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Schwer bewaffnet. Auf dem Weg zum Haftrichter ging die Berliner Polizei kein Risiko ein. Beim Transport mit den beiden Verdächtigen gab es höchste Sicherheitsvorkehrungen.

© dpa

Berliner Terrorfall: Eine Spur führt bis Afghanistan

Die Verbindungen der am Donnerstag festgenommenen Terrorverdächtigen reichen mutmaßlich bis nach Afghanistan. Samir M. soll versucht haben, ein führendes Mitglied einer Islamisten-Gruppe im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet zu unterstützen.

Von Frank Jansen

Die Dokumente bei Polizei und Verfassungsschutz sind streng vertraulich und geheim, dennoch werden nach und nach Details zu den am Donnerstag festgenommenen Terrorverdächtigen bekannt. Vor allem zu dem in Berlin geborenen Deutschlibanesen Samir M., der in zwei Wochen 25 Jahre alt wird. Nach Informationen des Tagesspiegels soll Samir M. 2009 versucht haben, ein führendes Mitglied der militanten islamistischen Gruppierung „Deutsche Taliban Mudschaheddin (DTM)“ zu unterstützen. Die DTM, vornehmlich Dschihadisten aus Deutschland, sind im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet aktiv und mit den Taliban und weiteren Terrorgruppen verbündet.

Am 27. September 2009 bat der DTM-Mann Eric Breininger, als Dschihadist in der pakistanischen Grenzregion Wasiristan aktiv, über den Istanbuler Kontaktmann Emin A. den Berliner Islamisten Fatih K., er möge ein deutsch-arabisches/arabisch-deutsches Wörterbuch besorgen, „und zwar ein gutes Wörterbuch“. Emin A. hatte über Handy bei Fatih K. angerufen. Drei Tage später wurde Samir M. mit zwei weiteren Islamisten auf dem Flughafen Tegel von der Polizei gestoppt. Die Männer wollten nach Istanbul reisen und von dort, so vermuten es die Behörden, über den Iran nach Wasiristan. Beamte durchsuchten das Gepäck der Islamisten und fanden bei Samir M. ein deutsch-arabisches und ein arabisch-deutsches Wörterbuch, die offenbar für Breininger bestimmt waren. Die drei Männer hatten zudem 5650 Euro sowie 4715 US-Dollar dabei. Die Reise war zu Ende, bevor sie begann. Samir M. und den Begleitern wurden die Pässe weggenommen und die Ausreise verboten. Breininger starb 2010 in Pakistan.

Samir M. und der auch am Donnerstag festgenommene Hani N. (28), der aus dem Gaza-Streifen stammt, sitzen nun wegen der aktuellen Vorwürfe seit Freitagabend in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft konnte den Ermittlungsrichter am Amtsgericht Tiergarten überzeugen, der Vorwurf der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sei nicht aus der Luft gegriffen. Samir M. und Hani N. sollen versucht haben, Chemikalien zu beschaffen, mit denen Sprengstoff hergestellt werden könnte. Die Staatsanwaltschaft sieht außerdem Fluchtgefahr. Samir M. und Hani N. sollen, so lautet die Begründung, in der Vergangenheit mit gefälschten Papieren aus- und eingereist sein. Der Anwalt von M., Alexander Funck, kann allerdings keinen dringenden Tatverdacht erkennen und damit keinen Haftgrund.

Die Episode vom September 2009 ist einer der Hinweise auf die mutmaßlichen Verbindungen von Samir M. und Hani N. im Milieu gewaltorientierter Salafisten. Bei den Salafisten handelt es sich um die härteste Szene im vielschichtigen Spektrum der Islamisten. Die Salafisten streben ein Leben nach den Regeln des frühen Islam an. Die Sicherheitsbehörden sind beunruhigt, weil aus dem Milieu der dschihadistischen Salafisten immer wieder Personen nach Pakistan und Afghanistan reisen, um am Heiligen Krieg teilzunehmen – und weil in Deutschland die Agitation salafistischer Prediger, auch wenn sich einige gegen Gewalt aussprechen, zunehmend junge Menschen in den Bann zieht.

Beim Blick auf die Personen, die im September 2009 mit der versuchten Ausreise von Samir M. und den zwei weiteren Islamisten zu tun hatten, wird ein dichtes Beziehungsgeflecht sichtbar. Einer der Begleiter von Samir M., Umut S., habe schon länger auch in Kontakt zu dem jetzt beschuldigten Hani N. gestanden, heißt es in Sicherheitskreisen.

Kurz vor der vereitelten Ausreise 2009 wurden die Namen von Samir M., Umut S. und dem dritten Begleiter, Mohammed T., per SMS an den Istanbuler Kontaktmann Emin A. übermittelt. Der SMS-Schreiber war Fatih K., er hatte auch den Wunsch nach dem deutsch-arabischen Wörterbuch übermittelt.

Das Kammergericht verurteilte K. im April wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu 22 Monaten Haft. In dem Verfahren musste sich auch Filiz G. verantworten, die Ehefrau von Fritz Gelowicz, Kopf der 2007 ausgehobenen Sauerlandgruppe. Die Gruppe hatte extreme Anschläge geplant. Frank Jansen

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