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© ddp

Advent: Berliner Händler öffnen wieder Türchen

Läden bereiten sich auf lange Adventswochenenden vor. Karlsruhe lässt sich Zeit mit Klage der Kirchen.

Am 9. November fiel nicht nur die Berliner Mauer, sondern auch der Ladenschluss. Im Jahr 2006 stimmte das Abgeordnetenhaus an diesem Tag dem Ladenöffnungsgesetz zu, das sechs Tage später in Kraft trat und von vielen Händlern auch gleich genutzt wurde. Bis heute hat Berlin die bundesweit liberalsten Regelungen bei den Verkaufszeiten, der Handelsverband und andere Wirtschaftsvertreter sprechen einhellig von einer „Erfolgsgeschichte“. Im Weihnachtsgeschäft wollen viele Läden an den Adventssonntagen verkaufen und auch werktags länger öffnen. Der Streit um die Sonntagsöffnungen dauert zwar an, spielt derzeit aber noch keine Rolle.

Vor zwei Jahren hatten die evangelische und katholische Kirche beim Bundesverfassungsgericht gegen die verkaufsoffenen Sonntage geklagt. Im Juni fand in Karlsruhe die erste Verhandlung statt; Prozessbeobachter hatten nicht den Eindruck, dass Berlins Regelung gekippt werden soll. Für die Urteilsverkündung „gibt es bisher keinen Termin“, sagte eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage. Es sei auch „offen, ob es in diesem Jahr noch dazu kommt“.

Im KaDeWe hat das vorweihnachtliche Geschäft bereits begonnen. Normalerweise bedient das Warenhaus seine Kunden nur freitags bis 21 Uhr, im November und Dezember aber auch sonnabends und an den letzten drei Tagen vor Heiligabend. Außerdem ist an den Adventssonntagen jeweils von 13 bis 18 Uhr geöffnet. Eine generelle Ausweitung der Öffnungszeiten hält Sprecherin Petra Fladenhofer nicht für lohnend. „Für uns ist das nur sinnvoll, wenn auch alle, die beruflich stark eingebunden sind, Zeit haben und ins Wochenende hineingleiten.“

Die Galeria Kaufhof am Alexanderplatz öffnet donnerstags bis sonnabends immer bis 22 Uhr – und im Dezember auch an den anderen Werktagen. An den Adventssonntagen läuft der Verkauf von 13 bis 20 Uhr. Außerdem gibt es am 8. November einen verkaufsoffenen Sonntag (13 bis 18 Uhr). Dabei handelt es sich um einen der jährlich zwei Termine, die Händler wählen können. Geschäftsführer Detlef Steffens betont, dass sonntags „unsere Mitarbeiter und keine Aushilfen“ tätig seien. Für sein Haus könne er deshalb den Vorwurf der Gewerkschaft Verdi zurückweisen, wonach Sonntagsöffnungen „schlechte Arbeitsbedingungen mit Leiharbeit und geringfügiger Beschäftigung“ zur Folge haben.

Supermärkte dagegen greifen abends gerne auf Personal von Zeitarbeitsfirmen zurück. Inzwischen sind Lebensmittelketten führend bei den Öffnungszeiten, einzelne Märkte wie die Reichelt-Filiale an der Berliner Straße in Wilmersdorf verkaufen werktags sogar rund um die Uhr. Laut Sprecher Andreas Laubig vom Mutterkonzern Edeka öffnen alle 56 Reichelt-Märkte mindestens bis 22 Uhr. Auch die Berliner Edeka-Märkte, die von selbstständigen Einzelhändlern geführt werden, hätten ihre Öffnungszeiten erweitert – allerdings in unterschiedlichem Maß. „Die Kaufleute können am besten entscheiden, was sinnvoll ist.“

So sieht es auch Jeanette Streier, Branchenkoordinatorin Handel bei der IHK Berlin. Kritiker hätten einst die „Angst vor dem Shopping rund um die Uhr“ geschürt, dies sei aber die Ausnahme geblieben. Längere Öffnungszeiten gebe es „primär im Lebensmittelhandel und in den touristischen Regionen der Stadt“. Dort gebe es „nicht nur eine Umverteilung, sondern Mehrumsätze“. Auch für „Nischenanbieter“ sei der Verkauf über 20 Uhr hinaus profitabel. Laut Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg, haben „die Händler ein hohes Maß an Freiheit verantwortungsvoll genutzt“. Durch die zusätzlichen Verkaufszeiten seien neue Arbeitsplätze entstanden und bestehende gesichert worden.

Abends kämen besonders viele Touristen, sagt Rainer Breit von C & A im Neuen Ku’damm-Eck. Das werktags bis Mitternacht geöffnete Kulturkaufhaus Dussmann in der Friedrichstraße macht 20 bis 30 Prozent seines Umsatzes in den letzten vier Stunden und nutzt auch alle verkaufsoffenen Sonntage in Berlin.

Spätabends müssen Händler meistens Attraktionen bieten, um Kunden anzulocken. In der City-West gab es dafür die halbjährliche „Lange Nacht des Shoppings“ mit Jahrmarkt, Musik und Shows. In diesem Oktober sagte Veranstalter Tommy Erbe die Shoppingnacht jedoch ab, weil sich zu wenige Läden an den Kosten beteiligen. Jetzt plant die Arbeitsgemeinschaft City eine ähnliche Veranstaltung, die ab dem Frühjahr stattfinden könnte. „Wir wollen keinen Jahrmarkt mehr“, sagt Peter Huber, Vorstandsmitglied der AG City und Fotohändler im Europa-Center. „Es könnte aber zum Beispiel eine Bühne geben, auf der um 23 Uhr ein Stargast auftritt.“ Ende Oktober hatten ein Dutzend Läden auf eigene Faust bis 24 Uhr geöffnet. „Sieben waren zufrieden und neun möchten mit neuem Konzept weitermachen“, sagt Huber.

Im Hauptbahnhof geht derweil der Streit um die Sonntagsverkäufe weiter. Im September hatte das Landesamt für Arbeitsschutz nach Beschwerden von Ladenmitarbeitern gegen 16 Geschäfte Bußgeldverfahren eingeleitet. Die Läden sollen sonntags mehr als den erlaubten „Reisebedarf“ verkauft haben. Laut Amtssprecher Robert Rath wurden Bußgelder in teils fünfstelliger Höhe verhängt. „Die Ersten haben aber bereits Einspruch eingelegt.“ Damit sind Gerichtsverfahren absehbar. Bis dahin machen die meisten Bahnhofsläden weiter wie bisher.

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