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Engagiert. Stiftungen wie die Herbert-Quandt-Stiftung - hier ein Foto von einer Preisverleihung mit Bundespräsident Joachim Gauck - sind eine treibende Kraft der Zivilgesellschaft

© Wolfgang Kumm, dpa

Berliner Stiftungswoche: Wenn Bürger die Agenda bestimmen

Im Tagesspiegel wurde über die Zivilgesellschaft in den Medien diskutiert. Moderne Kommunikationsmittel ändern die Arbeit engagierter Bürger - das birgt neben Chancen aber auch Risiken, wie die Debatte deutlich machte.

Engagement ist meist lokal: Wenn Bürger sich für gemeinnützige Zwecke einsetzen, dann tun sie das bevorzugt in ihrem Umfeld, ihrem Bezirk, ihrer Stadt. Die Ehrenamtlichen der Bürgerstiftung Berlin etwa unterstützen Kinder bei den Hausaufgaben oder lesen ihnen vor. Das ist die Arbeit, auf die es ankommt, findet Heike von Joest, Vorstandsvorsitzende der Stiftung – viel mehr als auf die Selbstdarstellung des Engagements, auf Öffentlichkeitsarbeit und mediale Präsenz. Ein guter Internetauftritt sei aber heute für jede Stiftung unverzichtbar, sagte von Joest kürzlich bei einer Diskussion im Tagesspiegel-Verlagshaus über die Zivilgesellschaft in den Medien: „Die Spender wollen ja wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Der Zwang zur Transparenz, der durch die neuen Medien entsteht, ist gut. Wir müssen mehr Informationen geben als früher und sie besser aufbereiten.“

Moderne Kommunikationsmittel machen es möglich, dass engagierte Bürger und Stiftungen ihre Anliegen selbst in die Öffentlichkeit bringen, ohne auf Zeitungen, Radio oder Fernsehen angewiesen zu sein. Aber diese Informationen sind ungefiltert, interessengeleitet und ungeprüft, sagte Moderator Rupert Graf Strachwitz (Vorstand der maecenata Stiftung). Strachwitz wünscht sich, dass auch die traditionellen Medien mehr und durchaus kritisch über Themen der Zivilgesellschaft berichten. Mit seiner wöchentlichen „Wer hilft wem“-Seite ist der Tagesspiegel eine Ausnahme in der deutschen Medienlandschaft, wie Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff betonte. „Heute ist es so leicht, sich von überallher Informationen zu besorgen. Da kommt es umso mehr auf die Gewichtung und Einordnung durch professionelle Journalisten an.“

Christian Humborg, Geschäftsführer des gemeinnützigen Recherchebüros „CORRECT!V“, befürchtet jedoch, dass traditionelle Medien künftig immer weniger über zivilgesellschaftliche Anliegen berichten werden: „Wenn Lokalzeitungen zusammengespart werden oder sterben, können sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen, die lokale Politik zu kontrollieren und Anliegen der Bürger darzustellen. Wir müssen uns überlegen, wie wir künftig eine vierte Gewalt im Staat sichern. Dafür brauchen wir gemeinnützigen Journalismus.“ Sein Büro wirbt Spenden ein, um groß angelegte Recherchen zu finanzieren, etwa über die Gefahr multiresistenter Keime in Krankenhäusern.

Die Diskussion „Bürger als Agenda-Setter“ fand im Rahmen der Berliner Stiftungswoche statt, die sich in diesem Jahr dem Thema „Vom digitalen Leben in der analogen Welt“ widmet. Bürgerschaftliches Engagement lässt sich digital beflügeln, wie Gerhard Seiler ausführte: Die Stiftung „Digitale Chancen“, deren Geschäftsführer er ist, vergibt den „Smart Hero Award“ an Initiativen, die soziale Medien für ihre Arbeit einsetzen. 2014 ging der Preis etwa an „Hellersdorf hilft Asylbewerbern“, eine Initiative, die eine Willkommenskultur im Kiez schaffen möchte und Asylbewerber bei der Orientierung unterstützt. Ganz lokal, ganz analog, ganz digital.

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