zum Hauptinhalt

Berlins Schlaglöcher: BVG kapituliert vor maroden Straßen

Buslinien müssen umgeleitet werden, weil die Fahrzeuge zu schwer sind für die Schlaglochpisten. Geldmangel und Zuständigkeitsgerangel verhindern schnelle Sanierung.

Vor einer Woche haben der ADAC und die Bauwirtschaft davor gewarnt, dass hinausgeschobene Reparaturen von Straßen zum Verkehrskollaps führen würden – und bereits jetzt muss die BVG vor den Straßenschäden kapitulieren. Zunächst zwei Buslinien müssen umgeleitet und altvertraute Haltestellen damit aufgegeben werden, weil die nicht reparierten Straßen das Gewicht der Busse nicht mehr aushalten. Ob weitere Abschnitte in der Stadt hinzukommen, lasse sich derzeit noch nicht sagen, heißt es bei der BVG.

Vom 14. August an dürfen die Busse der Linie 237 in Staaken nicht mehr auf dem Isenburger und Zeestower Weg fahren; hier hat der Bezirk die Notbremse gezogen und die Straße für schwere Fahrzeuge gesperrt. Nach Angaben von Baustadtrat Carsten-Michael Röding (CDU) sind die noch aus DDR-Zeiten stammende Betonfahrbahn sowie das auch eingebaute Großsteinpflaster mitsamt der Tragschicht so marode, dass sich beim Befahren mit schweren Fahrzeugen die dabei entstehenden Schwingungen bis in die Häuser übertragen, was zu zahlreichen Beschwerden von Anwohnern geführt habe.

Seit Jahren plane man, die betroffenen Abschnitte in dem nach der Wende zu Spandau gekommenen Bereich von Staaken zu sanieren, sagte Röding. Durch die Sparauflagen des Senats und die damit verbundenen Kürzungen bei den Investitionen sei dies bisher nicht möglich gewesen. Frühestens in fünf oder gar erst in zehn Jahren könnten nach derzeitigem Stand hier die Arbeiter anrücken.

Fast prophetisch sah Röding voraus, dass der Senat trotzdem den Bezirk für die Verbannung der Busse verantwortlich machen würde. Und tatsächlich verweist der Sprecher der Stadtentwicklungsverwaltung, Mathias Gille, auf die Zuständigkeit der Bezirke. Sie müssten entscheiden, wie sie das ihnen zugeteilte Geld ausgeben. Also ob sie lieber Schlaglöcher beseitigen oder andere Lücken im Haushalt stopfen wollen.

Nach Ansicht des ADAC und der Bauwirtschaft reichen die für Straßenreparaturen bereitgestellten Mittel seit Jahren nicht aus, um bedarfsgerecht sanieren und neu bauen zu können. Erforderlich seien rund 250 Millionen Euro im Jahr, hat der Experte Bernd Dudenhöfer ausgerechnet. Ausgegeben werden nach Angaben der Stadtentwicklungsverwaltung etwas mehr als 100 Millionen Euro; im Haushalt sind offiziell sogar nur 74 Millionen Euro eingestellt. Ohne Kursänderung sei der Kollaps des Verkehrsnetzes programmiert, hatte Dudenhöfer vor einer Woche gewarnt – ohne die Malaise um die BVG-Busse zu kennen.

Auch in Dahlem muss die BVG jetzt eine Umleitung für die Linie X 11, die wegen Straßenschäden nach dem vergangenen Winter eingeführt worden war, zur vorläufigen Dauerregelung machen. Dort ist die Brümmerstraße so marode, dass sie ebenfalls für schwere Fahrzeuge gesperrt und die Fahrbahn teilweise eingeengt werden musste. Dass die Arbeiten noch nicht begonnen haben, liegt aber hier nicht am Geld, sondern am für Berlin typischen Zuständigkeitsgerangel. Beim Untersuchen der Straßenschäden habe man festgestellt, dass auch die Böschung zur parallelen U-Bahn, die hier im Einschnitt fährt, rutschgefährdet sei, teilte das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf mit. Zuständig für die Böschung sei die BVG, und bevor diese nicht aktiv geworden sei, könne man die Fahrbahn nicht erneuern. Die BVG schiebt den Schwarzen Peter dem Senat und dem Bezirk zu, die sich nicht einigen könnten, wer den Hut auf hat. Und die Senatsverwaltung wiederum verweist auf die Zuständigkeit der BVG. Eingeschaltet war sogar ein Gutachter. Dieser hatte nach Angaben der BVG deren Position bestätigt, wonach der Untergrund der zeitgleich mit der U-Bahn vor dem Ersten Weltkrieg gebauten Straße die heutigen Lasten nicht mehr aushält. Der Gutachter empfahl, die Straße für den Schwerlastverkehr zu sperren. Und der Senat war am Ende sogar bereit, die durch die Umleitung verursachten Mehrkosten der BVG auszugleichen. Nur repariert wird nicht.

Neu sind Verkehrseinschränkungen wegen Straßenschäden nicht. Im vergangenen Jahr hatte Tempelhof-Schöneberg vorübergehend auf der Arnulfstraße, einer Hauptverkehrsachse, wegen der Schlaglöcher Tempo 10 angeordnet. Auch woanders ist die zulässige Geschwindigkeit schon mehrfach reduziert worden. Und auch auf zahlreichen Gehwegen warnen Schilder vor Schäden. So schützen sich die Bezirke vor Regressforderungen.

Wird endlich gebaut, ziehen sich die Arbeiten häufig in die Länge. In unserem Pro und Contra vom Montag sprachen sich deshalb 75,9 Prozent der Anrufer dafür aus, nachts mindestens bis 22 Uhr zu arbeiten; im Internet lag die Zustimmung bei 66 Prozent.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false