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In der Köpenicker Straße 104-114 soll neben einem dreigeschossigen Bau auch ein Punkthochhaus mit zwölf Geschoss entstehen. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte hat ihre Pläne für das Gebäude nun geändert.

© Simulation: Love Architecture and Urbanism

Berliner Wohnungsmarkt: Neuer Bürotower statt Wohnhaus in Mitte

Knapp 160 Wohnungen plante die WBM in einem Neubau in Mitte - die Hälfte sollen jetzt Büros werden. Doch das Argument Lärmschutz macht stutzig.

Von Laura Hofmann

Ein Neubauprojekt der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) illustriert derzeit, wie aus ursprünglich geplanten knapp 160 Wohnungen 78 werden können – in einer Zeit, in der knapper Wohnraum eines der drängendsten Probleme der Stadt darstellt.

In der Köpenicker Straße 104–114 entsteht eine dreigeschossige Bebauung mit einem zwölfgeschossigen Punkthochhaus an der Ecke zur Michaelkirchstraße. Das soll nun zum Bürotower werden – aus Gründen, die zumindest stutzig machen.

WBM: "Wohnungsneubau unterliegt rechtlichen Vorschriften"

Die WBM führt Bedenken wegen des Lärmschutzes an. Gegenüber dem Areal liegt das Vattenfall-Heizkraftwerk Mitte sowie der Sage-Club und der Club Tresor. Doch auch durch diese Krachmacher wird nachts die zulässige Lärmobergrenze für Mischgebiete von 45 Dezibel nicht überschritten. Die WBM erklärte dennoch auf Anfrage des Tagesspiegels, das Risiko sei ihr zu hoch, bei einer erneuten Schallmessung nach Fertigstellung und Bezug der Wohnungen - die Auflage der Baugenehmigung ist - über die zulässigen Werte zu kommen. In dem Fall könne es zu einem Nutzungsverbot fürs Wohnen kommen.

Pressesprecherin Steffi Pianka sagte: „Wohnungsneubau hat bei uns absolute Priorität, unterliegt aber auch rechtlichen Vorschriften, an die auch wir uns als städtische Wohnungsbaugesellschaft zu halten haben.“ Der Büroturm sei „unter den bisher vorliegenden Aspekten aus unserer Sicht die richtige Entscheidung und wird auch zur Aufwertung des Areals beitragen“.

Umweltamt: "Das geplante Wohnungsbauvorhaben kann wie geplant realisiert werden."

Aus dem Umweltamt in Mitte heißt es allerdings, das geplante Wohnhochhaus sei kein Problem, der Lärmschutz werde schließlich eingehalten und auch bei einer zeitweisen Überschreitung müsste das Wohnen im Hochhaus nicht zwangsweise verboten werden. Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) hat sich nun in die Sache eingeschaltet und will gemeinsam mit dem Bezirk erreichen, dass im Hochhaus doch gewohnt und nicht nur gearbeitet werden kann.

„Wir sind zuversichtlich, dass das geplante Wohnungsbauvorhaben an dieser Stelle wie geplant realisiert werden kann“, teilte Lompschers Sprecherin Katrin Dietl auf Nachfrage mit. Ähnlich äußerte sich Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD): „Wir werden alles versuchen, dass doch Wohnungen gebaut werden können“, sagte er dem Tagesspiegel.

Das hofft auch der BVV-Bauausschussvorsitzende aus Mitte, Frank Bertermann (Grüne), der den Büroplan der WBM einen „wohnungspolitischen Skandal“ nennt. Büros würden der Gesellschaft mehr einbringen als Wohnungen. Wenn das Projekt zu teuer sei, solle die WBM auf die geplante Tiefgarage verzichten, findet Bertermann. Auf 78 Wohnungen – Stand jetzt – kommen 150 Parkplätze. „Es kann nicht sein, dass eine Wohnungsbaugesellschaft, die dazu da ist, Wohnungen zu bauen, ihre Energie in ein Bürohochhaus steckt, wenn in der Stadt echte Wohnknappheit herrscht“, klagt Max Landero, Bürgerdeputierter der SPD im Ausschuss Soziale Stadt.

Auch die Anwohner waren von der WBM-Ankündigung bei einem Info-Treffen überrascht worden. Nach anfänglichen Bedenken hätten sie sich mit dem Projekt angefreundet und seien nun mehrheitlich für einen Wohn- und keinen Büroturm. Die Fertigstellung des Baus, den das Architekturbüro Love Architecture and Urbanism aus Graz verantwortet, ist für Ende 2019 vorgesehen.

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