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Auch über die Distanz von 200 Metern war Jesse Owens bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin unschlagbar.

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Berliner Straßennamen: Eine Straße für Jesse Owens

Heute vor 30 Jahren wurde die einstige Stadionallee nach dem legendären Olympiasieger von 1936 benannt. Um die Namensgebung der Flatowallee 1997 gab es heftigen Streit.

Die aktuellste Ehrung von Jesse Owens, dem legendären vierfachen Olympiasieger von 1936, steht unmittelbar bevor. Am Donnerstag kommt „Die Bücherdiebin“ ins Kino, die im Vorjahr in Babelsberg gedrehte Verfilmung des Erfolgsromans von Markus Zusak, deren Premiere vor einigen Wochen im Zoo-Palast gefeiert wurde. Die Geschichte setzt im Jahr 1939 ein, als die Erinnerung an Owens’ Triumph noch frisch, er für viele junge Deutsche ein Held war. So auch für den kleinen Rudi, den Freund der Titelheldin, der in seiner Enthusiasmus für den Athleten so weit geht, dass er sich beim Sprint über den Sportplatz das Gesicht schwarz anmalt und begeistert seinen Namen ruft.

Der Film wird wieder aus den Kinos verschwinden, das in 15 Sprachen übersetzte Buch – hoffentlich nicht so bald – in den Regalen verstauben. Aber die Ehrungen in Berlin und Umgebung wird es auch dann noch geben: den Nachbau von Owens’ Zimmer im Olympischen Dorf in Elstal, nicht im originalen, arg zerfallenen Haus „Bautzen“, sondern im Nachbargebäude „Meißen“; die Jesse-Owens- Lounge im VIP-Bereich des Olympiastadions, dort die flächenmäßig größte; und vor allem die Jesse-Owens-Allee, die südlich des Olympiageländes verlaufende Straße zwischen Trakehner Allee und der zum Glockenturm führenden Passenheimer Straße.

Seit 30 Jahren gibt es am Olympiagelände die nach ihm benannte Straße, die Flatowallee, zuvor Reichssportfeldstraße, folgte 1997.
Seit 30 Jahren gibt es am Olympiagelände die nach ihm benannte Straße, die Flatowallee, zuvor Reichssportfeldstraße, folgte 1997.

© AFP

Genau 30 Jahre ist es an diesem Montag her, dass die Straße nach Jesse Owens benannt wurde. Zuvor hieß sie seit 1928 Stadionallee, nach dem 1913 vom Deutschen Reichsausschuss für Leibesübungen erbauten Deutschen Stadion, das 1934 abgerissen und durch das Olympiastadion ersetzt wurde. Die Ehrung des Sportlers, der 1936 über 100 Meter, 200 Meter, 4 x 100 Meter und beim Weitsprung gesiegt hatte, erfolgte knapp vier Jahre nach seinem Tod in Tucson, Arizona, am 31. März 1980 – und es war alles andere als der bloße Vollzug eines Charlottenburg Verwaltungsakts. IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch war gekommen, ebenso die NOK-Präsidenten der USA und der Bundesrepublik, William Simon und Willi Daume. Zur US-Delegation gehörten ebenso die Olympiasieger Edwin Moses und Wilma Rudolph, schließlich Jesse Owens’ Witwe Ruth mit ihren drei Töchtern. Als „Glücksfall für die deutsch-amerikanischen Beziehungen“ pries der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen den Sportler, von „einem der wahrhaften Befolger der olympischen Ideale“ sprach Samaranch, während Daume sich freute, dass nun durch die Jesse-Owens-Allee „Tausende und Abertausende und vor allem die Jugend zum Berliner Olympiastadion gehen und durch seinen Namen immer wieder angespornt werden“.

Ein großer Tag für Berlin also, eine große Ehrung für Owens, getragen von einer breiten Zustimmung unter den Berlinern, so darf man unterstellen – etwas anders als bei der benachbarten Flatowallee, die ihren Namen seit 1997 trägt und vorher Reichssportfeldstraße hieß. Namensstifter waren hier die jüdischen Cousins Alfred und Gustav-Felix Flatow, 1896 Sieger im Turnen bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit in Athen, 1942 und 1945 im KZ Theresienstadt umgekommen. Anwohner hatten gegen die Umbenennung geklagt, man stritt sich um die notwendige Änderung von Briefköpfen und die Frage, ob der Name Reichssportfeld historisch belastet sei. Seit dem 21. Februar 1997 aber hängen die Straßenschilder „Jesse-Owens-Allee“ und „Flatowallee“ nebeneinander, letztere anfangs oft beschmiert, gar gestohlen. Aber das ist Geschichte.

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