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Berlin: Berlins Polizei darf nur angemeldet nach Brandenburg AUFDEUTSCHGESAGT Verkehrte Verkehre Brigitte Grunert über

Nach Chaos-Einsatz von Zivilfahndern verschärft Polizeipräsident Glietsch die Dienstanweisung die Sprache der Politiker

Polizeipräsident Glietsch hat in einem Schreiben an sämtliche Dienststellen daran erinnert, dass sämtliche Einsätze Berliner Polizisten im Nachbarland Brandenburg den dortigen Polizeistellen vorher angekündigt werden müssen. Dieses Schreiben datiert vom 1. August, also direkt nach der missglückten Aufklärungsfahrt Berliner Zivilfahnder nahe der Stadt Brandenburg.

Wie berichtet, hatten am Mittwochabend acht Fahnder des Landeskriminalamts eine Garage observieren wollen, in der Mitglieder einer Autoschieberbande vermutet wurden. Die drei Polen bemerkten die Beamten jedoch und versuchten zu flüchten. Bei einem Festnahmeversuch wurde einem Berliner Polizisten die Dienstwaffe und der Schlagstock entrissen. Zwei Polen konnten anschließend durch die nachträglich alarmierten Brandenburger Beamten festgenommen werden. Vom Dritten gab es auch gestern keine Spur, ebenso wurde die Waffe nicht gefunden.

Die Polizeiführung hatte direkt nach dem Einsatz die Nichtanmeldung als „fehlerhaft“ gewertet, Glietsch hatte sofort mit Potsdams Polizeipräsidenten Bruno Küpper telefoniert und sich entschuldigt. Trotz dieser sofortigen Entschuldigung hatte Brandenburgs Innenminister Schönbohm (CDU) den eigenmächtigen Einsatz als „nicht akzeptabel“ kritisiert. Die Berliner Polizeiführung bedauert den unangemeldeten Einsatz ausdrücklich, zumal ein hoher LKA-Beamter im Tagesspiegel vom Sonnabend das Vorgehen seiner Leute verteidigt hatte und angekündigt hatte, reine Observationsfahrten auch weiterhin nicht in Brandenburg anzukündigen.

Künftig müssen nun alle Einsätze im Nachbarland den dortigen Dienststellen unverzüglich und „rechtzeitig vor Beginn der Handlungen“ mitgeteilt werden, „mit Ausnahme von Fällen der Nacheile“ (Verfolgung eines Flüchtenden), heißt es in der Anweisung. Ausdrücklich werden in dem Schreiben, das dem Tagesspiegel im Wortlaut vorliegt, auch „Aufklärungsfahrten“ zu den meldepflichtigen Einsätzen gezählt.

Wenn Politiker reden, dann wollen sie für ihre Anliegen werben. In der Regel. Manchmal aber drücken sie sich um klare Worte, weil es den Wähler verprellen könnte. Wie Politiker sprechen, und was sie wirklich meinen – alle zwei Wochen von Brigitte Grunert.

Die Welt ist komplizierter denn je, aber wir haben es eiliger denn je, sie uns und anderen zu erklären. Was dabei herauskommt, kann man täglich lesen und hören. Ein Rundfunkreporter, der in aller Kürze über das weite Feld der Gesundheitsreform berichtete, sprach von der „Privatisierung des Zahnersatzes“. Man stelle sich das bildlich vor. Wer käme auf die Idee, seine jetzige Zahnprothese als Eigentum der öffentlichen Hand zu betrachten? Der Reporter, der sich allzu kurz fasste, wurde zum Komiker wider Willen.

Das Beispiel zeigt, wie hastig wir mit der Sprache umgehen. Wer sich von der schnellen Kommunikationstechnik jagen lässt, redet schneller als er denken kann. Er wird zum Meister der absurden Verkürzung. „Ein senatsbeauftragtes Gutachten“, las ich, „stellt fest, dass…“ Donnerwetter, was für eine radikale Sprachamputation. Korrekt wäre die Umschreibung gewesen, dass die Verfasser eines Gutachtens, das der Senat in Auftrag gegeben hat, zu dem Schluss kamen… Doch wir machen keine Umstände, wir haben keine Zeit. Dass ein Gutachten etwas feststellt, ist der reinste Nonsens.

Die FDP-Fraktion will, so las ich, Hundehalter, die die Häufchen ihrer Tiere auf der Straße beseitigen, mit Steuernachlässen belohnen, sündige dagegen mit Geldbußen strafen. Das kann die FDP gar nicht, sie kann es nur fordern. Keine Fraktion kann Neuerungen einführen. Das kann nur die Regierung, zum Beispiel auf Beschluss des Parlaments. Aber die Meister der Verkürzung halten sich weder sprachlich noch sachlich mit der Logik auf. Neu am Vorschlag der FDP, aus dem öffentlichen Dienst Streifen zu rekrutieren, die das Verhalten beim Gassigehen kontrollieren, ist der Kurzbegriff „Dogpatrol“. Nee, Englisch ist gar nicht so schwer. Auch Stadtentwicklungssenator Strieder fasste sich kurz. Bei der Vorstellung seines „Mobilitätsberichts“, was anspruchsvoller klingt als Verkehrsbericht, hatte er ständig „die Verkehre“ beim Wickel. So konnte er sich die Zeit raubende Aufzählung der einzelnen Verkehrsarten wie Fußgänger-, Auto- oder Bahnverkehr sparen. Bestimmte Substantive vertragen keine Pluralbildung. Aber die Bürokraten reden den Politikern den falschen Plural ein, und schwupp sind die Verkehre und die Polizeien in der Welt. Da kriegt man ja Zahnschmerzen.

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