einen großartigen Blick: Auf Karl Friedrich Schinkels Meisterstück, das Alte Museum. Und auf Betonsilos, Kräne, Stahlarmierungen und auf die Kellerwände des neuen Schlosses nach Franco Stellas Plänen – die mal wieder unter Beschuss genommen wurden.

Architekt hatte Umdenken bei Bau des Berliner Schlosses gefordert

Der Architekt der Münchener Pinakothek und der Parlamentsbauten im Spreebogen, Stefan Braunfels, hatte am Donnerstag ein radikales Umdenken bei dem Bauprojekt gefordert. Der Ostflügel gehöre gestrichen, damit sich der Schlüterhof auf das Marx-Engels-Forum öffnet. Verbinden will Braunfels beides mit einem Boulevard, ähnlich wie die Champs Elysées in Paris Louvres und Arc de Triomphe verbinden. Das befeuert das Unbehagen über den Schlossbau, das trotz Grundsteinlegung mit Prominenten-Schaulaufen nicht aus der Welt ist.

Gereizte Zurückweisungen des Bauherrn folgten am Freitag auf die kraftvollen Bilder des geschickten Selbstvermarkters: „Es gibt keinen Grund, etwas zurückzudrehen, nur weil Herr Braunfels seinen eigenen Entwurf toll findet“, sagte Bernhard Wolter, Sprecher der Stiftung Schloss Humboldtforum, die das Projekt im Auftrag des Bundes errichtet.

Es tut sich was am Berliner Humboldtforum

Wachschützer Maik Müller, 42, hat von dem Streit nichts mitbekommen. „Gelästert haben wir nur in der ersten Zeit, dass das hier wie beim BER endet“. Das ist aber lange her, da jetzt schon ein Teil der Schlossmauer mit einem riesenhaften Fenster aus dem Keller herauswächst und Müller bei Dienstantritt erst einmal nachsieht, was es jetzt schon neues in der Baugrube tut. Müller ist in Ost-Berlin aufgewachsen. Dem Palast der Republik, der hier einmal stand, trauert er nicht nach: „Det Ding war doch nicht schön, der Lampenladen“.

Offenes Haus. Die Ostfront des Schlosses schließt Franco Stella mit einer Fassade ab (oben), Stefan Braunfels will die streichen und einen U-förmigen Hof schaffen.
Offenes Haus. Die Ostfront des Schlosses schließt Franco Stella mit einer Fassade ab (oben), Stefan Braunfels will die streichen und einen U-förmigen Hof schaffen.

© Promo

Da öffnet sich plötzlich die Tür und ein Herr mit grauen Haaren und dunkelblauem Trenchcoat schlendert freundlich dreinblickend rein. Es ist Schlossarchitekt Franco Stella, der vor seiner Abreise ins Wochenende nach Vicenza noch kurz ein Kaffee trinken will. Was er von Braunfels Plänen hält? Eine „verfälschte barocke Fassade, wo das Schloss nie eine hatte“ sowie „geträumte Champs Elysées“ im Marx-Engels-Forum, jenseits der 50 Meter breiten Spree. Wie soll das gehen, „schütten wir die einfach zu“? Nein, sagt Stella, er sei „einverstanden mit der internationalen Jury, die etwa 50 andere Schloss-Entwürfe besser als die von Braunfels bewertete“.

Die Humboldt-Box erwies sich nicht als Touristenmagnet

Alles klar, noch ein Foto auf der Dachterrasse, bitte? „Aber ich habe doch kein iPad im Taxi vergessen“, sagt Stella und lacht, dass es einen ansteckt. Und dann erzählt er nahtlos weiter von seinem Schloss und wie es sich mit den drei Innenhöfen in das „System der Berliner Plätze einfügen werde. Stadtplätze nennt er diese Innenhöfe auch, wo sich die Berliner nach der Schloss-Eröffnung auf dem Weg von der Breite Straße zu den Linden begegnen werden. Und natürlich werde die Ostfassade ein großes „Portikus“ bekommen, um an die Spree zu gelangen oder, um vom Uferweg kommend, ins Forum zurückzukehren, zurück in die Stadt.

Die Terrasse der Humboldtbox hat sich bevölkert. Laura Viefhus, 35, Neurowissenschaftlerin an der Humboldt-Uni hat ein Betriebsausflug hergeführt. Sie war öfter hier, „mit meinem US-amerikanischen Ex-Freund“, der – anders als sie selbst – „ein glühender Befürworter des Schlosses ist“ und sogar „Teile seines Einkommens für das Projekt gespendet hat“.

Das Schloss braucht die Spenden, zumal die Humboldtbox nicht gerade die Erwartungen übertrifft. Von durchschnittlich 800 Besuchern am Tag erzählt die Kassiererin am Eingang, auf gut 1000 hatte man gehofft. Die Halbierung der Eintrittspreise für die Humboldt-Box auf zwei Euro soll neuen Schwung bringen.

Planänderung würde teuer werden

Spenden-Eintreiber Wilhelm von Boddien ist trotzdem ganz sicher, dass er 80 Millionen Euro von privaten Gönnern für das 590-Millionen-Projekt zusammenbekommt. „Wir nähern uns bei den zugesagten Beiträgen den 40 Millionen Euro“, sagt er, zehn Mal mehr als für die Frauenkirche in Dresden zum gleichen Zeitpunkt gespendet waren. Schlechte Laune hat er trotzdem. Wegen Braunfels. „Verantwortungslos“ nennt er ihn. Es seien bereits Hochbauaufträge im Wert von 85 Millionen Euro fest vergeben. Um an den Plänen etwas zu ändern, müssten die Bauarbeiten sofort gestoppt werden. Und eine erhebliche Schadenersatzklage von Hochtief dafür stünde ins Haus. Das alles würde die Kosten nicht senken, sondern erheblich erhöhen. Braunfels sollte nachweisen, wie er 100 Millionen denn jetzt noch einsparen will, ohne auch noch weitere Kostensteigerungen zu berücksichtigen, da für seinen Entwurf das ganze Humboldtforum neu geplant werden müsste, was ungefähr drei Jahre Baustillstand bedeutet. „Eine schöne Landschaftszeichnung“ habe Braunfels abgeliefert – „das ist Scharlatanerie“.

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