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Glücksfall für die Politik. Die Lotto-Stiftung verteilt jährlich 70 Millionen Euro nach politischen Vorgaben.

© dpa

Berlins Jackpot: Staat machen mit der Lotto-Stiftung

Die Lottostiftung ist politisch besetzt und verteilt viel Geld in der Stadt. Doch wie nah stehen die Stiftungsratmitglieder den Projekten? Der einst mächtige Berliner CDU-Politiker Klaus Landowsky gibt unumwunden zu: Was er wollte, setzte er auch durch.

Das Glück ist auf der Seite der Herrschenden, denn bei diesem Spiel gewinnen sie immer: beim Lotto. Um die 70 Millionen Euro fließen, Jahr für Jahr. Ein Stiftungsrat entscheidet, wer sie bekommt – der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sitzt ihm vor. Als die CDU den Senat noch dominierte, zog deren mächtiger Mann im Stiftungsrat die Strippen: von Klaus Landowsky zu Klaus Wowereit – hat sich etwas bewegt?

In der Gunst des Regierenden steht der Bausenator Michael Müller (SPD) nicht mehr ganz so hoch. Das sprach sich rum. Bekam er deshalb jüngst keine Lotto-Gelder für den Bau des Archäologischen Pfades, der an Grabungsstätten, Kirchen und Gemäuern entlang durch die lange Geschichte Berlins führen sollte? Müller habe „ziemlich allein dagestanden“ mit seinem Projekt und „keine Bündnisse“ geschmiedet, ist in Senatskreisen zu hören. Zugespitzter formuliert die frühere Grünen-Abgeordnete und Chefin der Besucherorganisation Freie Volksbühne Berlin, Alice Ströver, die Kriterien für die Vergabe von Lotto-Mitteln: „Das ist Günstlingswirtschaft und muss dringend reformiert werden."

Nachvollziehbarkeit und Prüffähigkeit der Ausgaben

Ein Sprecher der Lotto-Stiftung widerspricht, nennt den Rat „politisch legitimiert“, er biete ein „Höchstmaß an Transparenz“ und lege in vierteljährlichen Berichten über die Verwendung der Millionen alles offen. Wirklich alles? Die Rüge des Rechnungshofes im Jahresbericht 2012 spricht dagegen. Demnach schüttete das Gremium sein Füllhorn über einen – namentlich nicht genannten – Verein aus, bei dem sogar Lotto-eigene Kontrolleure „Misswirtschaft“ vermuteten und die Frage aufwarfen, ob das chaotische Rechnungswesen „gezielt die Nachvollziehbarkeit und damit Prüffähigkeit der getätigten Ausgaben erschweren“ soll.

Dennoch hatte die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters „nachdrücklich“ die Förderung des Vereins „befürwortet“, stellte der Rechnungshof fest. Dies sei sogar dann noch geschehen, als die Vorwürfe der Revision längst bekannt sein mussten: „mit Stellungnahme vom Oktober 2008“. Zuvor hatte der Verein schon drei Jahre lang „regelmäßig Projektförderungen“ erhalten, ohne seiner Pflicht nachzukommen, deren ordentliche Verwendung nachzuweisen. Dennoch floss nach Rechnungshof-Angaben das Geld weiter, als „institutionelle Förderung“, die fast schon sechs Richtigen glich: Statt mühsamer Rechtfertigung und Abrechnung von Projekten flossen die Gelder nun stetig.

„Mit Sicherheit werden keine Vereine gefördert, in denen Misswirtschaft herrscht“, stellt dagegen Senatssprecher Richard Meng fest. Und mitnichten setze sich der Regierende Bürgermeister immer durch: „Es sind immer auch kulturpolitische Projekte dabei, die Klaus Wowereit wichtig sind und die nicht zum Zuge kommen.“ Ohnehin dürfe Wowereit als Kultursenator nicht bei Projekten abstimmen, die sein Ressort betreffen. Und, so stellt Meng klar, „nach Parteilinie entscheidet der Lotto-Stiftungsrat erst recht nicht“, sondern unter Berücksichtigung der Fachvoten der zuständigen Senatsverwaltungen. Hier widerspricht jedoch die Lotto-Stiftung. Der Stiftungsrat sei „in seiner Entscheidungsfindung weitestgehend frei“, das Gremium begründe seine Entscheidungen nicht, und es liege „in seinem Ermessen, die zur Verfügung stehenden Mittel zu verteilen“ und zwar auch gegen die Voten der Fachleute, erklärte die Stiftung dem Rechnungshof.

Ströver fordert: "Schluss mit persönlichen Beziehungen bei der Vergabe"

Demnach haben sechs Herrschaften im Rat die Macht: drei Parteigänger der SPD – Wowereit, Raed Saleh und Dilek Kolat – , zwei CDU-Mitglieder – Mario Czaja und Florian Graf – und eine Grünen-Abgeordnete, Ramona Pop.

Einer, von dem es einstmals hieß, er verfügte nach Gutdünken über den Millionenschatz der Lotto-Stiftung, ist Klaus Landowsky. Der langjährige CDU-Fraktionschef war Mitglied im Stiftungsrat und sagt: „Wenn ich einflussreich und durchsetzungsfähig war, dann wegen meiner Argumentationsstärke.“ Er habe sich aber „immer für eine breite Mehrheit eingesetzt“ bei seinen Entscheidungen. Die wohl umstrittenste waren die Millionen für den Ausbau des Centercourts im Unternehmer- und Politikertreff Tennisclub Rot-Weiß. „Das habe ich nicht gemacht, weil die Noblen der Stadt sich dort trafen“, versichert Landowsky, „sondern um die German Open zu etablieren.“ Das internationale Tennisturnier habe das Ansehen Berlins schließlich gemehrt.

Um Berlins Ansehen sei es ihm auch gegangen bei der Bereitstellung von 53 Millionen D-Mark aus der Lotto-Stiftung für den Ankauf der Berggruen-Sammlung. Um das durchzusetzen, wurden sogar die Kulturpolitiker aller Fraktionen des Abgeordnetenhaus eingeweiht. An das „vertrauliche Gespräch“ beim Regierenden Bürgermeister erinnert sich die frühere Grünen-Abgeordnete Alice Ströver. Riesenkrach handelte sich Landowsky dagegen ein mit dem Kauf von Barnett Newmans „Whos afraid of Red, Yellow and Blue“. „Kunst steht immer in Konkurrenz zu Sozialprojekten“, sagt Landowsky. Er setzte auch das durch.

Alice Ströver fordert deshalb, „Schluss zu machen mit dem von persönlichen Beziehungen geprägten Vergabesystem“. Damit die Mächtigen künftig nicht mehr allein bestimmen können und im Stiftungsrat politische Deals über die Verteilung der Millionen unter ihrer Klientel abschließen können, schlägt die ehemalige Abgeordnete ein vom Parlament gewähltes Vergabegremium vor – eine Art „Medienrat“, der über die Verteilung der Lottomittel entscheiden soll.

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