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Berlin: Berlins Polizei soll internationaler werden

Nur 70 der 17 000 Beamten sind nichtdeutscher Herkunft – in einigen Jahren könnte es jeder zehnte sein

Nach den Übergriffen von rund 100 jugendlichen Migranten auf Polizisten am Dienstag hat sich gezeigt, dass es offenbar größere Verständigungsprobleme zwischen den Beamten auf der einen und der Jugendgruppe auf der anderen Seite gab. Die Polizisten fühlten sich von der Masse bedroht. Einer der Tatverdächtigen wiederum beklagt sich über rassistische Äußerungen und brutales Einschreiten der Polizei. Hätten türkischstämmige Beamte eine Eskalation verhindern können? Die Polizei sieht das skeptisch. „Bei diesem Einsatz ging es um eine Festnahme, dabei haben wir nicht die Befindlichkeiten anderer Kulturen gestört“, sagt Polizeisprecher Bernhard Schodrowski. Den Rassismus-Vorwürfen werde weiterhin nachgegangen. Diese Vorwürfe wurden auch von den rund 50 weitgehend türkischen Teilnehmern einer spontanen Demonstration erhoben, die gestern am frühen Abend friedlich vom Kottbusser Tor zur Wrangel- Ecke Oppelner Straße zogen.

Ungeachtet der Tumulte im Wrangelkiez am Dienstag sei es für die Berliner Polizei wichtig, dass mehr Beamte ausländischer Herkunft eingestellt werden, hieß es: „Ihre sprachlichen und kulturellen Kenntnisse können uns vor allem in Problembezirken weiterhelfen.“ Derzeit gibt es rund 70 Berliner Polizisten, die nichtdeutscher Herkunft sind. Bei den Neueinstellungen im Herbst wurden 21 Anwärter mit Migrationshintergrund übernommen. Rund 17 000 Vollzugsbeamte hat die Polizei. Das Ziel der Behörde: „Im Laufe der nächsten Jahre sollen etwa zehn Prozent davon ausländischer Herkunft sein“, sagte ein Polizeisprecher. Doch das gestaltet sich offenbar schwierig: Vor allem bei türkisch- oder arabischstämmigen Kandidaten gebe es bei den Einstellungstests immer wieder Probleme mit der deutschen Schriftsprache.

Deshalb hatte der Türkische Bund (TBB) gemeinsam mit der Polizei, der Innenverwaltung und der Arbeitsagentur im Jahr 2003 erstmals ein Bewerbungstraining für Polizeianwärter mit Migrationshintergrund ins Leben gerufen. Aufgrund des Einstellungsstopps wurde damals niemand übernommen. Im vergangenen Jahr fand erneut ein Kurs statt: Von 19 Kandidaten, die daran teilgenommen hatten, seien vier bei der Polizei angestellt worden, erzählt der TBB-Vorsitzende Kenan Kolat. Für 2007 ist erneut eine Schulung geplant.

Doch bei der Verständigung zwischen den Kulturen setzt die Polizei nicht nur auf Kollegen mit Migrationshintergrund. Eine Beamtin berichtet dem Tagesspiegel, dass sie bei ihrem Studium an der Fachhochschule für sechs Monate ein Seminar mit dem Titel „Türkische Mentalitäten“ besucht hat. „Wir haben ein paar Sätze Türkisch gelernt, aber auch Moscheen und Vereine besucht und mit denen das Zuckerfest gefeiert“, erzählt sie. Rund 20 Kollegen nahmen teil – der Kurs war allerdings freiwillig. Doch auch ein solcher Kurs halte einige Polizisten nicht von einer ausländerfeindlichen Gesinnung ab. Die Streifenpolizistin berichtet, dass solche Gesinnungen immer mal wieder vorkämen. „Viele Kollegen haben einfach die Schnauze voll von dem respektlosen Verhalten der türkischen oder arabischen Jugendlichen“, sagt sie. Da falle dann schon mal ein Satz wie „Geh doch zurück in deine Heimat.“ Sie sagt, vor allem als Frau in Uniform werde man von dieser Klientel nicht ernst genommen. Meist müsse ein männlicher Kollege dabei sein, weil Migranten Polizistinnen häufig einfach ignorieren. „Da braucht man sehr viel Geduld. Die hat nicht jeder“, sagt sie.

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